11.04.2016, 09:23 Uhr

WLAN in historischen Bauten

Historische Gebäude müssen behutsam renoviert werden – das gilt auch für die IT-Infrastruktur. Wie man auch in einem schwierigen Umfeld ein leistungsfähiges Netz aufbaut und entlegene Winkel erschliesst.
Natürlich brauchen auch historische Gebäude eine moderne Infrastruktur statt nur Fassadenpflege. Dazu gehört ein leistungsfähiges Netzwerk. Doch die strengen Auflagen für denkmalgeschützte Gebäude erschweren die Modernisierung. Wie also kann man den historischen Wert bewahren und gleichzeitig ein modernes technisches Inneres schaffen, ohne dabei die Bausubstanz zu verändern oder gar zu beschädigen?
BESSER UNSICHTBAR
Die oberste Prämisse bei Veränderungen von denkmalgeschützten Gebäuden ist, dass sich die Massnahmen nahtlos in das Gesamtbild einfügen müssen und optisch nicht auffallen dürfen. So sind selbst kleinste Veränderungen an der Bausubstanz, etwa ein Bohrloch für Leitungen oder eine Halterung, zu vermeiden. Nicht selten muss die Netzwerktechnik versteckt angebracht werden. In einem konkreten Fall wurden sogar die verwendeten Funkantennen im entsprechenden Holzfarbton bemalt, damit sie sich möglichst nahtlos in die Umgebung einfügen. Ebenso entscheidend sind die Gegebenheiten vor Ort. Vorhandene Steckdosen und Ethernet-Anschlüsse bestimmen die Platzierung der Netzwerkkomponenten. Wenn ein geeigneter Ort für die Anbringung eines entsprechenden Geräts gefunden wurde, ist zu klären, ob Bohrungen und Montagepunkte dort auch erlaubt sind. Oftmals benötigt man hier schweres Gerät und viel Erfahrung mit alter Bausubstanz, um möglichst schonend zu arbeiten.
MIT DEM WLAN DURCH DIE WAND
Den Sanierern spielen dabei die Vorteile von WLAN in die Hand, da der Grossteil der Vernetzung kabellos – und damit ungleich schonender – realisiert wird. Doch auch hier gilt es einiges zu beachten: Material: Feste Stoffe wie Stein oder Beton dämpfen das WLAN-Signal erheblich, Metall reflektiert zudem die Strahlung sehr stark. Holz dagegen ist für das WLAN durchlässiger und dämpft nur leicht. Bei Glas kommt es wiederum darauf an, ob metallische Drahtgeflechte eingelassen sind oder das Glas mit einer Aluminiumschicht bedampft wurde. In beiden Fällen ist es für die Funkwellen aufgrund der hohen Dämpfung schwieriger, das Glas zu durchdringen. Frequenz: Das kurzwellige 5-GHz-Band hat in Gebäuden zwar eine geringere Reichweite als das 2,4-GHz-Band. Dafür hat es den Vorteil, dass sich in diesem Frequenzbereich weniger Störquellen befinden und so unter optimalen Bedingungen höhere Übertragungsraten möglich sind. Durch den Einsatz von Access Points mit zwei Funkmodulen («Dual Radio») lassen sich beide Frequenzbänder optimal nutzen – 2,4 GHz zur Überbrückung längerer Distanzen (zum Beispiel zwischen Gebäudeteilen) uns5 GHz für die «Ausleuchtung» eines Raums. Allerdings wird das 5-GHz-Frequenzband nicht von allen Clients unterstützt. Weg des geringsten Widerstands: Bei zu dicken Mauern oder zu hoher Dämpfung durch Stein oder Metall in den Decken ist Kreativität gefragt: Oft bleibt nur der Umweg über mehrere Ecken und via durchlässigere Materialien wie Holz oder Glas. Auch der Einfallswinkel des Signals auf ein Hindernis wie eine Mauer kann das Funksignal dämpfen oder reflektieren. Ein zu flach gewählter Winkel führt genauso zu einer hohen Reflexion wie ein senkrechter Winkel, bei dem das Signal direkt zum Sender zurückgestrahlt wird und diesen stört. Der optimale Einfallswinkel liegt also dazwischen. Dies erreicht man durch das geschickte Platzieren spezieller Antennen (Richtfunkantennen, Rundstrahler).
