Ausgezeichnetes Lebenswerk 07.06.2018, 14:56 Uhr

ETH-Physikerin erhält Preis für Laser-Technik

Die ETH-Physikerin Ursula Keller ist in Paris für ihre Forschung im Bereich ultraschnelle Laser mit dem Europäischen Erfinderpreis ausgezeichnet worden. Es ist Europas höchste Auszeichnung für Erfinder aus der ganzen Welt.
Ursula Keller wurde heute mit dem Europäischen Erfinderpreis in der Kategorie Lebenswerk ausgezeichnet.
(Quelle: EPO)
Seit 2006 zeichnet das Europäische Patentamt mit dem jährlich verliehenen Erfinderpreis Menschen aus, die mit ihren Ideen und ihrer Kreativität die Entwicklung von neuartigen Produkten massgeblich vorangetrieben haben. Zu den Ausgezeichneten gehört in diesem Jahr auch eine Physikerin der ETH Zürich: Ursula Keller, Professorin für Kurzzeitlaserphysik, wurde von der Jury in der Kategorie Lebenswerk für ihre Entwicklungen im Bereich ultraschnelle Laser ausgezeichnet.

Wegweisende Erfindung

Den Grundstein für ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeit legte Keller während ihrer Zeit bei den Bell Laboratories in den USA Anfang der 1990er-Jahre. Sie entdeckte dort, wie man kontinuierliches Laserlicht von dioden-gepumpten Festkörperlasern in ultraschnelle Laserpulse verwandeln kann. Mit der Sesam-Technologie (das Akronym steht für «semiconductor saturable absorber mirror») verhalf sie der Wissenschaft, der Industrie und der Medizin zu einem neuen Instrument, das bis dahin ungeahnt präzise Eingriffe ermöglichte.
Als erste Professorin am Departement Physik hat Keller ab 1993 das Sesam-Konzept kontinuierlich weiterentwickelt. Zusätzlich gelang es ihr, immer kürzere Laserpulse zu erzeugen bis nur noch ein bis zwei Lichtschwingungen im Laserpuls enthalten waren. Diese wenigen Lichtschwingungen waren allerdings von einem Puls zum nächsten nicht synchronisiert, was nun in der weiteren Nutzung wichtig wurde. Die Lösung dieses Problems führte zur Erfindung der genauesten Uhren der Welt: der «Atto-Uhr» und der optischen Uhr.

Vielfältige Anwendungen

Fast alle kurzgepulsten industriellen Lasersysteme sind heute mit der von Keller entwickelten Sesam-Technik ausgestattet. Sie werden beispielsweise eingesetzt, um extrem dünne Materialscheiben von wenigen Nanometern Dicke abzutragen oder heikle Augenoperationen durchzuführen. Ein grosser Vorteil der Technik ist, dass das umgebende Material von den kurzen, energiereichen Pulsen des Laserstrahls nicht erhitzt wird. Somit können auch temperaturempfindliche Materialien mit diesen Lasern bearbeitet werden.
Dass es sich dabei nicht nur um Nischenanwendungen handelt, verdeutlichen die Zahlen des Europäischen Patentamts: Der globale Markt für ultraschnelle Laser belief sich 2017 auf 2,17 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von rund einem Fünftel am Gesamtmarkt für Lasersysteme. Das Patentamt erwartet, dass sich dieses Marktfeld bis 2023 auf 8,3 Milliarden Euro ausdehnen wird.
Keller und später auch Studierende von ihr haben basierend auf den von ihrer Gruppe entwickelten Technologien verschiedene Spin-off-Firmen gegründet, die sich etablieren konnten. Doch die ultraschnellen Laser von Keller sind nicht nur für die Industrie von grossem Interesse, sondern auch für die Grundlagenforschung.
Ihre laserbetriebene Atto-Uhr etwa misst Zeitintervalle mit einer Genauigkeit von wenigen Milliardsteln eines Milliardstels einer Sekunde (10-18 Sekunden), d.h. mit einer Genauigkeit von Attosekunden. Die Atto-Uhr basiert auf der zirkularen Polarisation des Laserlichts. Da sich der Laserfeldvektor in nur etwa 1000 Attosekunden um 360 Grad dreht, hat man eine extrem genaue Stoppuhr, weil sich der Uhrenzeiger so schnell dreht. Mit der Atto-Uhr konnte die Physikerin zum ersten Mal die sogenannte Tunnelzeit direkt messen, ein fundamentaler quantenphysikalischer Vorgang, der überall in der Natur vorkommt, theoretisch aber immer noch zur Debatte steht.
Die optische Uhr hingegen nutzt die lineare Polarisation und die hohe Schwingungsfrequenz von mehreren 100 Terahertz der kurzgepulsten Laser. Damit kann die Zeitmessung im Vergleich zur Atomuhr nochmals um vier Grössenordnungen verbessert werden. Damit, so hofft die Physikerin, lässt sich in Zukunft auch überprüfen, ob unsere physikalischen Naturkonstanten wirklich konstant sind.
Dieser Artikel stammt ursprünglich von ETH-News.



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