CIO bei Real Madrid 23.10.2009, 13:56 Uhr

Die IT des «weissen Balletts»

Enrique Uriel Arias ist CIO des Fussballclubs Real Madrid. Er hat den besten Platz im Stadion, kann den Match aber nicht wirklich geniessen.
Karin Quack ist Redaktorin bei unserer deutschen Schwesterpublikation «Computerwoche»
Im Dezember 2004 musste das Ein- und Auslass-System seine Feuertaufe bestehen. Eine Bombendrohung machte es notwendig, das gut besetzte Bernabeu-Stadion rasch zu leeren. Ganze achteinhalb Minuten habe es gedauert, zehntausende Menschen durch die Stadiontore ins Freie zu schleusen, beteuert Enrique Uriel Arias, Chief Information Officer (CIO) des Fussballclubs Real Madrid. Das sei nur möglich gewesen, weil sich die engen Durchlässe auf Knopfdruck auseinanderschieben liessen. «Designed by us, developed by Siemens», erläutert Uriel Arias.
Höchstpersönlich überwacht der CIO an Spieltagen die Steuerung des Durchlass-Systems sowie der 300 Lautsprecherboxen, 700 TV-Sets und 500 Kameras, die auch die dunkelsten Ecken des Stadions ausleuchten. Das gesamte Equipment ist in einem IP-Netz mit dem zentralen Überwachungssystem verbunden. Sollte ihm etwas Ungewöhnliches auffallen, kann Uriel Arias beispielsweise von seinem Handy aus direkt eine der Lautsprecherboxen anrufen und eine Warnung durchgeben. «Wir sind der große Bruder», bekennt er. Aber derartige Sicherheitsvorkehrungen brauche es nun einmal, um Live-Fußball auch für Familien attraktiv zu machen.
Instandhaltung verschlingt Millionen
Allerdings sei es «ein Alptraum, das alles zu unterhalten», räumt der IT-Spezialist ein, der vor zehn Jahren als Berater von Atos zu Real Madrid kam. Allein die Instandhaltung der Überwachungs- und Broadcasting-Systeme verschlinge sieben Millionen Euro im Jahr: «Und ein Return on Investment ist schwer zu finden.» Der Betrieb von Business-Anwendungen wie der ERP-Software «Axapta» von Microsoft (heute unter dem Namen «Dynamics AX» vermarktet), ist hier noch nicht eingerechnet, dürfte aber auch wenig ins Gewicht fallen.
An schwierige RoI-Berechnungen sind Fussballvereine im Prinzip gewöhnt. Immerhin geben sie relativ leichtherzig aberwitzige Summen aus, um sich die Dienste bestimmter Spieler zu sichern. Wie lange Uriel Arias sein Budget wohl decken könnte, bis die 94 Millionen Euro aufgebraucht wären, die Real Madrid im Sommer diesen Jahres für die Verpflichtung des Portugiesen Cristiano Ronaldo ausgegeben hat? «Ewig», antwortet der CIO. Warum der Club so viel Geld für einen einzigen Spieler ausgeben müsse, leuchte auch ihm nicht ein: «Ich hätte da hundert Ideen, wofür man das sinnvoller ausgeben könnte.»
Dabei bezeichnet sich Ariel Urias eigentlich als Hardcore-Fan («I am ultra!»). Hat er also seinen Traumjob ergattert? Nicht wirklich, denn dazu lastet zu viel Verantwortung auf ihm. Während des Spiels hat er den besten Platz im Stadion - hoch über der Haupttribüne, weit weg von grölenden Fans. Aber geniessen kann er ihn immer erst ab der Mitte der zweiten Halbzeit. Wenn kurz vor Spielschluss die Tore geöffnet werden, entspannt er sich und sieht dem Treiben auf dem Rasen zu. Für einen echten Fan ist das sicher ein bisschen wenig.
Karin Quack



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