Elektrifizierung 04.09.2025, 17:36 Uhr

ABB treibt Wandel in der maritimen Industrie voran

Der Technologiekonzern ABB will von der Elektrifizierung und Automatisierung in der Seefahrt profitieren. Für Auftrieb sorgen dabei unter anderem Motoren für Kreuzfahrtschiffe und automatisierte Hafenkräne.
(Quelle: ABB)
"Gerade material- und energieintensive Industrien müssen energieeffizienter und nachhaltiger werden", sagte Peter Terwiesch auf einer von ABB organisierten Werksbesichtigung in Helsinki. Er leitet seit 2015 die Geschäftseinheit Prozessautomation, die verschiedene Industrien automatisiert, elektrifiziert und digitalisiert.
Die Prozessautomation ist eine von vier Geschäftseinheiten von ABB und generierte zuletzt gut ein Fünftel des Jahresumsatzes von rund 33 Milliarden Dollar. Im Weltmarkt ist die Einheit die Nummer zwei. Ihre beiden grössten Märkte sind die Bereiche Bergbau, Metalle, Zellstoff und Papier mit einem Anteil von 25 Prozent sowie Marine und Häfen mit 22 Prozent.

Automatisierte Hafenkräne für Containerterminals

Für die Schifffahrt optimiert das Schweizer Unternehmen beispielsweise die Energieflüsse auf Passagier- oder Frachtschiffen. Für Containerterminals bietet ABB Automatisierungslösungen für Hafenkräne an.
"So muss kein Mitarbeiter mehr im Führerraum in der Kälte oder Hitze ausharren", betonte Terwiesch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Er könne die Krananlagen stattdessen komfortabel von einem Operator-Raum aus steuern. Das spare nicht nur Ressourcen - ein Operator könne mehrere Anlagen betreiben -, sondern steigere auch die Attraktivität des Jobs.
Laut ABB wächst der Hafenbereich in erster Linie mit dem Welthandel. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten und Fachkräfte sind effiziente Abläufe daher besonders wichtig.

Motoren so gross wie ein Einfamilienhaus

Aber auch der Schiffbereich ist ein wichtiger Treiber. Als Ankerprodukt gelten bei ABB die Azipod-Motoren. Dieses 360-Grad-Schiffsantriebssystem produziert der Konzern seit Jahrzehnten.
Bisher hat ABB rund 800 elektrische Antriebe auf mehr als 350 Schiffen unterschiedlichster Typen eingebaut oder in den Auftragsbüchern. Sie erlauben es, Schiffe energieeffizienter zu betreiben und bis zu 20 Prozent an Kraftstoff einzusparen. Der Hauptmotor, der mitunter so gross ist wie ein Einfamilienhaus, läuft bei vielen grossen Tankern noch immer mit fossiler Energie.

Potenzial von bis zu 50 Millionen Dollar

Mit den Azipod-Systemen können Kunden auch Platz gewinnen. Dies erlaubt etwa Fähren eine höhere Beladung. Antti Ruohonen, Manager der Geschäftslinie Marine Propulsion, bezifferte den Auftragswert für ABB je nach Schiffstyp und Grösse auf 30 bis 50 Millionen Dollar.
Der Finne ist einer von über 5000 Mitarbeitenden, die ABB in Finnland stationiert hat, einem traditionellen Marine-Standort. Laut dem Manager boomt derzeit vor allem das Kreuzfahrtgeschäft: "Die Zahl der Passagiere hat das Vor-Corona-Niveau mittlerweile klar überstiegen." Da die Vorlaufzeit beim Bau grosser Schiffe sehr lang sei, hätten die Betreiber Interesse an möglichst effizienten Antrieben.

Fast die Hälfte des Umsatzes mit Service

Gleichzeitig entfallen 45 Prozent des Umsatzes der Division auf Serviceleistungen. ABB profitiert hier davon, die gelieferten, oft individualisierten Antriebe auch bei laufendem Betrieb warten zu können.
Mit Blick nach vorn will sich Sparten-Chef Terwiesch nun auf eine weitere Steigerung der Margen konzentrieren. Zudem strebt er strukturelles Wachstum an. Seit Terwiesch vor zehn Jahren das Ruder übernommen hat, sind die EBITA-Margen gestiegen, zuletzt auf 15,1 Prozent.
Damit liegen sie zwar noch immer hinter der Zielvorgabe der Gesamtgruppe von 16 bis 19 Prozent zurück. "Das ist aber vor allem auf unsere spezielle Position innerhalb von ABB zurückzuführen", erklärte Terwiesch im Gespräch.

Weitere Elektrifizierung erwartet

Denn der Bereich kaufe viele Komponenten bei anderen ABB-Einheiten ein, wodurch sie eine etwas geringere Umsatzrendite bei gleichzeitig höherer Kapitalrendite erziele. Dies kalkuliere die Gruppe aber in ihrer Gesamtstrategie ein.
Grundsätzlich befinde sich die Sparte also auf Kurs. "Einerseits wird uns die Fortsetzung der Elektrifizierung noch lange begleiten", so Terwiesch. Andererseits entwickelten sich die meisten Branchen in Richtung höherer Automatisierungsgrade und autonomerer Prozesse. Damit die Entladung von Containern eben zügiger und sicherer wird - und die Arbeitsplätze zugänglicher.


Das könnte Sie auch interessieren