Digitalisierung 08.01.2019, 09:29 Uhr

SBB kappen mit Software Stromspitzen

Die SBB haben eine Software in Betrieb genommen, die Stromspitzen verhindern hilft. Wird im Bahnnetz zu viel Elektrizität gebraucht, schalten sich für kurze Zeit Zug- und Weichenheizung automatisch aus.
Die SBB produzieren selbst Strom. Durch eine Software werden nun Stromspitzen vermieden.
(Quelle: SBB)
Es ist 7.00 Uhr im Hauptbahnhof Zürich. In den nächsten zehn Minuten werden insgesamt 22 Züge in alle Himmelsrichtungen losfahren. Das gleiche Bild wie im HB Zürich zeigt sich an ganz vielen Bahnhöfen der Schweiz. Dank des Taktfahrplans – eingeführt 1982 – haben die Reisenden gute Anschlussverbindungen und Umsteigemöglichkeiten.
Der Taktfahrplan sorgt aber auch dafür, dass der Leistungsbedarf im Bahnstromnetz nach den vollen und halben Stunden schlagartig zunimmt. An kalten Tagen sorgen Zug- und Weichenheizungen für einen zusätzlichen Leistungsbedarf. Mit wachsendem Verkehrsaufkommen und immer leistungsfähigeren Zügen nimmt der maximale Leistungsbedarf weiter zu. Damit kommen die bestehenden Kraftwerke und Frequenzumformer (siehe Kasten) langfristig an ihre Leistungsgrenzen.

Smarter Leistungsbezug statt neue Anlagen

Um die Züge mit der nötigen Leistung versorgen zu können, setzen die SBB künftig auch auf eine Softwarelösung statt einzig auf zusätzliche Anlagen wie neue Frequenzumrichter. Konkret funktioniert die Software – die so genannte «Lastmanagement-Laststeuerung» – wie folgt: Sobald sich eine hohe Auslastung – im Fachjargon «Lastspitze» genannt – im SBB-Netz abzeichnet, werden Zug- und Weichenheizungen für bis maximal etwas 40 Sekunden automatisch ausgeschaltet. Der Energiebedarf der Heizungen wird so zeitlich verschoben – die Lastspitze also geglättet. Und das ganz ohne Auswirkung auf das Temperaturempfinden der Reisenden.
Glossar
Frequenzumformer
Normaler «Haushaltstrom» hat eine Frequenz von 50 Hertz (Hz). Der «Bahnstrom» hat eine Frequenz von 16,7 Hz – das ist historisch gewachsen. Die Wasserkraftwerke der SBB produzieren «Bahnstrom» mit 16,7 Hz. Der Energieverbrauch kann aber nicht zu jeder Zeit allein aus unserer Wasserkraft gedeckt werden. Deshalb kauft die SBB Energie aus dem «Landesnetz» zu und wandelt sie in den Frequenzumformern auf 16,7 Hz «Bahnstrom» um.

Laststeuerung nun im regulären Betrieb

Die SBB haben die Basisversion der Laststeuerung im vergangenen Winter auf Herz und Nieren geprüft. Die Grundfunktionen der Software haben den Angaben der Bahngesellschaft zufolge einwandfrei funktioniert. Darum startet nun im Januar 2019 der produktive Betrieb. Ab diesem Zeitpunkt können die ersten Weichen- und Wagenheizungen gesteuert werden.
Die SBB werden in den folgenden Jahren weitere Wagen und Weichen an die Laststeuerung anbinden. Bis 2023 soll demnach die ganze Flotte ausgerüstet sein. Damit werde Smart Grid – die intelligente Steuerung von Verbrauchern im Zusammenspiel mit der Stromerzeugung, und -speicherung – bei den SBB Realität, heisst es in einem Beitrag der Bundesbahnen.

Leistungsbedarf von 150'000 Haushalten

Mit der ersten Etappe des Lastmanagements haben sich die SBB zum Ziel gesetzt, bis 2023 die maximalen Lastspitzen um 70 Megawatt zu senken. Dies entspricht ungefähr dem durchschnittlichen Leistungsbedarf von 150'000 Haushalten. Gleichzeitig werde die Bahngesellschaft in den nächsten Jahren im Rahmen des Programms «smartrail 4.0» prüfen, ob auch die elektrischen Motoren der Lokomotiven und Triebfahrzeuge in ähnlicher Weise beeinflusst werden könnten, heisst es.
Vereinfacht gesagt: In Zukunft soll Lastmanagement die Antriebsleistung der Züge kurzfristig einschränken können ohne dass Züge dadurch verspätet werden.



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