E-Government 05.12.2011, 06:06 Uhr

Turbo für die Steuererklärung

Noch ist die komplette elektronische Steuerabwicklung eine Vision. Vom Erfassen bis zum Bescheid existieren zahlreiche Medienbrüche. Mit der automa­tisierten Wertschriftenkontrolle rückt die Vision jedoch ein ganzes Stück näher.
Jahr für Jahr das gleiche Prozedere: Depotkunden erhalten im Januar von ihrer Bank ein Wertschriftenverzeichnis per Post zugestellt. Der Steuerpflichtige muss nun manuell die Angaben über Erträge und Vermögen aus Wertschriften für all seine Depots und Bankverbindungen konsolidieren. Jahr für Jahr kämpfen sich Herr und Frau Schweizer durch diesen Blätterwald und reichen dann die Steuererklärung bei ihrer Gemeinde ein – zum grossen Teil noch auf Papier. Das kantonale Steueramt prüft dann die Angaben und nimmt die entsprechende Veranlagung vor. Dieser umständliche Prozess ist zahlreichen Medienbrüchen unterworfen, die nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig sind. Doch das könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Die «E-Government- Strategie Schweiz» sieht vor, dass bis 2013 alle Kantone die Grundlage für eine elektronische Steuererklärung geschaffen haben. Eine Reihe von Voraussetzungen wurde in den vergangenen Jahren bereits geschaffen. So sind seit Ende 2006 alle Kantone sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) durch eine gemeinsame IT-Plattform miteinander verbunden. Über die Wertschriftenverzeichnis-Kontrolle (WVK) können die Mitarbeiter der kantonalen Steuerbehörden seither einfach und schnell die Steuerwerte und Erträge von kotierten und nicht-kotierten Unternehmen aus steuerlicher Sicht ermitteln, zentral zur Verfügung stellen und selbstständig abfragen. Seit 2008 stellt die EStV den kantonalen Steuerbehörden und Steuerpflichtigen die Kursliste mit den Steuerwerten und Erträgen zu nahezu allen in der Schweiz steuerrelevanten kotierten in- und ausländischen Wertpapieren in elektronischer Form zur Verfügung – ein Tool, mit dem die EStV die Steuerkurse hoch automatisiert ermittelt und veröffentlicht. Dahinter steckt ein weiteres technisch anspruchsvolles IT-System: Income & Capital Taxes (ICTax). Es wird von den kantonalen Steuerämtern genutzt und bildet die Basis für die Integration der Kurslistendaten in deren Steuererklärungsprogramme. Steuerpflichtige können aber ebenso auf das Onlineserviceportal der EStV (www.ictax.admin.ch) zugreifen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Pilotprojekt mit Wallis und Zürich Pilotprojekt mit Wallis und Zürich Was bisher fehlte, ist eine Plattform, welche die Vorteile beider Systeme vereint und zusätzlich den Kreis zwischen Steuerbehörden, Steuerpflichtigen und Banken schliesst. Die Kantone Zürich und Wallis legen nun bei der elektronischen Steuererklärung vor: In einem Pilotprojekt, das im Dezember startet, können deren Steuerpflichtige ihre Steuererklärung elektronisch einreichen, die anschliessend automatisiert weiterverarbeitet wird. Im Gegensatz zu anderen Kantonen, die auch schon über elektronische Software-Lösungen verfügen, gehen diese beiden Kantone einen entscheidenden Schritt weiter: Über Webservices binden die Zürcher und Walliser Ämter ihre IT-Systeme an die zentrale Plattform «eWertschriften» an, die wiederum WVK und ICTax integriert und die Veranlagungsgrundlage für Steuerwerte und Erträge liefert. Umgesetzt wird zunächst die Suche von Wertschriften. So nutzen die neuen Steuererklärungsportale direkt die Services der eWertschriften-Plattform und stellen so sicher, dass die bereits von der EStV kontrollierten Informationen in die persönlichen Wertschriftenverzeichnisse einfliessen. Ein grosses Plus, denn so können die Steuerämter diese Daten direkt akzeptieren. Die Suche nach spezifischen Wertschriften wird massiv vereinfacht, da die Steuerpflichtigen nach Kriterien wie