Im Office von Marco Ravelli 04.04.2022, 06:10 Uhr

«Um Ideen umzusetzen, stehe ich vom Pult auf»

Marco Ravelli ist General Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz des IT-Dienstleisters Fincons Group. Im Interview gewährt er Einblick in seinen Arbeitsalltag und spricht über anstehende Projekte.
Marco Ravelli in seinem Büro
(Quelle: Fincons Group)
Computerworld: Wie starten Sie in den Tag?
Marco Ravelli: Mein Tag beginnt mit dem Aufwachen um 5:45 Uhr, einer Dusche und einem Kaffee. Um 6:15 Uhr ­betrete ich das Büro. Erst dort – und nicht schon zu Hause oder auf dem Weg – beginne ich, meine E-Mails zu lesen.
CW: Büro oder Home Office? Wo arbeiten Sie lieber?
Ravelli: Ich bevorzuge definitiv die dynamische Atmosphäre im Büro, wo ich direkt mit meinen Kollegen und Mitarbeitenden zu tun habe und meine Arbeit besser organisieren kann. Ich finde es jedoch sehr nützlich, von zu Hause aus zu arbeiten, wenn ich mich auf Aufgaben konzentrieren muss, die viel Aufmerksamkeit erfordern, wie zum Beispiel Budgets oder Strategiepapiere. Ein eigener Büroraum in meinem Haus ist definitiv ein grosser Vorteil, da ich dort die richtige Konzentration für diese Art von Tätigkeit finden kann.
CW: Sind Sie eher ein Auto- oder ein ÖV-Fan? Mit welchem Verkehrsmittel fahren Sie morgens ins Geschäft?
Ravelli: Ich reise gerne mit dem Auto und dem Zug. Das Auto gibt mir die Flexibilität, mich leicht fortzubewegen und täglich Kunden zu treffen. Aber ich reise auch viel mit dem Zug, vor allem für Sitzungen in der deutschen oder französischen Schweiz.
CW: Was machen Sie zuerst im Büro?
Ravelli: Ich komme früher als alle anderen ins Büro. Das gibt mir die Möglichkeit, mir einen ruhigen Moment zu gönnen, in dem ich meine E-Mails abrufe und meine Agenda für den Tag plane, wobei ich den Rest der Woche im Blick habe. Ich aktualisiere meine Aufgabenliste und definiere meine Prioritäten für den Tag.
CW: Einzelbüro oder Open Space?
Ravelli: Einzelbüro. Für mich ist es mehr als eine Vorliebe, es ist eine Notwendigkeit, die sich aus der Sensibilität der Themen ergibt, mit denen ich mich befassen muss. Dabei geht es um die vertraulichen Informationen der Kunden und unseres Unternehmens bis hin zu den persönlichen Informationen der Mitarbeitenden. Allerdings herrscht in meinem Büro in der Regel keine unterwürfige Stille, sondern ein reges Treiben von Menschen, die ein und aus gehen, um Ideen und Projekte mit mir zu teilen.

Tagesplanung

CW: Wie planen Sie Ihren Tag?
Ravelli: Eines meiner wichtigsten Planungsinstrumente ist die To-do-Liste, die ich strikt handschriftlich führe, damit ich Prioritäten markieren und verschieben kann. Selbst wenn ich sie morgens aufschreibe, aktualisiere ich sie im Laufe des Tages, im Restaurant, im Zug, wo auch immer. Meine Tage sind immer sehr voll und ich bin viel unterwegs, sodass ich die Liste sehr oft überarbeite.
CW: Welche Tools sind essenziell für Ihren Job?
Ravelli: Alle kollaborativen Tools wie Outlook, Teams, das Internet für Recherchen und natürlich mein Mobiltelefon: Alles sehr wichtige Werkzeuge, um mit Kollegen und Kunden in Verbindung zu bleiben. Ich nutze LinkedIn auch häufig, um mich zu vernetzen und über die Veränderungen in meinem Umfeld auf dem Laufenden zu bleiben.
“Die To-do-Liste als wichtigstes Planungsinstrument führe ich strikt handschriftlich„
Marco Ravelli
CW: Gibt es etwas, das Ihnen noch fehlt?
Ravelli: Aus technischer Sicht bin ich voll zufrieden. Wenn Sie einen Weg finden, den Tag um ein paar Stunden zu verlängern, lassen Sie es mich wissen!
CW: Zu welcher Musik arbeiten Sie am besten?
Ravelli: Ich ziehe es vor, im Stillen zu arbeiten.
CW: Was ist Ihr bevorzugter Kommunikationskanal?
Ravelli: Das hängt natürlich von der Art der Kommunikation und dem Gesprächspartner ab. Ich bin ein kontaktfreudiger Mensch. Daher bevorzuge ich persönliche Kontakte, die den Grundstein für persönliche, solide und dauerhafte Beziehungen legen. Für die alltägliche Kommunikation sind jedoch E-Mail oder Telefon ausreichend.
CW: In wie vielen Meetings sitzen Sie pro Woche?
Ravelli: In einer typischen Woche nehme ich an mehreren Dutzend Sitzungen teil, sowohl (wenn möglich) persönlich als auch digital. Davon sind fünf bis zehn in der Regel mit Kunden und der Rest sind interne Abstimmungsgespräche, Kick-off- oder Update-Meetings.

