Gespräch mit Michael Dell 10.05.2019, 13:30 Uhr

«Digitale Transformation ist kein Einmal-Projekt»

Michael Dell hat in dreieinhalb Jahrzehnten seit Gründung von Dell diverse Entwicklungen kommen und gehen sehen. Die digitale Transformation wird nicht wieder verschwinden, sagt er.
Michael Dell gründete vor 35 Jahren Dell Computer. Noch heute ist er CEO des IT-Weltkonzerns
(Quelle: Dell)
Am 3. Mai 2019 war es genau 35 Jahre her, dass Michael Dell in texanischen Austin seine Computerfirma gegründet hat. Die Firmenstruktur und die Eigentumsverhältnisse haben sich seitdem sehr oft und manchmal auch drastisch geändert. So wird das Unternehmen nach fast fünfjähriger Abstinenz seit Dezember 2018 wieder an der Börse gehandelt. Mit einem Umsatz von rund 91 Milliarden US-Dollar und 157'000 Mitarbeitern gehört es nach wie vor zu den Schwergewichten der IT-Branche.
Am Rande des Kundenanlasses «Dell Technologies World» in Las Vegas Anfang Monat konnte Computerworld während einer internationalen Gesprächsrunde mit dem Gründer, CEO und Chairman Michael Dell sprechen.
Wie geht Dell selbst mit den neuen Technologien und der digitalen Transformation um?
Michael Dell: Zunächst einmal: Die digitale Transformation ist kein statisches Einmal-Projekt. Wer sagt, er habe die digitale Transformation abgeschlossen, beweist damit, dass er das Konzept nicht verstanden hat. Die digitale Transformation ist die kontinuierliche Adaption von digitalen Technologien auf neue Businessanforderungen. Wir haben bei uns beispielsweise über 450 KI-Projekte, die sich auf nahezu alle Anwendungs- und Geschäftsbereiche, wie Back Office, Finanzen, Marketing, Services und Vertrieb beziehen. Hierbei müssen wir natürlich darauf achten, dass die Einführung neuer Technologien die Mitarbeiter nicht verängstigt, sondern dass sie sich dafür begeistern und damit arbeiten. Trotzdem ist der Technologie-Einsatz kein Garant für einen Unternehmenserfolg. Wir sind vor allem deshalb so erfolgreich, weil wir eine enge Zusammenarbeit mit vielen Kunden pflegen; wir helfen ihnen bei der Lösung aktueller und hoffentlich auch bei ihren zukünftigen Problemen. Andernfalls werden wir ganz schnell vom Markt verschwinden.
Die CEOs ausserhalb der IT-Welt denken bei dem Begriff digitale Transformation vor allem an neue Anwendungen und neue Businessmodelle. Das alles betrifft vor allem den Bereich der Anwendungs-Software – ein Gebiet, auf dem Dell gar nicht aktiv ist. Wie unterstützen Sie die Transformation?
Es ist richtig, dass wir keine Anwendungs-Software entwickeln. Mit Pivotal bieten wir aber beispielsweise eine sehr erfolgreiche Plattform für die Entwicklung von Anwendungs-Software an. Die US-amerikanische Luftwaffe berichtete neulich, dass sie mit der Lösung ihre Anwendungs-Entwicklung gewaltig beschleunigen konnte.
Viele unserer Tools adressieren vor allem die moderne Datennutzung, bei der die Daten an vielen unterschiedlichen Orten abgelegt sein können. Beispielsweise in einer Public Cloud oder irgendwo auf der Welt in einem eigenen Rechenzentrum. Es gibt komplexe Vorgaben für das Management dieser Daten, denken Sie nur an Security, länderspezifische Vorschriften, Performance, Datenintegrität, Speicherkosten oder den insbesondere in Europa wichtigen Datenschutz. Die Wahl des jeweils besten Speicherortes ist aber keine statische Angelegenheit, denn je nach aktuellen Anforderungen ergibt sich kontinuierlich ein neues Optimum. Mit Cloud Foundry und der VMware Cloud Foundation bieten wir hierzu einen Weg, wie Anwendungen und Daten sicher und schnell hin und her geschoben werden können.

Technologie als Jobkiller?

Somit ist der Einstieg in die Anwendungs-Software der nächste folgerichtige Schritt?
Nicht unbedingt. Derzeit haben wir andere Schritte geplant, die dichter an den Bereichen liegen, in denen wir schon erfolgreich tätig sind. Ein grosses, spannendes Thema ist beispielsweise Netzwerk-Virtualisierung, denn für die zunehmenden Multi-Cloud-Umgebungen muss man das zugehörige Netzwerk komplett virtualisieren. Und hieran arbeiten wir ganz intensiv. Dazu noch ein paar Zahlen. Der gesamte IT-Markt umfasst etwa 3,5 Billiarden US-Dollar, davon entfallen 91 Milliarden auf uns. Das ist weniger als drei Prozent. Das heisst, es gibt ein Potenzial von über 97 Prozent, in das wir vordringen können. Da haben wir viele Möglichkeiten ohne in die Anwendungs-Software einsteigen zu müssen.
Neue Technologien werden nicht immer und überall positiv aufgenommen; viele haben Angst davor oder befürchten einen Missbrauch. Wie steht Dell dazu?
Zunächst einmal: Technologie ist neutral. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Technologie-Nutzung etwas «Gutes» ist. Und ich bin mir sicher, dass der überwältigende Teil der neuen Technologien positive Auswirkungen haben wird. Zwar gibt es die Schwarzseher, die bei jeder Veränderung nur Probleme sehen, doch ich bin optimistisch, dass der Einsatz neuer Technologien das Leben der Menschen verbessern wird. Aber es gibt natürlich auch Problemfelder, nehmen wir nur den Bereich Datennutzung. Wir bei Dell sind nicht im Daten-Business. Alle Daten, die wir speichern oder bewegen gehören unseren Kunden, wir machen keine Geschäfte damit.
Mit der Mehrzahl Ihrer Lösungen fokussiert Dell auf Grossunternehmen. Wie schaut es mit Produkten für KMUs aus?
In sehr vielen Ländern haben wir einen speziellen KMU-Fokus, bei dem wir die Firmen vor allem bei der IT-Nutzung unterstützen, denn viele KMUs können oder wollen nicht die Aufgabe eines Systemintegrators übernehmen. Denken wir nur an VxRail, das ist praktisch eine Art Out-of-the-Box Private-Cloud mit ganz vielen Möglichkeiten. Um das, was da alles drinsteckt, mit separaten Komponenten selbst zusammen zu stellen, ist für viele KMUs zu komplex und zu teuer.



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