Best Practice 30.08.2021, 08:00 Uhr

«Skalierung auf allen Stufen steht an»

Früh schon hat Jens Thuesen seine Mitarbeiter mit dem Unternehmervirus infiziert und an der BSI beteiligt. Nun hat er seine Firma verkauft. Der Firmengründer erklärt die Hintergründe.
Zur Person: Jens Thuesen hat 1996 mit drei Kollegen in Baden die CRM-Software-Schmiede BSI gestartet. Heute beschäftigt die Firma rund 360 Mitarbeitende an acht Standorten, von denen 247 am Unternehmen beteiligt sind. Im Rahmen einer von der UBS begleiteten Nachfolgeregelung wurde die Firmenmehrheit im letzten Jahr an das Private-Equity-Unternehmen Capvis verkauft.
(Quelle: BSI)
Seit 25 Jahren ist BSI Business Systems Integration  eine feste Grösse im CRM-Markt. Das Badener Entwicklungs-Haus hat seit dem vergangenen Jahr mit der Schweizer Private-Equity-Firma Capvis einen neuen Mehrheitseigner. Bei der Nachfolgeregelung hat die UBS den Mitgründer Jens Thuesen unterstützt. Im Interview mit Computerworld spricht er über die Gründe.
Computerworld: Herr Thuesen, Sie sehen nicht so aus, als wollten Sie es sich auf dem Altenteil bequem machen. Warum haben Sie dennoch verkauft?
Jens Thuesen: In Rente gehe ich tatsächlich nicht. Dazu sind unser Unternehmen und die Branche zu spannend. Wie die meisten Mitarbeiter bleibe auch ich an BSI beteiligt.
Allerdings steht jetzt die Skalierung auf allen Stufen an. Wir wollen beispielsweise nicht mehr nur organisch wachsen, wollen eine eigene Partnerlandschaft etablieren, neue Märkte erschliessen und auch neue, junge Talente anziehen. Vielleicht hätten wir das aus eigener Kraft stemmen können, aber mir war das Risiko zu gross. Dafür ist es nun mithilfe der UBS und Capvis gelungen, ein attraktives Modell für diesen Ausbau zu etablieren und dabei auch noch die Interessen aller Beteiligten zu verbinden.
CW: Was hat denn Ihre Verkaufspläne veranlasst?
Thuesen: Unsere Produkte haben das Nischendasein verlassen. CRM, aber auch AI (Artificial Intelligence) und CX (Customer Experience) sind heute sehr wichtige Tools, die nahezu jedes Unternehmen einsetzt. Der Markt ist riesig. Dabei gelten wir im deutschsprachigen Raum als Marktführer in unseren Fokusbranchen Versicherungen, Krankenversicherungen, Banken und Retail. Und den beliefern wir im anspruchsvollen und geschäftskritischen B2C-CRM-Bereich, haben also signifikante Vorteile gegenüber grösseren Anbietern. Ausserdem haben wir bereits Kunden in den USA, Russland, Benelux, Lettland und Skandinavien. Das und viele andere Opportunitäten wie unsere skalierbaren Produkte, unser guter Kundenstamm oder unser Fundus an Mitarbeitertalenten haben es verdient, genutzt zu werden.
Rückblickend denke ich, wir hätten die uns von der UBS eröffnete Chance einer Partnerschaft mit Capvis schon früher nutzen sollen.
CW: Warum haben Sie und Ihre Kollegen sich für das M&A-Team der UBS entschieden?
Thuesen: UBS hat unsere grosse Fertigungstiefe verstanden, auch dass wir auf der Basis neuster Technologie in der Schweiz und in Deutschland selber Software bauen, was ja nicht selbstverständlich ist. Zudem kennen die UBS-Leute unsere hierarchielose Organisation mit wenig Overhead. Sie wussten, was hinter dem Wunsch steht, unsere Mit­arbeiter als Aktionäre ins Unternehmertum einzubinden. Das Beteiligungsmodell hat bei uns ja Tradition.
Ausserdem hat sich rasch gezeigt, dass UBS neben dem Zugang zu dem breiten Netzwerk möglicher Partner und umfassender Erfahrung bei M&A-Transaktionen auch Zugang zu Spezialisten etwa für Rechts- oder Steuerfragen hat. Erst wenn man einen M&A-Prozess startet, merkt man, wie komplex eine solche Transaktion ist. Eine gewisse Vertrautheit mit dem Berater ist dabei unumgänglich. Ich kann das Team von UBS empfehlen, die haben uns einen fairen und professionellen Ablauf garantiert und vor allem alle Optionen erklärt, aktiv geprüft und damit die optimale Lösung für alle gefunden.
CW: Welche Faktoren haben Sie bei der Nachfolge­regelung noch bestimmt?
Thuesen: Wir wollten den langfristigen Fokus behalten und unsere Kultur weiter pflegen. Also sind wir – auch um Unzufriedenheiten wegen der Transaktion anzusprechen – unseren typischen BSI-Werten gefolgt: Offenheit und Transparenz. Wir haben dabei einen intelligenten, klaren Fokus auf die Interessen unserer Mitarbeiter gelegt. Viele haben so auch finanziell von der Transaktion profitiert. Und wichtig, wir haben eine Lösung geschaffen, dank der in Zukunft noch mehr Mitarbeiter zu Mitunternehmern werden und somit am Erfolg teilhaben. Denn wir brauchen junge Talente, zumal uns der Einstieg von Capvis erlaubt, noch mehr in die Produktentwicklung für unsere Kunden zu investieren. Für Entwicklertalente zeichnen sich hier vielfältige Chancen ab. Es ging also nie nur ums Geld.
CW: Sie haben erste Investorengespräche zur Zeit des Lockdowns im Frühling 2020 geführt. Hat das keine Zweifel bei Ihnen ausgelöst?
Thuesen: Nein, als Software-Entwicklungshaus sind wir eigentlich verwöhnt. Die Produktion kann man zumindest temporär gut via Home Office aufrechterhalten. Dazu kommt, dass gerade CRM, CX und AI wegen Covid-19 stark an Bedeutung gewonnen haben. Uns tun denn auch die Branchen sehr leid, die in der Pandemie gelitten haben, ohne dass sie etwas dafürkönnen. Wir hatten hier einfach Glück. 2020 haben sich Umsatz und Gewinn sehr zufriedenstellend entwickelt.



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