Office 365
06.07.2011, 17:46 Uhr
neue Möglichkeiten für Entwickler
Seit kurzem ist Office 365 offiziell erhältlich. Damit stehen die Kernfunktionalitäten von Microsoft Office, Exchange Server, SharePoint Server und Lync im Rahmen einer Cloud-Plattform sowohl grossen Organisationen als auch KMUs und Einzelpersonen zur Verfügung. Auch für Entwickler bietet Office 365 interessante Möglichkeiten.
Ein mögliches Missverständnis muss gleich zu Beginn geklärt werden. Office 365 ist keine Web-Version des hinlänglichen bekannten Microsoft Office-Pakets. Die komplette Funktionalität eines Excel oder Word online anbieten zu wollen würde die heutigen Möglichkeiten von HTML und JavaScript vermutlich um einiges übersteigen, von der Performance und der Frage nach dem Sinngehalt einmal abgesehen. Office 365 ist der Sammelname für eine Gruppe von Online-Diensten bestehend aus Exchange Online, SharePoint Online, Lync Online sowie, je nach gebuchtem Paket, einem Office 2010 Professional, das von Microsoft auf Leihbasis zur Verfügung gestellt wird. Ergänzt werden diese Online-Dienste durch die Web Apps, durch die die Basisfunktionalität eines Excel oder Word im Browser zur Verfügung gestellt wird. Ausgangspunkt im Web ist das Office 365-Portal unter office365.ch. Hier erhält man eine Übersicht über die verschiedenen Pakete und kann ein solches entweder kaufen oder erst einmal unverbindlich testen. In der Einstiegskategorie P1, das auf die Bedürfnisse von Freiberuflern und KMUs mit bis zu 50 Benutzern zugeschnitten ist, ist Office 365 bereits für eine monatliche Gebühr von 8 Franken zu haben. Office 365 stellt eine Fülle an Möglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören grundlegende E-Mail-Funktionalitäten via Exchange Online, Dokumentablage, Terminkalender und verschiedene Formen der Zusammenarbeit über SharePoint Online und moderne Kommunikationsformen wie Messenger-Funktionalitäten und Video-Konferenzen über Lync Online. Die (aus der Sicht von Microsoft) spektakulärsten «Zutaten» sind die Web Apps Excel, OneNote, PowerPoint und Word. Sie markieren einen historischen Einschnitt, denn zum ersten Mal stellt Microsoft Teile seines Office-Pakets über das Web zur Verfügung und nimmt damit einen möglichen Umsatzrückgang bei einem seiner umsatzstärksten Produkte in Kauf.
Administration über SharePoint Designer und PowerShell
Administriert werden einzelne Bereiche von Office 365, wie SharePoint Online oder Exchange Online, entweder über eine vertraute Webschnittstelle, über den SharePoint Designer 2010 oder in der Befehlszeile per PowerShell im Rahmen einer Remote-Session. Speziell für die Benutzerverwaltung eines Office 365-Portals stellt Microsoft unter dem Namen ?Microsoft Online Services Modul? seit kurzem ein PowerShell-Modul zur Verfgung, das mehrere Dutzend Cmdlets für die Verwaltung von Usern, Gruppen und Domains umfasst.
Möglichkeiten für Entwickler
Für Office 365 zu entwickeln bedeutet in erster Linie mit Visual Studio2010 Erweiterungen für SharePoint 2010 zu entwickeln. Diese müssen als sog. Sandboxed Solutions konzipiert werden, damit sie auf einem gehosteten SharePoint 2010-Server betrieben werden können. Sandboxed-Solutions unterliegen gewissen Sicherheitseinschränkungen, es gibt z.B. keinen direkten Zugriff auf das lokale Dateisystem, bieten aber ansonsten alle Möglichkeiten, die z.B. eine Erweiterung vom Typ WebPart allgemein zu bieten hat. Zwar gibt es bei Visual Studio (noch) keine Projektvorlagen für ?Sandboxed Solutions?, im Rahmen der ?Visual Studio 2010 SharePoint PowerTools?, die über die Visual Studio Gallery angeboten werden, steht immerhin eine Vorlage für ein Sandboxed WebPart zur Verfgung[2]. Dank Silverlight kann ein WebPart gegenüber einer auf HTML, CSS und JavaScript basierenden Oberfläche deutlich erweiterte Möglichkeiten der Benutzerinteraktion anbieten. Läuft die Silverlight-Anwendung im Out Of Browser-Modus (OOB), kann eine Office 365-Erweiterung eine komfortable, benutzerspezifische Oberfläche direkt auf dem Desktop des Benutzers anbieten (Voraussetzung ist natürlich, dass Silverlight auf der Plattform unterstützt wird, was z.B. auf einem iPad bekanntlich nicht der Fall ist).
Starterkit von Microsoft
Als Starthilfe für Entwickler, die zunächst eine grobe Orientierung wünschen, stellt Microsoft das Office 365 Trainingskit zur Verfgung [3]. Es umfasst eine Reihe von PowerPoint-Vorträgen und Labs, in denen Erweiterungen für SharePoint und Lync umgesetzt werden.
Individuelle Online-Dienste über Partner
Microsoft vertreibt Office 365 sowohl direkt als auch über Partner. Diese können auf der Basis von Sandboxed Solutions für SharePoint 2010 eigene Funktionalitäten entwickeln und als Zusatzdienste anbieten. Ein dieser Partner ist die deutsche MindBusiness GmbH, die eine Reihe von SharePoint Apps auf der Basis von Silverlight für die Projektplanung anbietet [4]. Das Hinzufügen von Lösungen zu den Office 365-Basisdiensten könnte für ISVs in Zukunft ein attraktives Geschäftsfeld eröffnen. Office 365 markiert bei Microsoft den Beginn einer neuen Ära. Viele Office-Funktionalitäten, die bislang auf jedem Arbeitsplatz einzeln installiert werden mussten, werden in Zukunft wie selbstverständlich über einen Online-Service bezogen werden. Über 1 Milliarde User von Microsoft Office (Quelle: Microsoft) haben damit die Wahl, ob sie ihre Anwendungen weiterhin traditionell oder über das Web benutzen wollen. Da Microsoft auch in der neuen Services-Welt auf ein Partnermodell setzt, erhalten Entwickler die Möglichkeit mit ihrem erworbenen Know-how am Erfolg der neuen Plattform zu partizipieren.
Peter Monadjemi