Interview mit Massimiliano D`Auria, Computacenter Schweiz 24.09.2025, 11:30 Uhr

«Stabil bleiben, wenn es wackelt»

Wie beweist man als IT-Dienstleister in der aktuellen geopolitischen Lage Resilienz? Massimiliano D`Auria, Country Unit Director Computacenter Schweiz, liefert Antworten.
Massimiliano D`Auria gilt als Brückenbauer zwischen Technologie und Business.
(Quelle: zVg)
Die globale politische Lage ist ein zentrales Thema für IT-Entscheider, denn Sanktionen, Exportkontrollen und damit verbundene Unsicherheiten und Volatilität mit Zöllen haben unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen. Im Interview erläutert Massimiliano D`Auria, Country Unit Director Computacenter Schweiz, wie Unternehmen diesen Herausforderungen begegnen und zugleich ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können. Dabei stehen Sicherheit, Kostenkontrolle, Datenhoheit und Handlungsfähigkeit im Mittelpunkt.
Computerworld: Herr D’Auria, warum ist Geopolitik heute ein Top-Thema für IT-Entscheider?
Massimiliano D`Auria: Technologie und Weltgeschehen sind heute enger denn je verknüpft. Sanktionen, Exportkontrollen, Risiken in Lieferketten, Cyberangriffe und neue Regulierungen beeinflussen direkt Budgets, Verfügbarkeiten und Sicherheit. Für Schweizer Grossunternehmen – egal ob Finanzsektor, Pharma, Industrie oder öffentlicher Sektor – ist IT das Nervensystem der Wertschöpfung. Unsichere Rahmenbedingungen erfordern Partner, die Planungssicherheit und Handlungsfähigkeit garantieren. Notwendig ist eine verlässliche Strategie: Passende Lösungen vom Aufbau der Infrastruktur über die Sicherheit bis hin zu Datenhoheit und Kostenkontrolle sind gefragt.
CW: Was heisst das konkret für Grosskunden in der Schweiz?
D`Auria: Versorgungssicherheit bei der Infrastruktur: Geräte, Komponenten und Dienstleistungen müssen zuverlässig verfügbar sein. Cyber-Resilienz: Professionell organisierte und teilweise politisch motivierte Angriffe machen Ansätze wie Zero-Trust, Detection & Response sowie geübte Notfallprozesse unverzichtbar. Datenhoheit und Compliance: Nationale und internationale Vorgaben sind einzuhalten, ohne dabei an Agilität zu verlieren. Kostenkontrolle: Transparenz und Steuerinstrumente sind der Schlüssel zu planbaren Betriebskosten. Wichtig ist eine ganzheitliche Sichtweise und Betreuung. Kunden erwarten einen Partner, der End-to-End Verantwortung übernimmt – von der strategischen Beratung über die Umsetzung bis zum Betrieb.
CW: Wie ist Computacenter global aufgestellt?
D`Auria: Computacenter (Schweiz) AG ist Teil der Computacenter plc mit Hauptsitz in England. Von dort wird die Gruppe strategisch und operativ gesteuert. In Europa sind wir breit aufgestellt - England, Frankreich, Belgien, Niederlande. Besonders eng ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Schweiz. Auch in den USA haben wir unsere Hausaufgaben gemacht: Teams, Liefer- und Servicekapazitäten sowie Prozesse und Zertifizierungen sind etabliert und in der Gruppe integriert. Wir passen Lieferketten, Ressourcen und Dienstleistungsmodelle an Kundenbedürfnisse und geopolitische Entwicklungen an. Schweizer Kunden profitieren von wettbewerbsfähigen Ressourcen und Konditionen – ohne dass lokale Verantwortung verloren geht. Die innerhalb der Gruppe durchdachte Verzahnung von Technology Sourcing, Professional Services und Managed Services schafft Effizienz und Skalierbarkeit.
CW: Worin liegt der unmittelbare Nutzen für Schweizer Kunden?
