Auf einen Kaffee mit Sandra Tobler 19.11.2020, 18:30 Uhr

«Mein liebstes Gadget ist meine Bassgitarre»

Sandra Tobler ist CEO des Start-ups Futurae Technologies. Im persönlichen Interview spricht die Unternehmerin über die Vor- und Nachteile, in der Schweiz ein Tech-Start-up zu gründen, ihre Vorliebe für Baklava sowie ihr Interesse für die Walforschung.
(Quelle: Female Innovation Forum 2020)
Computerworld: Sie wurden als Innovatorin des Jahres ausgezeichnet. Der Award bedeutet Ihnen ...
Sandra Tobler: Der Preis ist Anerkennung für mein gesamtes Team und zeigt, dass es eben doch möglich ist, weltführendeIT-Sicherheit aus der Schweiz für einen globalen Markt zu bauen. Wir haben knapp vier sehr strenge Jahre hinter uns. Die Auszeichnung ist nun ein kurzer Moment innezuhalten und stolz darauf zu sein, wie viele lokale und internationale Firmen bereits mit unseren Authentisierungslösungen für ihre Kunden arbeiten.
CW: Diese Innovation hat Sie zuletzt beeindruckt ...
Tobler: Die Gene-Editing-Technik (Crispr). Sie eröffnet ganz neue Möglichkeiten, um künftig beispielsweise Erbkrankheiten zu adressieren.
CW: Wenn Sie nochmal ein Start-up gründen, dann in diesem Bereich ...
Tobler: In der IT-Sicherheit respektive im Datenschutz. Hier gibt es noch so viel zu tun. Es wäre neben dem B2B-Markt aber auch spannend, mal ein Produkt im Consumer-Bereich der IT-Sicherheit zu lancieren.
CW: Die Vorteile, in der Schweiz ein Tech-Start-up zu gründen, sind ...
Tobler: Wir haben ein tolles Ausbildungssystem, vom praxisorientierten dualen Bildungssystem bis zu den Fachhochschulen und eidgenössischen Hochschulen, die in Computer Science weltweit in der Top-Liga mitspielen. Ebenso haben wir eine kritische Masse an interessanten Industrien auf dem Heimmarkt, die etwa nach IT-Sicherheitslösungen suchen (von internationalen Grossfirmen bis zum KMU).
CW: Die Nachteile wiederum sind ...
Tobler: Wir haben in der Schweiz keine «Early Adopter»-Mentalität von Entscheidungsträgern, mit lokalen Start-ups zusammenzuarbeiten. Es wird oft erst im Ausland nach Innovationen gescoutet. Wir tendieren in der Schweiz dazu, immer erst alles kleinzureden, was zu Hause passiert, anstatt neue Ideen und Talente zu befähigen und darauf stolz zu sein, wie dies an anderen Orten der Welt passiert. So sind junge IT-Firmen schnell gezwungen, erst ins Ausland zu gehen, bevor sie Kunden zu Hause finden. Wir haben hierzulande auch ein sehr hohes Lohnniveau. Gegenüber Salären der Finanzindustrie oder Salären von internationalen Techkonzernen können Start-ups schlichtweg nicht mithalten, um die hart umkämpften IT-Spezialisten zu umwerben. Ebenso haben wir noch keine «Serial Enterpreneurs» im grösseren Stil, die etwa bereits internationale IT-Sicherheitsfirmen im B2B-Segment aufgebaut haben, von deren Wissen die nächste Generation profitieren könnte.
CW: Dem Innovationsland Schweiz wünschen Sie ...
Tobler: Dass wir auf unsere eigenen Errungenschaften stolz sind. Dass wir uns gegenseitig stärker unterstützen und befähigen, anstatt neuen Ideen gegenüber skeptisch zu sein. Gerade für junge Firmen sind kleine Gesten, wie Vorstellungen innerhalb der Organisation vor den richtigen Entscheidern, manchmal Gold wert.