ISIN, Valorennummer oder Unternehmensnamen suchen können. Ausserdem nutzen die Pilotpartner die modifizierte Differenzbesteuerung – eine Funktion von ICTax, welche die Berechnung steuerbarer Erträge von strukturierten Produkten erlaubt. Der Vorteil in beiden Fällen: Die Ergebnisse werden korrekt berechnet und direkt übernommen, Fehlerquellen sind ausgeschlossen. Auch die automatisierte Kontrolle durch die Steuerbehörden läuft reibungslos, weil diese auf die gleichen, bereits geprüften Daten zugreifen. Im System eWertschriften nicht vorhandene Fälle landen wie bisher bei einem Sachbearbeiter und werden dort abschliessend bearbeitet. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Einbezug der Banken Einbezug der Banken Der Kreis liesse sich vollständig schliessen, würden Banken ihren Kunden den Steuerauszug nicht mehr auf Papier, sondern elektronisch zur Verfügung stellen. Die Steuerpflichtigen könnten ihren Auszug direkt vom eBanking-Portal beziehen und ohne Medienbruch in die elektronische Steuererklärung einfliessen lassen. Das fehleranfällige Eintragen der eigenen Daten in die Steuererklärung würde damit endgültig der Vergangenheit angehören. Die Steuerpflichtigen könnten sich künftig auf die Kontrolle und Qualifizierung der Daten konzentrieren. Bezögen die Finanzinstitute die Berechnungsgrundlagen für das Wertschriftenverzeichnis über eWertschriften, wäre das Zukunftsszenario (siehe Grafik) einer automa-tisierten Kontrolle des Wertschriftenverzeichnisses durch die kantonalen Steuerämter perfekt. Die Finanzinstitute würden dann dieselben Dienste für die Erstellung des Wertschriftenverzeichnisses nutzen, welche die kantonalen Steuerämter zu dessen Kontrolle einsetzen. Selbstverständlich wäre gewährleistet, dass die Banken die Steuerwerte und Erträge bei eWertschriften anonymisiert beziehen und das Bankgeheimnis ohne Einschränkungen gewahrt bliebe. Stärker noch als Grossbanken, die bereits über zuverlässige Systeme zur komplexen Erstellung von Steuerauszügen verfügen, würden kleinere Finanzinstitute profitieren. Das «Andocken» an eWertschriften mittels Webservices ist technisch flexibel umzusetzen und eine kostengünstige Möglichkeit, Informationen zu beschaffen, die Qualität der Daten zu erhöhen und dem Kunden eine komfortable Dienstleistung mit Mehrwert zu bieten. Nicht zu vergessen ist, dass sämtliche über eWertschriften bezogene Steuerwerte und Erträge zuvor von der EStV geprüft wurden. Häufig angefragte Wertschriften, die noch nicht in der Kursliste publiziert wurden, können durch statistische Auswertungen ermittelt und nach einer Einschätzung der EStV in die Kursliste aufgenommen werden. Somit stehen diese EStV-Daten wiederum jedem Finanzinstitut und auch jedem Steuerzahler zur Verfügung. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Steuergerechtigkeit Steuergerechtigkeit Die gemeinsame Nutzung elektronisch bereitgestellter Daten durch alle Beteiligten erzeugt einen hoch automatisierten Workflow ohne Medienbruch und bringt enorme Vorteile mit sich. Steuerpflichtige profitieren davon ebenso wie Finanzinstitute und Steuerbehörden. Bei den kantonalen Steuerämtern erhöht sich der Durchsatz deutlich, es können mehr Wertschriftenverzeichnisse aus den Steuererklärungen umfassend kontrolliert werden, obwohl das zu bewältigende Datenvolumen kontinuierlich anwächst und zudem durch die Einführung immer noch komplexerer Finanzinstrumente ein erheblicher Mehraufwand bei der Überprüfung entsteht. Da nun aber die in der Steuererklärung eingesetzten Steuerwerte und Erträge von der EStV bereits geprüft sind, können Fehlerquellen ausgeschaltet und die Qualität der Prüfung hochgehalten werden. Die Autoren: Anton Meier ist Managing Director bei GFT Technologies (Schweiz) AG, Thomas Förderer ist dort Project Manager. (www.gft.com)


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