D`Auria: Alternativen statt Engpässe: Multivendorund Mehrquellen-Strategien, abgestimmte Bestände und alternative Routen sichern die Versorgung. Right-shoring: Lokale Verantwortung und direkte Ansprechpartner, die Kapazitäten aus den geeigneten Lokationen zur Verfügung stellen können. Konsistente Qualität: Standardisierte Prozesse, die lokal verantwortet und international skaliert werden. Computacenter begleitet Kunden während des gesamten Lebenszyklus als strategischer Partner.
Massimiliano D`Auria: Die geopolitische Lage ist volatil und scheint es vorerst zu bleiben.
Quelle: zVg
CW: Wie gehen Sie mit den Herausforderungen von Exportkontrollen und Sanktionen um?
D`Auria: Projekte werden auf aktuelle Regularien geprüft, Entscheidungen dokumentiert und Alternativen entwickelt – sei es durch andere Technologien, Konfigurationen oder Lieferwege. Compliance ist nicht nur Pflicht, sondern schützt die Geschäftsziele der Kunden. Geschwindigkeit und Sorgfalt gehen Hand in Hand: Klare Workflows, definierte Rollen und transparente Kommunikation werden durch menschliche Expertise und automatisierte Prüfsysteme gestützt. 
CW: Stichwort Datenhoheit in der Schweiz...
D`Auria: Lokale Datenhoheit ist ein Thema, mit dem sich sowohl unsere Kunden als auch wir als internationale Firma auseinandersetzen. Dazu kommt, dass die Anforderungen je nach Branche unterschiedlich ausgestaltet werden müssen. Bei Cloud-Lösungen setzt Computacenter in Zusammenarbeit mit Kunden auf hybride und Multi-Cloud-Modelle sowie Schweizer Rechenzentren der Hyperscaler. Für besonders sensible Workloads gibt es souveräne Lösungen, damit auch spezifische Anforderungen bereits im Design abgedeckt werden können. Regelmässige Audits und kontinuierliche Schulungen sichern die Einhaltung der Vorgaben.
CW: Welchen Stellenwert hat Cybersecurity heute für das Nervensystem der Wertschöpfung?
D`Auria: Das Thema ist zentral, denn die Gefährdung steigt – durch Homeoffice, Multi-Cloud-Umgebungen, vernetzte Produktionsprozesse und auch durch Lieferanten, mit ihren Systemen und Benutzern. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, die richtige Balance zwischen effizienter IT-Unterstützung und der – den individuellen Anforderungen entsprechenden – Sicherheit zu finden. Das betrifft Bereiche wie Infrastruktur, Workplace, Identity, Cloud. Aktive Überwachungsmechanismen sind wichtig. Ausserdem integrieren wir regelmässige Audits und Tests, um die Sicherheit unter realistischen Bedingungen zu erproben und kontinuierlich zu verbessern.
CW: Wie unterstützen Sie international agierende Schweizer Kunden mit Standorten weltweit?
D`Auria: Schweizer Unternehmen mit globalen Standorten profitieren von lokaler Nähe und internationaler Stärke. Vor Ort verantwortet ein Schweizer Frontteam Qualität, Compliance und Kommunikation, während Ressourcen aus der Gruppe intelligent genutzt werden. Rollouts und Betriebsübernahmen können so parallel und konsistent in mehreren Ländern stattfinden – unterstützt durch mehrsprachige Teams und standardisierte Werkzeuge. Unser Schweizer Team hat eine tiefe Verankerung bei diesen Kunden. Unsere Spezialität ist es, die erheblichen Ressourcen der Gruppe zu nutzen und gleichzeitig die spezifischen Bedingungen des Schweizer Marktes zu berücksichtigen. So stellen wir sicher, dass das Beste für unsere international agierenden Schweizer Kunden geleistet wird. Der kulturelle Austausch innerhalb der Computacenter-Gruppe fördert zudem die Weitergabe von Best Practices und Innovationen.
CW: Was raten Sie Vorständen, die investieren müssen und Budgets schützen wollen?
