21.11.2011, 10:50 Uhr

Oracle Exalytics oder SAP HANA - was ist besser?

Die Top-Trends Big Data und superschnelle In-Memory-Analyse krempeln das Management um, erlauben Entscheidungen in Echtzeit. Oracle oder SAP, wer hat zurzeit die besseren Lösungen?
$$
Nick Whitehead, Senior Director bei Oracle
SAP trommelt seit einem Jahr für seine Hochgeschwindigkeitsappliance HANA, die alle Daten in den Arbeitsspeicher lädt. Mit dieser neuen, alten Technik lassen sich Terabytes an Daten in Sekundenschnelle analysieren. Tage werden zu Sekunden. SAP präsentierte auf der Sapphire in Madrid beeindruckende Reference Cases.  Kern der SAP-Technologie ist eine hybride Datenbankarchitektur: zeilenorientiert (für Transaktionen), kolumnenorientiert (für Analysen) und In-Memory. Oracle stellte im Herbst dieses Jahres seine Analytics-Appliance Exalytics vor und klotzt ebenfalls mit beeindruckenden Benchmarks. Auch Oracle arbeitet mit In-Memory. Exalytics besteht im Kern aus der relationalen (also zeilenorientierten) In-Memory-Datenbank TimesTen und dem Data Warehouse Essbase. Oracles Analytics-Appliance soll in einigen Wochen auf den Markt kommen. Wie ernst nimmt Oracle die Konkurrenz aus Walldorf, welches System bietet Kunden mehr Benefits? CW sprach mit Nick Whitehead, Senior Director für Business Development bei Oracle.
Computerworld: SAP feiert seine Hochgeschwindigkeitsappliance HANA und spricht von Performance-Vorteilen bis zum Faktor 100.000. Oracle hat im Herbst seine Analytics-Appliance Exalytics vorgestellt. Beide Lösungen konkurrieren direkt miteinander. Was spricht für Exalytics, und gegen HANA?
Whitehead: TimesTen ist eine relationale Datenbank, die In-Memory läuft und die bereits von vielen unserer Kunden eingesetzt wird. Für Exalytics haben wir TimesTen für den Business Case "Analytics" optimiert. Exalytics enthält also eine optimierte Spezialversion von TimesTen, die zum Beispiel Daten komprimiert in den Arbeitsspeicher lädt.
Die zweite Optimierung betrifft heuristisches Caching. TimesTen lädt diejenigen "hot data" aus einem Enterprise Data Warehouse in den Arbeitsspeicher, die besonders stark nachgefragt werden. Dadurch werden zeitaufwändige Zugriffe auf Festplattenspeicher reduziert. TimesTen benutzt Cache-Strategien, um die richtigen Daten in den Arbeitsspeicher zu laden. Der Vorteil: Exalytics ist nicht, wie HANA, punkto Datenvolumina auf die Grösse des Arbeitsspeichers - etwa 1 bis 2 Terabyte - beschränkt.
Eine clevere Argumentation, die für Brot-und Butter-Anfragen sicher aufgeht. Aber die nicht so leicht vorhersehbaren Queries kann Oracle damit nicht zeitnah bedienen. Da ist SAPs HANA im Vorteil, die sämtliche Daten in den Arbeitsspeicher lädt.
Whitehead: Ich verstehe ihren Punkt, man weiss nie, welche Anfragen gestellt werden. Das liegt in der Natur von "Information Discovery" in Echtzeit. Aber mindestens genauso wichtig ist die Möglichkeit, heterogene Datenquellen im Unternehmen einbinden zu können: Real time Feeds, Excel, Exadata oder anderen Datenbanken. Mit unserer "Business Intelligence Foundation Suite", ein Teil der Exalytics-Appliance, sind wir dazu in der Lage. Entwickler können mit der Suite sehr schnell externe Datenquellen anbinden.
Nächste Seite: Hat Oracle Angst vor SAP?
Erlauben Sie mir eine direkte Frage: Sieht Oracle SAP HANA als direkten Konkurrenten?
Whitehead: Wir sehen HANA als direkte Konkurrenz für unser präkonfiguriertes Analytics-Angebot (for our pre-engineered systems for analytics). SAPs Ansatz besteht darin, alles in eine Box, in den Arbeitsspeicher zu packen, stösst dabei aber an physikalische Grenzen. Zurzeit markieren 2 Terabyte das obere Limit. Unser Analytics-Angebot besteht aus der Datenbankmaschine Exadata plus der Analytics-Appliance Exalytics. Beide Appliances verbinden wir über sehr schnelle Schnittstellen (fat pipes) miteinander und erreichen dadurch eine sehr gute Performance.