Die grösste Herausforderung

CW: Was ist die grösste Herausforderung in Ihrem Job?
Ravelli: In dieser von Hektik, ja sogar Überforderung geprägten Phase der Geschichte ist die Time-to-Market die wichtigste Herausforderung. Der Druck auf unsere Kunden ist gross und so müssen auch wir Lösungen in einem Tempo auf den Weg bringen, das früher undenkbar war. Um unsere Kunden bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen zu unterstützen, stellen wir sicher, dass wir immer wettbewerbsfähige Zeitpläne anbieten.
CW: Wie vermeiden Sie Produktivitätskiller?
Ravelli: In jedem Unternehmen gibt es meiner Meinung nach drei Schlüsselprinzipien, um Produktivitätskiller zu besiegen, und das sind:
  1. Klarheit der Ziele
  2. Durchdachte und richtige Prioritätensetzung
  3. Schaffung eines starken Teams
Wer diesen Grundsätzen strikt folgt, erreicht meiner ­Meinung nach automatisch eine hohe Produktivität.
CW: Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Ravelli: Ich glaube, meinen Führungsstil könnte man als «demokratisch» bezeichnen. Ich möchte ein offenes und konstruktives Umfeld anregen, in dem Austausch und Meinungen gesucht und geschätzt werden. Gleichzeitig versuche ich, ein Gleichgewicht zu wahren zwischen freiem Feedback sowie klarer und transparenter Führung bei den einmal festgelegten Zielen.
CW: Wie lautet Ihr Arbeitsmotto?
Ravelli: Wenn Sie mein Büro betreten würden, könnten Sie sofort mein berufliches Motto erkennen: Natürlich gibt es ein Pult, aber auch viel freien Raum. Ich habe zwar viele Ideen im Sitzen, aber nur wenn ich aufstehe und hart arbeite, kann ich sie auch umsetzen.
CW: Auf welche Eigenschaften Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten Sie besonders?
Ravelli: Die Eigenschaften, die ich bei meinen Mitarbeitenden am meisten schätze, sind Kompetenz, Flexibilität und Fairness, sowohl untereinander als auch gegenüber den Kunden sowie dem eigenen Unternehmen. Vor allem aber erwarte ich von ihnen, dass sie die Arbeitsethik der Fincons Group teilen.
CW: Die Komplexität der IT steigt. Laufend kommen Technologien und Einsatzszenarien hinzu. Wie halten Sie sich und Ihre Mitarbeiter auf dem neusten Stand?
Ravelli: Bei der technologischen Komplexität der heutigen Welt wäre es utopisch, sich vorzustellen, mit allem auf dem Laufenden bleiben zu können. Dies gilt umso mehr für ein Unternehmen, das in so vielen Sektoren und Ländern tätig ist wie die Fincons Group. Deshalb verfüge ich über Expertenteams in den verschiedenen technologischen Bereichen und in den Sektoren, in denen wir tätig sind. Sie helfen uns, Trends richtig zu interpretieren. Zudem nehmen wir alle an Weiterbildungen teil, die ein Eckpfeiler der Werte der Fincons Group sind. Weiter lese ich Fachmedien, um auf dem Laufenden zu bleiben.
CW: Inwieweit spüren Sie den Fachkräftemangel in der ICT und was unternehmen Sie dagegen?
Ravelli: Wir sind leider nicht immun gegen dieses Phänomen, aber bei der Fincons Group können wir uns auf zwei Schlüsselpunkte verlassen: Die kontinuierliche Investition in die Ausbildung junger Menschen mit der Fincons Academy, die neuen Absolventen in MINT-Fächern eine spezialisierte Ausbildung und eine Einführung in die Arbeitswelt bietet. Und die ständige Aktivität unseres grossen Teams von Personalvermittlern, die auf die Auswahl von qualifiziertem Personal spezialisiert sind.
CW: Wie fördern Sie Diversität im Unternehmen? Wie hoch ist der Anteil weiblicher Fachkräfte und von über 50-Jährigen in Ihrem Betrieb?
Ravelli: Die Fincons Group ist ein Familienunternehmen und wir fördern die Vielfalt, indem wir auf unseren menschlichen Werten aufbauen. Wir wählen den idealen Kandidaten unabhängig von Alter und Geschlecht aus. Die Ausbildungsanstrengungen für Hochschulabsolventen tragen dazu bei, dass immer mehr Frauen in die Welt der IT einsteigen. Derzeit haben wir 20 Prozent Frauen und 25 Prozent Senior-Profile im Unternehmen.
CW: Welches ist Ihr nächstes Projekt?
Ravelli: Seit Kurzem bin ich auch für den Ausbau der Geschäfte der Fincons Group in Deutschland und Österreich verantwortlich. Mit viel Energie und Enthusiasmus bereite ich mich darauf vor, neue Projekte in diesen Märkten auf den Weg zu bringen und dabei das Fachwissen sowie das Know-how der Gruppe zu nutzen.
Zur Person
Marco Ravelli
stiess nach mehrjähriger Tätigkeit bei einer der wichtigsten Tessiner Banken 1998 als Product Manager zur Fincons Group in die Niederlassung in Lugano. Im Laufe der Jahre konnte er verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen, sodass er 2004 zum Swiss Territory Manager ernannt und gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrats der Gruppe wurde. Heute ist Ravelli der General Manager für DACH (Deutschland, Österreich und die Schweiz). In der Region sind rund 500 Mitarbeitende beschäftigt, die zuletzt einen Umsatz von knapp 70 Millionen Franken erwirtschaftet haben. www.finconsgroup.com


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