Best Practice 14.02.2022, 06:05 Uhr

«Der digitale Arbeitsplatz ist kein reines IT-Projekt»

Die Digitalisierung der Arbeitsplätze hat durch die Corona-Pandemie einen starken Vorschub erhalten. Marco Heid, Manager Social Collaboration bei Campana & Schott, erklärt, wo es trotzdem noch Lücken gibt und was die Unternehmen dringend beachten sollten.
Marco Heid ist Manager Social Collaboration bei Campana & Schott
(Quelle: Campana & Schott)
Computerworld: Die Corona-Pandemie dauert bereits zwei Jahre. Wer eine digitale Arbeitsumgebung be­nötigt, hat längst eine solche – oder?
Marco Heid: Die Pandemie war ein Beschleuniger. Aber nicht einmal alle Information Worker haben einen echten digitalen Arbeitsplatz. Vor allem der öffentliche Sektor, die Bildung und in der Schweiz viele Banken hinken etwa wegen hohen Compliance-Anforderungen hinterher. Auch in anderen Branchen fehlt oft die Reife, da Notlösungen vom Frühjahr 2020 bis heute zum Einsatz kommen. Bei Frontline Workern sieht es meist noch schlechter aus. So hat laut unserer Umfrage erst jedes zehnte Unternehmen ihre Frontline Worker vollständig mit digitalen Tools und Endgeräten ausgestattet. Jeweils mehr als ein Viertel befindet sich erst in der Konzeptions- oder Planungsphase.
CW: Wie ist der Stand der Digitalisierung der Arbeitsplätze in der Schweiz im internationalen Vergleich?
Heid: Insbesondere bei Frontline Workern hinken Unternehmen hinterher. 68 Prozent der Führungskräfte nutzen weiterhin E-Mail und 60 Prozent das Telefon, um Frontline Worker zu erreichen. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz bei der Nutzung moderner Kanäle etwas über dem Durchschnitt, Deutschland zum Teil deutlich darunter. Doch selbst wenn technisch der digitale Arbeitsplatz bereitsteht, hapert es häufig im Umgang damit. Hier müssen organisatorische Prozesse sowie Arbeits- und Führungskultur die Nutzung unterstützen.
CW: Was muss bei der Digitalisierung der Arbeits­umgebungen unbedingt beachtet werden?
Heid: Der digitale Arbeitsplatz ist kein reines IT-Projekt und die Umsetzung niemals abgeschlossen. Er erfordert einen Schulterschluss zwischen IT, HR, Unternehmenskommunikation sowie Führungsebene und sollte die Unternehmensziele unterstützen. Zusätzlich sind weitere technische Bereiche wie Telefonie oder Endpoint Management zu berücksichtigen. Wichtig ist auch, praktische Use Cases zu ermitteln, für die der digitale Arbeitsplatz konkrete Vorteile bringt.
CW: Welche weiteren Tipps haben Sie für die Unternehmen?
Heid: Unternehmen sollten ihre bisherigen Lösungen nochmals überdenken, insbesondere wenn sie diese schnell in einer Notlage eingeführt haben. Nur eine einheitliche Plattform für Frontline und Information Worker ermöglicht eine reibungslose abteilungsübergreifende Kommunikation. Neben der Technik sind auch die begleitenden Massnahmen zu prüfen. Dazu gehören Security, Change Management oder Schulungen. Zudem dürfen Unternehmen nicht vergessen, dass die Digitalisierung ein fortlaufender Prozess ist. So sollten sie klären, welche Vorteile die Technologie in zwei oder drei Jahren bietet. Der digitale Arbeitsplatz stellt eine organisatorische Herausforderung dar, wie auch unser White Paper zeigt. Hier kann ein erfahrener externer Berater wertvolle Unterstützung bieten.
CW: Lohnen sich die Kosten sowie der Schulungs­aufwand für die Einführung digitaler Arbeitsplätze für sämtliche Mitarbeitende in jedem Fall?
Heid: Natürlich sollte man den digitalen Arbeitsplatz nicht als Schuss ins Blaue einführen. Einerseits lässt sich ein konkreter Business Case auf Basis der Produktivitäts­potenziale errechnen. Andererseits gibt es auch zahl­reiche weiche Faktoren wie einen attraktiven Arbeitsplatz, um Fachkräfte zu bekommen und zu halten. Bei Information Workern ist er schon ein Muss, hier kommt es nur auf die richtige Ausgestaltung an. Bei Frontline Workern ist die Kostenfrage aufgrund der höheren Mitarbeiterzahl relevanter. Doch mithilfe von Shared Devices oder Bring Your Own Device lassen sich Kosten reduzieren. 



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