Comparis-Umfrage 15.03.2021, 08:07 Uhr

«Einen nachhaltigen Home-Office-Boom sehe ich nicht»

Die vom Bund verordnete Home-Office-Pflicht als Massnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat die Heimarbeit nur leicht ansteigen lassen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Comparis.
(Quelle: Comparis)
In der Schweiz gilt seit dem 18. Januar 2021 für alle Arbeitgeber die Pflicht, Home Office anzuordnen, wo das möglich ist. Doch einer Untersuchung des Online-Vergleichsdiensts Comparis.ch zufolge hat dies nur leichte Auswirkungen auf die Anzahl Heimarbeiterinnen und -arbeiter.
Denn laut Studie arbeiten nur 50,9 Prozent der Erwerbstätigen mehr als einen halben Tag pro Woche zuhause. Das sind nur knapp 9 Prozentpunkte mehr gegenüber 2019 (42,2 Prozent der Erwerbstätigen). Und der Anteil der Erwerbstätigen, die mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit daheim verbringen, ist nur um 16 Prozentpunkte angestiegen (37,3 gegenüber 21,4 Prozent). Das gelte für alle Sprachregionen, stellt Comparis fest.
«Diese Zahlen belegen, dass nach wie vor viele zur Arbeit pendeln», sagt Comparis-Immobilienexperte Frédéric Papp. Das zeige auch das Mobilitäts-Monitoring Covid-19 von Intervista. Der Anteil der zu Arbeitszwecken zurückgelegten Mobilität ist trotz Home-Office-Pflicht deutlich höher als während des ersten Lockdowns ohne Home-Office-Pflicht. «Das hat auch damit zu tun, dass im Vergleich zum ersten Lockdown in der zweiten Welle deutlich mehr Bereiche offen haben», so Papp.

Mehr Home Office bei Gebildeten, Wohneigentümern und hohen Einkommen

Ein klarer Graben zeige sich bei der aktuellen Home-Office-Pflicht bezüglich sozioökonomischer Faktoren, legt die Untersuchung weiter dar. Der Anteil der aktuell 90 bis 100 Prozent Home-Office-Arbeitenden ist signifikant höher bei Personen mit hoher Bildung im Vergleich zu Personen mit niedrigem und mittlerem Bildungsgrad (26 Prozent gegenüber 10,5 Prozent). Ein ähnliches Bild zeige sich bei den Einkommen: Personen mit einem Brutto-Haushaltseinkommen von über 8000 Franken arbeiten eher zu 90 Prozent oder mehr von zuhause aus als Personen zwischen 4000 und 8000 Franken oder bis 4000 Franken Einkommen (25,6 vs.14 Prozent und 11,9 Prozent).
Quelle: Comparis
Die Wohnverhältnisse wirken sich gemäss Studie ebenfalls auf das Arbeiten von zuhause aus. Der Anteil der Personen, die 90 bis 100 Prozent der Arbeitszeit daheim verrichten, ist bei Besitzenden von Wohneigentum deutlich höher als bei Mieterinnen und Mietern (24,8 vs. 16,6 Prozent). «Gut ausgebildete Personen mit hohen Einkommen können ihren Arbeitsalltag in der Regel flexibler gestalten und sind somit weniger abhängig von einem fixen Arbeitsplatz», erklärt Papp.

Viele machen gar kein Home Office

Gar nicht im Home Office arbeiten derzeit 45,9 Prozent der Befragten. Dieser Anteil ist nur wenig kleiner als vor der Corona-Pandemie mit 51,6 Prozent. Es sind auch hier überwiegend Personen mit niedrigem und mittlerem Bildungsniveau (60 vs. 32,1 Prozent) und Einkommen von bis 4’000 Franken oder 4’000 bis 8’000 Franken (53,7 und 51,9 vs. 35,5 Prozent). Es zeigt sich auch ein Gender-Gap bei den Geschlechtern. Frauen arbeiten deutlich häufiger am Arbeitsplatz als Männer (40,4 vs. 51,9 Prozent). «Frauen arbeiten im Vergleich zu Männern eher in Teilzeit und in Berufen, die eine physische Präsenz erfordern», erklärt Papp.

Kaum Auswirkungen auf den Büro-Immobilienmarkt

Comparis hat auch die Personen, die 2019 oder 2021 Arbeitszeit im Home Office zubrachten, nach ihrem künftigen Anteil an Heimarbeit nach der Corona-Pandemie befragt. Demnach schätzen gut 60 Prozent, dass sie auch nach dem Lockdown mindestens einen halben Tag pro Woche im Home Office verbringen werden. Rund ein Viertel rechnet damit, mindestens die Hälfte der Arbeitszeit daheim zu leisten und gut 20 Prozent sehen ihren Home-Office-Anteil bei unter 10 Prozent. «Diese Schätzwerte liegen im Vergleich zu den erhobenen Home-Office-Anteilen für 2019 zwar höher. Daraus einen nachhaltigen Home-Office-Boom abzuleiten, ist aber übertrieben», sagt Papp.
Quelle: Comparis
Diesen Trend bestätigt auch die bei den Arbeitgebern durchgeführte Credit-Suisse-Umfrage «Schweizer KMU: Flexible Reaktion auf die Coronakrise». Demnach beabsichtigt zwar ein Drittel der KMUs, nach der Pandemie «etwas» mehr Home Office zu ermöglichen. Aber deutlich weniger als 10 Prozent wollen ihr Angebot «deutlich» ausbauen.
Vor diesem Hintergrund seien auch die in den vergangenen Monaten geäusserten Prognosen, wonach Büroliegenschaften künftig vermehrt leer stehen, zu relativieren, so der Comparis-Immobilienexperte.





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