Mobiles Video Streaming 02.09.2010, 06:00 Uhr

Flash kontra HTML5

Die Ausbreitung der Videodistribution im mobilen Internet stellt neue Anforderungen an Streaming-Technik und Codecs. Welches Verfahren bietet die besten Aussichten?
Eric Funk ist Leiter Development bei Swiss TXT Multimedia Solutions Nachdem es in den letzten Jahren so aussah, als ob eine gewisse Konsolidierung bei den Streaming-Technologien und Codecs im Internet stattfinden würde, bekommt das Thema derzeit wieder viel Aufmerksamkeit. Anbieter, die gerade noch ihre Real- oder Windows-Media-Inhalte durch Flash respektive H.264 ersetzt hatten, finden sich nun mit der Frage konfrontiert, wie sie diese möglichst einfach mobil zugänglich machen können. Auch komplett neue, noch relativ unvorbereitete Technologien, beispielsweise Microsoft Smooth Streaming, könnten mit der Einführung von Windows Mobile im Herbst interessant werden. Treibender Faktor für die Videodistribution im mobilen Internet war die Einführung des iPhone. Videos wurden nicht mehr auf Briefmarkengrösse reduziert und gestatteten dem Benutzer einen viel besseren Gebrauch der dargestellten Inhalte. Apple bevorzugt für die Wiedergabe der Videos einen Browser, der das HTML5-Videotag unterstützt, und entschied sich bewusst gegen das Adobe Flash Plug-In. Moderne Smartphones anderer Hersteller wie HTC, BlackBerry oder Nokia sowie diverse Browser wie Safari, Firefox oder Google Chrome zogen nach. Heute sind zum Abspielen von Videos keine Browser-Plug-Ins wie Silverlight oder Flashplayer mehr nötig. Die Videoinhalte können auch direkt per HTML5 über den Browser angezeigt werden. HTML5 hat damit die Wiedergabe der Videoinhalte benutzerfreundlicher und plattformunabhängiger gemacht. Nachteile in mobilen Netzwerken Video-Streaming in mobilen Netzwerken hat aber einige Nachteile. So kann eine gewisse Bandbreite, wie sie für das Streaming von Videoinhalten notwendig ist, nicht garantiert werden. Transportformate, wie das bei Flash verwendete RTMP (Real Time Messaging Protocol), sind für mobile Netzwerke nicht so gut geeignet. So bleibt nur noch HTTP in der Version 5 als Lösung übrig. Um die Nachteile gegenüber dem für die (nicht mobile) Videodistribution viel besser geeigneten RTMP zu reduzieren, werden zusätzlich neue Technologien wie HTTP-Streaming und adaptives Streaming verwendet. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass Videos hier viel einfacher gecacht werden können und keine speziellen Streamingserver benötigen. Jedes Content Delivery Network (CDN) bietet die Möglichkeit, HTTP-Inhalte zu cachen und kann somit kostengünstig für die Videodistribution verwendet werden. Ein grosser Nachteil von HTML5 Video ist, dass der Webstandard nur die Einbindung des Videos auf die Website regelt, nicht aber das Videoformat selbst. Dies führte dazu, dass heute viele verschiedene Videoformate im Einsatz sind. So verwenden die meisten mobilen Geräte den H.264-Codec mit oder ohne adaptives Streaming, während sich auf den PC-Desktops weder OGG noch H.264 durchsetzen konnten - hier könnte Googles WebM-Codec als «lachender Dritter» das Rennen machen. Google hatte vor einiger Zeit den VP8-Codec gekauft und entwickelt diesen nun unter eigenem Namen als Open-Source-Projekt weiter. Selbst bei der Verwendung von H.264 gibt es Unterschiede: So können mobile Geräte oft nur das weniger anspruchsvolle und qualitativ minderwertige Baseline-Profil decodieren, während Apples iPad und PCs von diesen Einschränkungen dank schneller CPUs nicht betroffen sind. Ein Nachteil von H.264 ist, dass Lizenzkosten anfallen. Bei WebM ist dies nicht der Fall, dafür gibt es nur sehr wenige Endgeräte, die den Codec unterstützen. Das dürfte sich aber innerhalb der nächsten Gerätgeneration ändern. Die Verwendung von H.264 im Browser bleibt erst einmal kostenfrei. Die MPEG Licensing Association (MPEG LA) hat die kostenlose Nutzung bis Ende 2015 verlängert. Für Videodistributoren, die so viele Plattformen wie möglich abdecken möchten, bedeutet diese Formatvielfalt mehr Aufwand beim Encoding sowie beim Speicherplatz und damit höhere Kosten. Eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ist keine Option. Das qualitativ niederwertige iPhone-Videoformat würden die Kunden etwa auf dem iPad nicht akzeptieren. Bei der Verwendung von HTML5-Video gibt es weitere Probleme, die bei anderen heute bestehenden Videolösungen, wie zum Beispiel Flashvideo, schon gelöst wurden. So gibt es heute mit HTML5 viel weniger Möglichkeiten zur Erstellung von Nutzungsberichten oder für die Einbindung von Pre- bzw. Post-Roll-Advertising (vor oder nach einem Video wird Werbung eingeblendet). Zudem ist die Interaktion des Benutzers mit den Videoinhalten eingeschränkt. Branchengrössen wie YouTube bieten zwar schon HTML5-Versionen ihrer Inhalte an, treten aber noch reserviert auf. Eine komplette Ablösung von Flash ist aufgrund der grossen Verbreitung derzeit noch nicht denkbar. Die Bereitstellung von Flash, HTML und vielleicht noch einer zusätzlichen Silverlight-Version machen wirtschaftlich jedoch keinen Sinn. Lösungen in Sicht Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis Lösungsansätze und kommerzielle Produkte erhältlich sind. Was die Formatvielfalt betrifft, wird schon heute an technischen Lösungen gearbeitet, die On-Demand und per Device-Detection das am besten geeignete Format für das jeweilige Endgerät erzeugen. Ein Gebiet, in dem Swiss TXT Multimedia Solutions Know-how aufbaut und die Technologieführerschaft anstrebt. HTML5-Video ist trotz seiner Nachteile schon heute erste Wahl, um Videoinhalte ohne Plug-In auf mobilen Websites darzustellen und wird in naher Zukunft auch den Browser beherrschen. Flash und HTML5 im Vergleich Flash+ Bekannt und akzeptiert bei Nutzern und Entwicklern+ Player sehr verbreitet+ Vielfältige Möglichkeiten (Grafik und Interaktivität)+ Erprobte Distributionstechnologien- Plug-In beim Nutzer nur mit Flash-Tools möglich- Technologie wird von Adobe kontrolliertHTML5 und Video+ Funktioniert auf iPhone und iPad+ Wird von mobilen Browsern unterstützt+ Kein zusätzliches Plug-In+ Offener Standard- Videocodec nicht definiert- (noch) keine einfach zu bedienende Programmieranwendungen- Inhalte relativ ungeschützt vor Missbrauch- Anspruchsvolle Präsentationen und Interaktivitäten komplex zu programmieren- Wird von dominierenden Browserversionen nicht unterstütztEric Funk


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