Wettbewerbsverfahren eingeleitet 20.10.2020, 18:27 Uhr

USA wollen Marktmacht von Google brechen

Google hat in den USA das grösste Wettbewerbsverfahren seit mehr als 20 Jahren am Hals. Das Justizministerium und elf Bundesstaaten werfen dem Tech-Konzern vor, seine marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen.
(Quelle: Ferdinand Stoehr / Unsplash)
Mitten im Präsidentschaftswahlkampf steht Google in den USA das grösste Wettbewerbsverfahren seit mehr als 20 Jahren bevor. Das Justizministerium und elf Bundesstaaten verklagen den weltgrössten Suchmaschinenbetreiber unter dem Vorwurf, er missbrauche seine marktbeherrschende Stellung. Die Tochter des Internetkonzerns Alphabet wird beschuldigt, bei Suchergebnissen und im Werbegeschäft Konkurrenten benachteiligt zu haben. Googles wettbewerbsfeindliches Verhalten müsse gerichtlich gestoppt und der Wettbewerb wiederhergestellt werden, hiess es in der Klage. 
Der Konzern sorge dafür, dass Konkurrenten in dem Markt nicht Fuss fassen könnten, argumentierte das Justizministerium. Ein Beispiel seien Deals etwa mit Apple oder Samsung, durch die die Google-Suche als Standard im Webbrowser voreingestellt wird. Durch das Verhalten von Google laufe Amerika Gefahr, die nächste Welle von Innovationen zu verpassen, sagte Vize-Justizminister Jeffrey Rosen. Auf die Frage, welche Massnahmen ergriffen werden sollten, sagte ein Vertreter des US-Justizministeriums am Dienstag, keine Option sei ausgeschlossen. 

Google weist Vorwürfe zurück 

Google wies die Vorwürfe zurück. Menschen nutzten Google, weil sie sich dafür entschieden, nicht weil sie dazu gezwungen würden. Schliesslich gebe es Alternativen, erklärte der Konzern. Eine ausführliche Stellungnahme werde Google noch im Laufe des Tages veröffentlichen. 
Google kontrolliert der Klage zufolge fast 90 Prozent des gesamten Suchmaschinenmarkts in den USA, bei Suchen auf Handys beträgt der Marktanteil sogar fast 95 Prozent. Google zählt mit einem Umsatz von 162 Milliarden Dollar zu den grössten Unternehmen der Welt.
Kartellverfahren von ähnlichen Dimensionen gab es in den USA 1998 gegen Microsoft und 1974 gegen AT&T. Das Microsoft-Verfahren wird wegen der Einbremsung des Softwarekonzerns als ein Wegbereiter des Internetbooms angesehen. Das AT&T-Verfahren führte zu einer Neuordnung des Telefonnetzes in den USA. 

Für einmal Einigkeit

Während sich die Republikaner von Präsident Donald Trump und die Demokraten seines Herausforderers Joe Biden vor der Wahl am 3. November aufs Heftigste bekämpfen, demonstrierten beide Lager in ihrer Kritik an Google seltene Einigkeit. Der republikanische Senator Josh Hawley bezeichnete die Klage als «wichtigstes Anti-Trust-Verfahren einer ganzen Generation». Senatorin Elizabeth Warren von den Demokraten hatte ein «rasches, energisches Vorgehen» gegen Google gefordert.
In den USA werden bereits seit mehr als einem Jahr Wettbewerbsermittlungen gegen den Suchmaschinenbetreiber geführt. Die Europäische Union hatte in den Jahren 2017 bis 2019 wiederholt milliardenschwere Strafen gegen das Unternehmen verhängt, weil es seine Marktmacht missbraucht und andere Firmen benachteiligt habe. 

Aktie kaum verändert 

Die Alphabet-Aktie notierten an der Wall Street kaum verändert. Fondsmanager Robert Pavlik von SlateStone Wealth in New York erklärte das mit Zweifeln daran, ob Google angesichts der zahlreichen Feindseligkeiten von Republikanern und Demokraten die Regierungsbehörden ernsthaft fürchten müsse. Medien- und Technogieanalyst Neil Campling von Mirabaud Securities sagte, die Klage scheine zu spät zu kommen. «Google hat bereits eine Monopolstellung». Der Konzern habe Milliarden in künstliche Intelligenz, Infrastruktur, Software, Engineering und Talente investiert. «Man kann ein Jahrzehnt erheblicher Fortschritte nicht einfach zurückdrehen», sagte Campling. 
Die elf Bundesstaaten, die an der Klage beteiligt sind, haben alle republikanische Generalstaatsanwälte. Weitere Klagen könnten folgen, da mehrere Bundesstaaten weitere Geschäftsbereiche von Google untersuchen. So hat eine von Texas angeführte Gruppe den Konzern wegen seines Geschäfts für Digitalwerbung ins Visier genommen und könnte bereits im November Klage einreichen.



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