Häseli sagt
11.09.2023, 09:40 Uhr
Es braucht Chefs, die man spürt
Ein CEO eines erfolgreichen Unternehmens möchte, dass alle Mitarbeiter seine Präsenz spüren. Da diese jedoch dezentral arbeiten, muss er sich etwas einfallen lassen.
Experte für Kommunikation: www.atelier-ct.ch
(Quelle: Stefan Häseli)
Bei einer Podiumsdiskussion durfte ich neulich einen CEO und Inhaber eines äusserst erfolgreichen Unternehmens aus dem Ausland interviewen. Er sagte: «Wissen Sie, es ist bei uns schwierig, alle Mitarbeitenden zu erreichen. Ich möchte aber schon, dass mich alle spüren.» Auf die Frage, warum das schwierig sei, meinte er: «Die sind alle dezentral unterwegs – ich sehe sie fast nie am Hauptsitz. Zudem sind es sehr unterschiedliche Berufsgruppen.» Er rufe deshalb unter anderem alle Mitarbeitenden, die einen 5er-Geburtstag (25, 30, 35 …) feiern, persönlich an. Bei 3600 Mitarbeitenden bedeute dies, schön verteilt übers Jahr, mindestens zwei bis drei solcher Telefongespräche pro Tag.
Auf mein «Das ist aber ganz schön aufwendig» entgegnete er: «Wir haben sehr viel Geld in modernste Infrastrukturen investiert. Das ist gut für die Prozesse. Für die Führungskultur brauche ich dagegen ein permanentes Investment, um den persönlichen Kontakt so gut wie möglich pflegen zu können. Dafür nehme ich mir die Zeit. In disruptiven Zeiten brauchen die Leute einen Chef, den man spürt. Nur wen man spürt, dem kann man vertrauen.»
Das fasst schon vieles aus der Sicht eines Praktikers zusammen. Neue Arbeitswelten dürfen sich nicht auf architektonisch raffiniertes Bürodesign, den Aufbau einer gemeinsamen IT-Landschaft oder ein umfassendes Ablagesystem auf OneNote beschränken. In Zeiten, in denen alles drunter und drüber geht, wo Verunsicherung durch die Räume weht und wo viele nicht ständig am Hauptsitz arbeiten, nimmt die Anforderung an die persönliche Kommunikation enorm zu. Wenn also ein einfacher Mitarbeiter beispielsweise 40 Jahre alt wird, erhält er einen Anruf des Chefs. Und nicht nur ausnahmslos jeder Mitarbeitende freut und bedankt sich für diese Aufmerksamkeit, sondern sehr oft entstehen auch wertvolle Gespräche – weil man sich über viele Hierarchiestufen hinweg spürt.