Das Team als Motivation

CW: Sie kommen morgens gerne ins Büro, weil ...
Tobler: Wir das tollste Team haben und ich jeden Tag gerne an Sicherheitslösungen für die Zukunft arbeite.
CW: In diesen Social Networks sind Sie unterwegs ...
Tobler: Geschäftlich trifft man mich auf LinkedIn, Twitter und Facebook.
CW: Ihre grösste Tugend ...
Tobler: Hartnäckigkeit! Ich glaube, die benötigen alle in der IT, die Dinge bewegen möchten.
CW: Ihr grösstes Laster ...
Tobler: Ich bin sehr ungeduldig, aber auch Süssigkeiten wie Schoggi oder Baklava.
CW: An der Bar bestellen Sie ...
Tobler: Old Fashioned.
CW: Mit dieser berühmten Person würden Sie sich gerne einmal unterhalten ...
Tobler: Ada Lovelace, Alan Turing oder Jimmy Hendrix, weil sie alle Pioniere in Bereichen sind, die ich liebe: Computer Science und Rock.
CW: Ihr liebstes Gadget ...
Tobler: Meine Bassgitarre.
CW: Sie haben drei Wünsche frei. Diese lauten ...
Tobler: Dann wünsche ich mir eine Zeitmaschine, dass ich fliegen kann sowie allgemeines Glück, Gesundheit und Frieden – okay, dass sind jetzt fünf Wünsche [lacht].
CW: Die Top 3 Ihrer Bucket-List lauten...
Tobler: Zu den Azoren segeln, in Polynesien wandern und mit Grönlandwalen schwimmen.
CW: Ihr Lieblingsessen...
Tobler: Dumplings.
Zur Person
Sandra Tobler
wuchs in Zürich auf und studierte an der Univer­sität Genf Internationale Beziehungen, Business und IT. Sie arbeitete mehrere Jahre für IBM, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten und Switzerland Global Enterprise in Zürich und San Francisco. 2016 gründete sie zusammen mit zwei Sicherheitsforschern Futurae Technologies. Das ETH-Spin-off sichert europaweit Kundenportale, E-Banking, Mobile Banking und Transaktionen ihrer Kunden.

Ausgleich, «The Social Dilemma» und Quantum Computing

CW: Wenn Sie nicht arbeiten, dann...
Tobler: Schlafe ich, mache Sport, lese oder treffe Freunde.
CW: Zu Hause ist...
Tobler: Zürich und etwas Genf, Stockholm und San Francisco.
CW: Diesen Film haben Sie zuletzt gesehen...
Tobler: «The Social Dilemma». Der Film lehrt nichts fundamental Neues für Leute, die sich schon länger mit Datenschutz befassen. Ich fand die Art und Weise, wie Algorithmen personifiziert und das Thema für eine breite Masse aufbereitet wurde, sehr gut gemacht.
CW: An IT fasziniert Sie...
Tobler: Dass alle wichtigen gesellschaftlichen Bereiche von deren Fortschritten profitieren, etwa in der Medizin, Mobilität, Finanzwirtschaft etc.
CW: Wenn Sie nicht bei Ihrer jetzigen Firma arbeiten würden, käme folgender Job infrage...
Tobler: Ich würde sicherlich in der IT eine andere Firma aufbauen. Wenn es etwas Industriefremdes sein soll: Meeresbiologin, weil ich mich schon immer für Walforschung interessiert habe.
CW: Das nächste grosse Ding in der IT ist...
Tobler: Quantum Computing, weil es neue Möglichkeiten in der IT schafft, aber auch einige riesige Herausforderungen mit sich bringt.
CW: Ihr Vorbild ist...
Tobler: Es gibt ganz viele tolle Personen, die mich in meiner Karriere begleitet und beeinflusst haben zum Beispiel bei meiner Zeit bei IBM. Ich bin selber aber auch aus einer Unternehmerfamilie, wo mir Unternehmerin zu sein, vorgelebt wurde.
CW: Ihr Tipp für eine Auszeit...
Tobler: Es kommt gar nicht so darauf an, wo man ist, solange man sich mit neuen spannenden Leidenschaften beschäftigen kann. Ich würde wohl Musik machen oder irgendwo auf dem Meer Walforschung betreiben oder segeln.
Mehr über den Werdegang von Sandra Tobler und die Hintergründe zu Futurae Technologies können Sie übrigens im Porträt aus unserer letztjährigen Juni-Ausgabe «Wir sind die Schweizer ICT» nachlesen. Zu finden ist es unter diesem Link.



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