WEITE STRECKEN ÜBERBRÜCKEN
Um grössere Strecken zu überwinden und das drahtlose Netz in die entlegensten Ecken weitläufiger Gebäude zu bekommen, eignen sich Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Dabei wird eine Richtfunkstrecke erzeugt, bei der ein Access Point auf direktem Weg (Luftlinie) sein Signal an einen zweiten Access Point weiterleitet. Ist die Strecke zu lang oder der Gebäudekomplex zu stark verwinkelt, müssen weitere Access Points eingebunden werden, um das Signal weiterzuleiten («Point-to-Multipoint» oder Relaisstation). Dann kann es jedoch vorkommen, dass sich die Signale mehrerer Sendemodule gegenseitig stören.Wenn die Übertragung des WLAN auf direktem Weg nicht möglich ist, können Richtantennen über Umwege das Signal durch eine dünnere Stelle der Wand oder eine Holztür leiten. Das führt aber zu Leistungseinbussen und es sind mehr Netzwerkkomponenten nötig.
«Teilweise werden sogar die Funkantennen im entsprechenden Holzfarbton bemalt, damit sie sich nahtlos in die Umgebung einfügen» Klappt auch das nicht, weil die Türen zum Beispiel aus Stahl sind oder es keine direkte Verbindung in den Nebenraum gibt, hilft nur noch eine Kombination aus verschiedenen Techniken. Zunächst werden, wo immer möglich, Ethernetkabel verlegt. Wo dies aus baulichen Gründen nicht geht, helfen Powerline-Adapter, die das Netzwerksignal über die Stromleitung übertragen. Am anderen Ende des Stromkreises kann dann wieder ein WLAN Access Point per Adapter angeschlossen werden, der das Signal drahtlos weitergibt. Diese Kombination aus kabelgebundenen und kabellosen Verbindungen ist oft die einzige Möglichkeit, grössere Hindernisse oder Entfernungen zu überwinden.
VON AUSSEN VERNETZT
Ein interessanter Ansatz ist die Verlagerung der Netzwerkinfrastruktur nach aussen. Dazu werden besonders robuste Access Points für den Ausseneinsatz auf Masten befestigt und das WLAN durch die Fenster in das Gebäude geleitet. So ist von der eigentlichen Technik im Inneren nichts sichtbar und es müssen keine Löcher für Kabel oder Befestigungen gebohrt werden. Zudem spielen vorhandene Trennwände keine Rolle, da der Innenbereich durch eine genau berechnete Ausleuchtung mit WLAN abgedeckt werden kann – sofern der Raum ein unbeschichtetes Fenster in Sichtweite zu einem Access Points besitzt.
! KASTEN !
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Das neue Netzwerk bietet neben umfangreichen Sicherheitsfunktionen auch einen Gäste-Hotspot und lässt sich einfach konfigurieren. «Gleichzeitig konnten wir mithilfe der WLAN-Lösung die alte Bausubstanz schonen, da nur wenige zusätzliche Kabel verlegt werden mussten », erklärt Thomas Märker, technischer Direktor beim TOBS. Mitarbeiter und Besucher profitieren von zahlreichen virtuellen WLAN-Netzen, zudem wurden die beiden TOBS-Standorte über eine sichere VPN-Anbindung verbunden. Licht-, Bühnen- und Tontechnik sind miteinander vernetzt und zentral steuerbar. Dies ist besonders in den Veranstaltungsräumen von Vorteil, da die Veranstaltungen sehr unterschiedliche Anforderungen an die Haustechnik haben. «Zusätzlich zur Bühne haben wir nun eine Gästezone im Foyer mit freiem WLAN-Zugang für unsere Besucher, was den Leuten die Pausen oder das Warten versüsst und das Theater als sozialen Treffpunkt aufwertet», freut sich Märker. Vorhang auf für die Zukunft!
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