Exklusiv 25.11.2020, 16:15 Uhr

Interxion nimmt den nächsten Data-Center-Bau in Angriff

Interxion investiert mehr als 200 Millionen Franken in den Standort Glattbrugg und nimmt das nächste Bauprojekt in Angriff. Mit ZUR3 soll dort das bislang grösste und leistungsstärkste Data Center der Firma in der Schweiz entstehen.
Der Colocation-Anbieter Interxion investiert mehr als 200 Millionen Franken in den Bau von ZUR3
(Quelle: Interxion)
Der Schweizer Colocation-Markt brummt. Wie ein vor Kurzem veröffentlichter Report der Information Services Group (ISG) zeigte, nahm die Nachfrage nach Colocation-Flächen hierzulande in den letzten zwölf Monaten massiv zu.
Auf den ständig wachsenden Bedarf hatte der Rechenzentrumsdienstleister Interxion bereits 2019 mit dem Bau seines zweiten Data Centers ZUR2 in Glattbrugg reagiert (Computerworld berichtete). Die Tochter des US-Konzerns Digital Realty steckte rund 130 Millionen Franken in den Neubau, im ersten Quartal 2020 war das Rechenzentrum mit einer Fläche von 6300 Quadratmetern und einer IT-Leistung von 12 Megawatt schliesslich bezugsbereit.

Nächstes Grossprojekt im Anflug

«ZUR2 ist praktisch fertig, dort stehen noch die letzten Ausbauarbeiten an», erklärt Hans Jörg Denzler, Managing Director von Interxion Schweiz, im Gespräch mit Computerworld. Laut dem Firmenchef ist aber die Nachfrage derzeit so gross, dass das Unternehmen gleich nachlegt. So beginnt in der kommenden Woche der Bau von ZUR3, dem dritten Interxion-Rechenzentrum in Glattbrugg. Und dieses übertrumpft die beiden bestehenden bei weitem: Den Angaben zufolge soll der neue Standort im Endausbau eine Fläche von 11'400 Quadratmetern sowie eine IT-Leistung von 24 Megawatt bieten. Hinzu kommt zusätzlich ein neuer Bürotrakt, sodass ZUR3 künftig zum Hauptstandort für die Mitarbeitenden von Interxion wird.
Das sind die Eckdaten zum neuen Data Center ZUR3
Quelle: Interxion
Entsprechend teuer gestaltet sich das Projekt. Denzler nennt zwar keine genauen Zahlen, dennoch lässt er durchblicken, dass das Projekt mehr als 200 Millionen Schweizer Franken kosten wird. «Wegen der ganzen Infrastruktur ist der Bau von Rechenzentren sehr kostenintensiv», sagt der Schweiz-Chef von Interxion. Auch die nötigen Redundanzen würden ihren Teil dazu beitragen. Realisieren will der Anbieter ZUR3 in drei Phasen – wobei die ersten 2900 Quadratmeter voraussichtlich im zweiten Quartal 2022 eröffnet werden.

Direkte Leitung in die Cloud

Auf der Gemeindegrenze zwischen Glattbrugg und Rümlang richtete sich Interxion eine Campus-Lösung ein, der auch ZUR3 angeschlossen wird. Heisst, dass alle Rechenzentren des Anbieters miteinander verbunden sind. Noch viel wichtiger ist laut Denzler jedoch, dass alle dieselbe Konnektivität bieten. So sind im Zürich-Campus von Interxion aktuell mehr als 50 Telekom-Carrier eingemietet, auch ist man dem Internetaustauschknoten SwissIX angeschlossen.
Zudem bietet das Unternehmen für geringere Latenzen Netzwerkknoten zu grossen Cloud-Anbietern. Am Campus physisch vorhanden seien jene von AWS, Microsoft Azure und Google Cloud. Beim AWS-Netzwerkknoten handelt es sich um dein einzigen in der Schweiz. Bei Microsoft Azure ist es der Einzige im Grossraum Zürich. Das ist insbesondere im Fall von Microsoft und Google wichtig, weil nur durch die Nutzung dieser Knoten der Datenverkehr in der Schweiz bleibt. Wollen Kunden also sicherstellen, dass ihre Daten die Schweiz physisch nicht verlassen, dann müssen diese über einen der Schweizer Netzwerkknoten laufen. Interxion verspricht dabei auch mehr Sicherheit, da die Daten über eine private Leitung statt via Internet zwischen Data Center und Cloud transferiert werden.
Und nicht zuletzt könnten international tätige Kunden vom Netzwerk des Mutterhauses Digital Realty profitieren. Der Konzern betreibt mit seinen Tochtergesellschaften Rechenzentren auf insgesamt sechs Kontinenten.
Hans Jörg Denzler ist Managing Director von Interxion Schweiz
Quelle: Interxion
Mit ZUR3 soll jedoch kein High-Density-Rechenzentrum entstehen, betont Denzler im Gespräch. Zwar bräuchten inzwischen auch normale Kunden mehr Leistung, der Bedarf sei aber nach wie vor tiefer als bei grossen Cloud-Anbietern. Beim Ausbau setze man deshalb auf konventionelle Technologien. Allerdings sei Interxion bereits jetzt der einzige von Nvidia zertifizierte Anbieter der Schweiz, der laut Hersteller in spezifischen Installationen eine Leistung von 30 bis 40 Kilowatt pro Rack bereitstellen könne.

Fokus auf Energieverbrauch und Architektur

Ist ZUR3 in Betrieb, steigt der gesamte Energieverbrauch von Interxion auf mehr als 40 Megawatt – eine beträchtliche Menge. Immerhin verbesserte sich die Energieeffizienz von Data Center in den letzten Jahren deutlich. Gemäss Zahlen von Interxion steht für den Betrieb der Kunden-Infrastruktur inzwischen wesentlich mehr Energie zur Verfügung, als für den Betrieb der Data-Center-Infrastruktur benötigt wird. Zudem setzt das Unternehmen gemäss Denzler nur Strom ein, der mit Wasserkraft produziert wird. Zusätzlich machte man sich bei Interxion Gedanken darüber, wie die Abwärme genutzt werden kann. Hier spannt die Firma mit der Gemeinde Opfikon zusammen, die mit der Genossenschaft Elektra Baselland ein Fernwärme- bzw. Fernkältenetz aufbaut. «Für dieses werden wir künftig die Abwärme von ZUR3 kostenlos zur Verfügung stellen», stellt der Firmenchef in Aussicht.
Seinen Angaben zufolge achtet man ebenfalls auf die Gestaltung des neuen Rechenzentrums. Statt «funktionalen Klötzen» will das Unternehmen Data Center bauen, die optisch ins Landschaftsbild passen. Vorgemacht habe die Firma dies etwa bereits mit einem Projekt in Marseille.
In der Hafenstadt Marseille baute Interxion eine ehemalige U-Boot-Basis zum Data Center um
Quelle: Interxion
Ob man bei Interxion mit dem Bau von ZUR3 für die nächsten Jahre ausgesorgt hat, darauf will sich Denzler nicht endgültig festlegen. Dennoch geht der Managing Director davon aus, dass der Wachstumstrend im Colocation-Markt weitergehen wird. Dann könnte es für Interxion in Glattbrugg eventuell langsam eng werden. «So wie es jetzt aussieht, werden wir uns schon in den nächsten Jahren einen neuen Standort suchen müssen, um weiter wachsen zu können», zeigt sich der Schweiz-Chef von Interxion überzeugt.



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