Gastbeitrag 27.04.2021, 07:15 Uhr

Unternehmerische Superpower

Von früh bis spät generieren wir Daten. Daten sind die Superpower für mehr Effizienz, Kundennähe und servicebasierte Business-Modelle. Das erkennt fast die Hälfte der Befragten der aktuellen Swiss-IT-Studie 2021.
Urs Lehner ist seit Juni 2017 Leiter Swisscom Business Customers und Mitglied der Konzernleitung. Lehner ist Informatik-Ingenieur FH und hält einen Executive MBA HSG in Business Engineering.
(Quelle: Swisscom)
Die geschäftliche Superpower von Daten scheint unumstritten: 43,2 Prozent der Teilnehmer der Swiss-IT-Studie 2021 investieren in eine eigene Datenstrategie oder erarbeiten diese bereits – im Ver­gleich mit dem Vorjahr entspricht das einer Zunahme von 26,6 Prozent. Zugleich erkennen über 40 Prozent der Befragten, dass sie vom Themenkomplex «Data-driven» sehr stark gefordert werden und fast 15 Prozent geben an, dass ihnen das Know-how fehlt, um mit Daten umzugehen.
Urs Lehner, Leiter Geschäftskunden von Swisscom, gibt Ratschläge, wie Entscheider ihr Unternehmen zu einem Data-driven Business weiterentwickeln.
Barbara Biesuz: Wie interpretieren Sie die Ergebnisse zu den Fragen zum Thema Data-driven Business in der aktuellen Swiss-IT-Studie?
Urs Lehner: Unternehmen beziehen einen Grossteil ihrer Daten aus ERP-, CRM- oder operativen Produktionssystemen. Zusätzlich generieren Kunden- und Lieferanteninteraktionen, Webseiten, Social Media, vernetzte Maschinen und Anlagen unversiegbare Datenströme. Um daraus wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, müssen die Daten gesammelt, transportiert, gespeichert, verarbeitet und analysieret werden. Bei vielen Firmen sind Datenanalysen bereits etabliert – zum Beispiel über Business-Intelligence-Lösungen, mit denen geschäftliche Daten ausgewertet werden und Transparenz im eigenen Unternehmen geschaffen wird.
Biesuz: Dann sind Datenanalysen also nicht das Ende der Fahnenstange?
Lehner: Nein, ganz und gar nicht. Die unterschiedlichen Datenquellen können nur dann wirklich wertstiftend genutzt werden, wenn sie sorgfältig zusammengeführt und harmonisiert werden. Wo es an Integration mangelt, kann sich der Zugang zu vorhandenen Daten schwierig gestalten und die Analyse wird umständlich und unvollständig. Nur wer die ganze Datenvielfalt nutzbar macht, kann ihre Superpower anzapfen. Diese entfaltet sich, wenn sie die Basis bzw. zentrales Element neuer Geschäftsziele und -strategien wird.
Biesuz: Die Datenintegration ist eine Hürde – warum?
Lehner: Der Aufbau leistungsstarker Datenplattformen ist komplex und mit grossem Aufwand verbunden, denn die kontextspezifische Korrelation von strukturierten und unstrukturierten Datenquellen ist ein anspruchsvolles Gestaltungsfeld. Gleichzeitig ist der Anspruch an die Zukunfts­fähigkeit hoch, denn die Datenplattformen müssen bereits heute so gebaut sein, dass sie Antworten auf künftige Herausforderungen bieten können.
Biesuz: Lässt sich nach einem Jahr Pandemie sagen, dass die Digitalisierung die Resilienz von Firmen stärkt?
Lehner: Dem ist so. Wer zukunftsfähig bleiben will, muss in neue Technologien investieren. Der Wechsel vom Büro zum Heimarbeitsplatz hat eine gute Grundlage für eine weitere Digitalisierung des Arbeitsplatzes geschaffen. Online-Konferenzen, Kollaborations-Tools, Dokumenten-Sharing, mobile Applikationen dominieren den Arbeitsalltag der meisten Wissensarbeitenden. Der schnelle Umstieg, der vor allem bei vielen KMU stattgefunden hat, verlief meist reibungslos. Warum also nicht das Momentum der Digitalisierung auf das Kerngeschäft ausweiten? Wir müssen die Wirtschaftsfähigkeit der Schweiz stärken und die erfolg­reiche Nutzung der Digitalisierung in Unternehmensprozessen hilft uns dabei substanziell.
Biesuz: Wie wird ein Unternehmen Data-driven?
