23.09.2009, 11:05 Uhr

Funkchips verschmutzen Glas und Plastik

Wenn so genannte RFID-Tags (Radio Frequency Identification) eines Tages massenhaft in den Mülltonnen landen, kann dies zu gravierenden Verunreinigungen der Recyclinggüter Glas und Plastik führen.
So lautet das Fazit einer Studie über die Folgen der RFID-Technologie. Die Untersuchung wurde im Auftrag des deutschen Umweltbundesamtes (UBA) durchgeführt - auch Empa-Forscher (Eidgenössiche Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) waren daran beteiligt. Im Rahmen der Studie wurden Entsorgungsszenarien für RFID-Tags mit dem Zeithorizont 2022 analysiert.
Bislang finden sich die Funkchips im Einzelhandel fast ausschliesslich auf den Verpackungen hochwertiger Rasierklingen und teurer Parfums, wo sie den Strichcode ergänzen. Künftig könnten RFID-Tags auf allen Einzelhandelswaren angebracht werden und dadurch den Barcode vollständig ablösen. Sie lassen sich berührungslos via Funk und speziellen Geräten auslesen. Dies würde die Diebstahlsicherung in Läden, das Abkassieren und das Vorgehen bei Nachbestellungen verändern.
Was passiert, wenn «intelligente Etiketten» im Abfall landen?
RFID-Tags im Abfall bergen ohne durchdachtes Vorsorgekonzept die Gefahr, die Recyclinggüter Glas und Plastik zu verunreinigen, so Studienleiter Lorenz Erdmann vom Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). Die Studie bezieht sich auf den «normalen» Haushaltsabfall, also auf Altpapier, Altglas, Kunststoffverpackungen und Restmüll, die im benachbarten Deutschland jeweils separat entsorgt werden. Um die bestehenden Entsorgungssysteme vor schädlichen Einflüssen durch den Eintrag von RFID-Tags zu schützen, haben die Wissenschaftler der Empa zufolge sowohl RFID-Hersteller als auch Entsorger in ihre Abschätzungen einbezogen. Dazu Empa-Forscher Lorenz Hilty: «Wenn es gelingt, die Probleme rechtzeitig gemeinsam mit den Herstellern der «Smart Labels» und den Entsorgern anzugehen, lassen sich einfache Lösungsstrategien finden. Beispielsweise wird Schaden beim Glasrecycling schon dadurch vermieden, wenn die Tags nur in die Banderolen der Bierflaschen und Gurkengläser integriert und nicht auf den Glaskörper selbst geklebt werden.» Ähnliches gelte für Kunststoffverpackungen wie PET-Flaschen. Sofern hier nur die Banderole «getagt» und im Entsorgungsprozess rechtzeitig von der Flasche abgetrennt, dann werde das Plastikrecycling nicht beeinflusst.
Das empfehlen die Studienautoren...
Die Autoren der Untersuchung halten einen Dialog zwischen RFID-Herstellern, Anwendern und Entsorgern für wichtig. So könnten potenzielle Probleme vorausschauend entschärft werden. «Aufgrund der konstruktiven Beteiligung zahlreicher Verbände an der Forschungsarbeit schätzen wir die Chancen für einen solchen Dialog als sehr gut ein», erklärt Studienleiter Erdmann.
...und so siehts in der Schweiz aus
Hierzulande wurde die Frage des Einflusses von RFID-Chips auf das Abfallsystem im Zusammenhang mit Gesundheitsfragen vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) analysiert. Hinsichtlich der stofflichen Auswirkungen hätte sich ein ganz ähnliches Ergebnis wie in der aktuellen UBA-Studie gezeigt, wobei diese Empa-Mann Hilty zufolge deutlich umfangreicher ist. Sollte der Schweizer Einzelhandel RFID-Etiketten flächendeckend einführen, so müsste der Dialog zwischen Herstellern und Entsorgern hierzulande erst noch angestossen werden, sagt Hilty.
Harald Schodl



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