SAP HANA klotzt mit unglaublichen Performance-Verbesserungen bis zum Faktor 100.000. Oracle präsentiert sehr starke Benchmarks für Exalytics. Ein direkter Vergleich beider Systeme steht bislang noch aus. Welches System ist denn nun schneller?
Whitehead: Oracle hat Exalytics von Kunden testen lassen, das heisst wir haben fertig konfigurierte Exalytics-Appliances zum Beispiel zur dänischen Bank NyKredit geschickt. Die Tests von SAP HANA dagegen fanden, wenn ich korrekt informiert bin, bis auf eine Ausnahme auf SAPs eigenen Systemen statt. Das ist schon einmal ein interessanter Unterschied. Ein weiterer Vorteil: NyKredit hat weniger als eine Woche gebraucht, um ihre existierenden BI-Systeme auf Exalytics zu implementieren und produktiv einzusetzen. Eine Oracle BI-Applikation, die für die BI-Foundation zertifiziert ist, läuft mehr oder weniger sofort auf Exalytics. SAP-Kunden dagegen, die HANA nutzen wollen, müssen dafür ihre existierenden Applikationen umschreiben (rewrite).
SAP spricht von 150 HANA-Kunden weltweit, Wie viele Unternehmen arbeiten mit Oracle Exalytics? Ein wenig unfair, die Frage, denn HANA ist bereits seit einem Jahr auf dem Markt.
Whitehead: Die Frage ist doch: Setzen die 150 Kunden HANA auch produktiv ein? Exalytics ist zurzeit noch nicht erhältlich. Wir haben die Lösung aber von acht Pilotkunden testen lassen, zwei davon in Europa. Exalytics ist insbesondere für Unternehmen interessant, in denen viele Wissensarbeiter tätig sind, die analytische Funktionalitäten benötigen, also vor allem Banken, Versicherungen, aber auch der Grosshandel. Wir sprechen von vielen tausend, zehntausenden von Anwendern pro Analytics-Box. Banken nutzen Analytics vor allem, um ihr Risikomanagement zu verbessern. Telkos analysieren damit ihre Kundendaten, um zum Beispiel Cross-Sell- und Up-sell-Opportunitäten zu identifizieren, um die Kundenzufriedenheit (customer experience) zu erhöhen. Nächste Seite: Oracles geheime Pläne...
Mit Exalytics/TimesTen hat Oracle eine partielle In-Memory-Datenbank auf dem Markt, die durch raffiniertes Caching die "wichtigsten" Daten in den Arbeitsspeicher lädt, aber eben nicht alle. Arbeitet Oracle zurzeit an einer echten, analytischen In-Memory-Datenbank, um diese dann direkt gegen HANA zu positionieren?
Whitehead: Darüber weiss ich nichts.
Es wäre doch sinnvoll, die rein relationale Datenbank TimesTen zum Beispiel um eine kolumnenorientierte Architektur (wie HANA) zu erweitern. Relationale, zeilenorientierte Systeme sind für Analysen nicht sonderlich gut geeignet.
Whitehead: Lassen Sie uns abwarten, wie der Markt auf Exalytics und auf das reagiert, was wir bisher an TimesTen verbessert haben. Erste Reaktionen von Kundenseite sind sehr positiv ausgefallen. Mein Eindruck ist, dass SAP-Kunden ziemlich lange brauchen, um mit HANA in den produktiven Einsatz zu gehen, und es gibt auch noch nicht sonderlich viele produktive HANA-Einsätze.
Sie haben unter anderem Banken und Versicherungen erwähnt, auf die sie mit Exalytics abzielen. Der Schweizer Markt mit seinem breiten Banken- und Versicherungssektor müsste für Oracle dann besonders attraktiv sein.
Whitehead: Die Schweiz ist für uns gleich dreifach interessant. Das Banken- und Versicherungswesen nutzt Analytics sehr intensiv und innovativ. Das zweite Marktsegment, auf das wir abzielen, sind in der Schweiz ansässige internationale Organisationen. Dort geht es in erster Linie um das Management der recht komplexen Backoffice Operations über alle Niederlassungen hinweg. Internationale Organisationen kommen deshalb nicht ohne Analytics aus. Unser drittes Zielsegment ist das Schweizer produzierende Gewerbe.


Das könnte Sie auch interessieren