Lehner: Wie sagt man so schön: «Viele Wege führen nach Rom.» Das gilt auch für die Digitalisierung. Jedes Unternehmen hat sein eigenes Ziel und seinen individuellen Fahrplan. Es gibt aber ein paar Königsdisziplinen, die den Weg ebnen. Eine davon ist sicherlich das Produktions­modell des Cloud Computing. Die Reise in die Cloud haben viele bereits angetreten, teils fast unbewusst über die Nutzung von Applikationen wie Office 365. Wer Data-driven sein will, muss Cloud first denken und agieren. Data-driven Business braucht eine stabile, performante, verlässliche, sichere und zukunftsfähige IT-Infrastruktur: Cloud Computing bietet dafür die Grundlage.
Datengetriebene Business-Strategien
Quelle: Swisscom
Biesuz: Cloud first – was empfehlen Sie sonst noch?
Lehner: Man darf nicht nur in Technologien denken. Mensch und Kultur eines Unternehmens müssen mit den technologischen Möglichkeiten in Gleichklang gebracht werden. Entscheidend für die optimale Umsetzung datenbasierter Innovationen ist es, die richtigen Mittel mit den generierten Ideen und passenden Fähigkeiten zu kombinieren.
Biesuz: Wie soll man die Transformation angehen?
Lehner: Die digitale Reise startet man am besten mit kleinen Schritten, die schnelle und erlebbare Erfolge zeigen. Oftmals ist es schwierig, neben den laufenden Business- und IT-Projekten, die das Unternehmen fordern, Transformationsvorhaben anzugehen. Einen durchgängigen Prozess für die eigenen Kunden zu digitalisieren, kann ein guter Startpunkt sein. Aber klar: Eine Schwalbe allein macht noch keinen Sommer. Wir haben ein Team von erfahrenen Digital Transformation Advisors, die beratend beigezogen werden können, um gemeinsam mit dem Kunden seine Ausgangslage und Ziele zu evaluieren. Zuerst werden die zu adressierenden Themen analysiert und darauf aufbauend Ideen generiert, priorisiert und die aussichtsreichsten Transformationsvorhaben mit dem Kunden angegangen und umgesetzt.
Biesuz: Haben Sie ein inspirierendes Beispiel für ein digitales Transformationsprojekt, das auf Daten basiert?  
Lehner: Da gibt es eine ganze Menge spannender Beispiele, die ich aufzählen könnte. Aktuell setzen wir einen PoC um für das Monitoring von Erholungsanlagen und Grünflächen. Mittels anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten werden Heatmaps erstellt, die dem Kunden zu verstehen helfen, wie und wann die Anlagen von der Bevölkerung genutzt werden. Mit den Nutzungszahlen können Entscheide betreffend Aus-, Rück- oder Neubau von Erholungsinfrastrukturen gefällt und der Wartungsbedarf besser geplant werden. Oder ein Carsharing-Anbieter will seine Fuhrparkplanung so optimieren, dass die Kunden bestmöglichen Zugang zu den verfügbaren Autos haben. Unser Kunde hat dazu die anonymisierten Bewegungsmuster von Mobility-Daten ausgewertet und die Ergebnisse unter anderem als Grundlage für die Standortplanung genutzt.
Datenstrategien
Quelle: Swisscom
Biesuz: Geben Sie den Leserinnen und Lesern eine Empfehlung für die digitale Transformation ihrer Unternehmen?
Lehner: Digitale Transformation ist Chef­sache. Lassen Sie sich auf Neues ein, versuchen Sie, Bestehendes anders zu denken und Altes hinter sich zu lassen: Schaffen Sie Raum für Neues! Stellen Sie sicher, dass Sie unterschiedliche Perspektiven bei der Diskussion, Planung und Umsetzung zulassen. Hierfür hilft es, die Vielfalt in den Teams zu fördern, allerdings muss diese Diversität dann auch genutzt werden. Seien Sie mutig im Handeln, sich aber auch bewusst, dass der Weg der Veränderung beschwerlicher wird als vermutet. Bleiben Sie dran: Mit einer lernenden Organisation wird der Erfolg eintreten. So schaffen Sie beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gestaltung Ihrer digitalen Transformation.
Zur Autorin
Barbara Biesuz
Swisscom
Barbara Biesuz ist Senior Communication Consultant bei Swisscom. www.swisscom.ch



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