D`Auria: Empfehlenswert ist es, Massnahmen zu priorisieren, die das Risiko senken und die Effizienz steigern. Drei Beispiele: Konsequente Härtung, also systematische sowie umfassende Sicherung, und Identitätskontrollen senken das Risiko bei Cyberangriffen. Workplace-Standardisierung und Automatisierung beschleunigen die Bereitstellung und den Support. FinOps in der Cloud schaffen Kostentransparenz und eliminieren «versteckte» Lasten. Zusammen ergibt das messbare Resilienz und eine effizientere Kostenstruktur.
CW: Können Sie ein Praxisbeispiel nennen?
D`Auria: Ein Schweizer Kunde fusionierte Geschäftseinheiten in Europa und global. Wir haben Arbeitsplatz Standards vereinheitlicht, Lieferketten abgesichert und Identitäts- sowie Netzwerkzugriffe nach Zero-Trust Prinzipien neu geordnet. Parallel führten wir FinOps-Mechanismen in der Cloud ein. Ergebnis: stabilere Betriebskennzahlen, eine kürzere Time-to-Deploy und weniger sicherheitsrelevante Vorfälle – bei vergleichbaren oder tieferen Gesamtkosten.
“Empfehlenswert ist es, Massnahmen zu priorisieren, die das Risiko senken und die Effizienz steigern.„
Massimiliano D`Auria
CW: Welche Kennzahlen nutzen Sie, um Resilienz messbar zu machen?
D`Auria: Wir arbeiten mit einem Steuerungs-Cockpit: Response- und Restore-Zeiten, Patch-Compliance, MFA-Abdeckung, Backup-Erfolgsquoten, Lieferzeiten pro Produktfamilie und ein Supplier-Concentration-Index. In der Cloud kommen Auslastung, Rechtehygiene und Kosten pro Service hinzu. Entscheidend ist: Jede Kennzahl ist mit Massnahmen hinterlegt – jeder rote Wert hat ein „Was tun wir bis wann?“ und einen Verantwortlichen.
CW: Welche Herstellerrollen sehen Sie im Workplace und in der Sicherheit?
D`Auria: Beim Workplace setzen wir auf Wahlfreiheit und Integration. Übrigens ist Computacenter in der Schweiz der einzige Apple Authorized Enterprise Reseller (AAER). Bei Netzwerk und Security werden bewährte Hersteller ins Gesamtdesign integriert. Wir vermeiden Lock-in, setzen auf Best-of-Breed und stellen den Betrieb End-to-End sicher – vom Rollout über den Lifecycle bis hin zur Rücknahme von Hardware.
CW: Wie arbeiten Schweizer Teams mit Europa und den USA zusammen?
D`Auria: Eng, strukturiert und auf Augenhöhe. Wir teilen Standards, Plattformen und Best Practices und nutzen Skaleneffekte gezielt für Schweizer Belange. Für komplexe Vorhaben – etwa Migrationswellen oder Sicherheitsprogramme – stellen wir gemischte Teams auf, die sich in Methodik und Werkzeugen auskennen. Das verkürzt Einarbeitungszeiten und erhöht die Qualität. Verantwortung und Kundennähe bleiben in der Schweiz verankert. Diese enge Zusammenarbeit ermöglicht auch einen kontinuierlichen Wissensaustausch, durch den unsere Schweizer Teams stets am Puls globaler Innovationen und Marktentwicklungen bleiben.
CW: Wie sieht ein typischer Einstieg für Kunden mit Computacenter aus?
D`Auria: Meist mit einem kompakten Resilienz-Assessment oder einer Due Diligence. Wir prüfen Architektur, Prozesse und Lieferketten anhand definierter Kriterien und priorisieren Massnahmen nach Wirkung und Aufwand. Danach folgt ein fokussierter Sprint bezüglich Identitäts- und Zugriffsmanagement. Parallel planen wir die Betriebsübergabe in klaren Schritten. So entsteht spürbarer Nutzen, ohne Organisationen zu überlasten.
CW: Welche Strategie empfehlen Sie Schweizer Grosskunden und international agierende Schweizer Unternehmen?
D`Auria: Die geopolitische Lage ist volatil – und scheint es vorerst zu bleiben. Wer Resilienz aufbaut, verschafft sich einen Vorsprung bei Lieferfähigkeit, Sicherheit, Compliance und Kostenkontrolle. Wir begleiten unsere Kunden genau dabei: mit Schweizer Nähe, europäischer Unterstützung und verlässlicher Präsenz in den USA. Wir halten die Technologie am Laufen, damit unsere Kunden ihr Geschäft souverän führen können. Indem wir Komplexität managen, schaffen wir Raum für unsere Kunden, sich auf ihre Kerninnovationen und ihr Wachstum zu konzentrieren.
“Technologie und Weltgeschehen sind heute enger denn je verknüpft. Sanktionen, Exportkontrollen, Risiken in Lieferketten, Cyberangriffe und neue Regulierungen beeinflussen direkt Budgets, Verfügbarkeiten und Sicherheit.„
Massimiliano D`Auria
CW: Was heisst «verlässlicher Präsenz in den USA» operativ betrachtet?
D`Auria: Lokale Menschen, Verträge und Verantwortung. Wir verfügen über Delivery- und Support-Teams vor Ort, etablierte Beschaffungs- und Reparaturlogistik sowie Prozesse und Zertifizierungen für den US-Markt. Für international agierende Schweizer Kunden bedeutet das: Rollouts, Support und Ersatzteile kommen
aus der Nähe; wodurch sich die Zeitzonenabdeckung verbessert – also die Fähigkeit, über geografische
und zeitliche Grenzen hinweg nahtlos zu agieren – und sich Reaktionszeiten messbar verkürzen.
CW: Wie stützt die globale Aufstellung Ihre Flexibilität in Krisen?
D`Auria: Wir haben dadurch echte Wahlmöglichkeiten. Fällt eine Route aus, nutzen wir Alternativen und Pufferbestände. Greifen neue Exportregeln, setzen wir auf andere zulässige Technologien. Steigen Lasten, verlagern wir Arbeitspakete zeitlich und regional. Gibt es Personalengpässe, können wir auf Fachkräfte in anderen Ländern zugreifen. Bei Cyberangriffen nutzen wir unsere weltweit verteilten Incident-Response-Teams und 24/7-Überwachung. Zudem können wir bei wirtschaftlichen Schwankungen die Finanzierungsmodelle und Servicelevel flexibel anpassen.
CW: Eine letzte Frage: Wie resilient ist Computacenter Schweiz bezüglich des Umsatzes dieses Jahr?
D`Auria: Im Jahr 2024 erzielte Computacenter Schweiz einen Rekordumsatz von über 65 Millionen Franken. Für 2025 erwarten wir ein weiteres Wachstum.
CW: Herzlichen Dank, Massimiliano D’Auria, für Ihre kompetenten Einschätzungen.
ZUR PERSON
Massimiliano D’Auria
Der Country Unit Director von Computacenter Schweiz prägt die Entwicklung des Unternehmens seit vielen Jahren. Unter seiner Leitung verzeichnet Computacenter Schweiz ein stetiges Wachstum.
ZUR FIRMA
Computacenter (Schweiz) AG
Zu den Kunden von Computacenter zählen grosse und mittelständische Unternehmen sowie öffentliche Auftraggeber. Als Technologiepartner und Servicedienstleister erbringt Computacenter Leistungen bei der Beschaffung, Transformation und Verwaltung digitaler Technologien in den Segmenten Arbeitsplatz, Anwendungen & Daten, Cloud & Rechenzentrum, Netzwerk und Security. Computacenter (Schweiz) AG ist Teil der international tätigen Computacenter plc mit weltweit über 20.000 Mitarbeitenden. 




Das könnte Sie auch interessieren