Digitales Marketing 25.04.2013, 18:16 Uhr

die Tricks der Swisscom

Welche Marketing-Kampagnen sind in der Schweiz erfolgreich? Der Telco-Anbieter Swisscom verrät, mit welchen digitalen Tricks er auf Kundenfang geht.
Brad Rencher, SVP Digital Marketing, stellte in London Adobes Marketing Cloud vor.
Was macht die Swisscom eigentlich mit ihren ganzen Kundendaten? Immerhin betreut der Telco-Riese schweizweit 6,2 Millionen mobile Kunden, versorgt den Handel mit 1,7 Millionen Breitbandanschlüssen und bedient 791.000 TV-Kunden. Da kommt viel "Big Data" zusammen, andere Unternehmen würden sich die Finger danach lecken. Insgesamt summieren sich die Erträge der Swisscom auf 11,38 Milliarden Franken pro Jahr. Swisscom nutzt diesen riesigen Datenschatz, um seine Services zu verbessern und um digitale Marketing-Kampagnen zu fahren. Aber was läuft da wirklich? Michael Heimbeck, Online Analytics Manager bei Swisscom, versteckt sich ein wenig hinter internen Problemen. Silos, auch die menschlichen, seien immer noch eine grosse Herausforderung bei der Swisscom. Das liege aber auch an den sehr komplexen Geschäftseinheiten und den grossen Teams des Unternehmens, erklärte Heimbeck. Integrierte Technologie sei grossartig, aber "wir brauchen bei Swisscom auch integrierte Köpfe und integrierte Teams auf der anderen Seite des Bildschirms". Heimbeck und sein Kollege Nicolas Mériel referierten über "Innovations in Marketing" auf dem Adobe Summit 2013 in London. Wie und zu welchen Zwecken analysiert Swisscom ihre Kundendaten? "Wir nutzen Analytics hauptsächlich fürs Monitoring", sagte Mériel auf Nachfrage von Computerworld. Die dadurch erhobenen Daten dienten dann zusammen mit Business Key Performance Indicators (KPIs) als Input für Optimierungs-Initiativen, führte Mériel weiter aus. 

Marketing-Trick: Responsive Design

Swisscom benutzt Techniken des sogenannten "Responsive Design", um etwa sein Glasfasernetz schweizweit zu bewerben. In Abhängigkeit vom Einwahlort des Besuchers ändert sich zum Beispiel der Schriftzug der Web-Einwahlseite, um den zukünftigen Kunden optimal anzusprechen (Das beste Glasfasernetz für Zürich/Basel/Genf/ Winterthur etc.). Ist das Geschlecht des Besuchers bekannt, ändert Swisscom die Farbpalette und wechselt zu einer frauen- respektive männerfreundlicheren Farbgebung. Dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Farben reagieren, ist aus der Psychologie hinlänglich bekannt. Zum Einsatz kommen hier, zusammen mit Adobe Sitecatalyst, die Tools Test & Targeting und Scene 7, mit dynamischen Geo-Bannern, Geo-Karten und dynamischem Re-Targeting. Um das Design ihrer Webseiten zu optimieren, führt Swisscom sogenannte A/B-Tests durch. Damit sollen unter anderem die Online-Abverkäufe gesteigert werden. A/B-Tests arbeiten mit Kontrollgruppen. Eine Testgruppe A bekommt die alte Version der Webseite zu Gesicht, Testgruppe B bekommt die neue Version vorgesetzt. Erzielt Testgruppe B die besseren Resultate, spricht also besser darauf an, hat sich das neue Design im Test bewährt. Test- und Mess-Methoden ersetzen mehr und mehr das gute, alte Bauchgefühl, das betonen Business-Analytics- und Marketing-Experten immer wieder. Nächste Seite: Amazons Links-Rechts-Trick

Shopping-Kunden lieben das

Der Shopping- und Cloud-Anbieter Amazon hat mithilfe von A/B-Tests herausgefunden, dass sich die Abverkäufe durch ein simples Verschieben des Einkaufskorbes von links nach rechts steigern lassen. Einkaufskörbe auf der rechten Seite werden von den Kunden häufiger angeklickt als "Shopping carts" links auf der Webseite. Zugegeben, die Steigerung fällt mit einem Plus von 0,3 Prozent nicht gerade gigantisch hoch aus. Aber der Seitenwechsel von links nach rechts erfordert auch keinen hohen Arbeitsaufwand. Für Weltkonzerne wie Amazon macht das schon einen spürbaren Unterschied. Bill Franks, Chefanalyst beim Data-Warehouse-Spezialisten Teradata, beschreibt ein Szenario, wie Telco-Anbieter wie Swisscom Mehrwert aus Business-Analytics ziehen können. Unternehmen ordnen ihre Kundschaft in unterschiedliche Prioritätsklassen ein. Umsatzstarke, wichtige Prio-1-Kunden erhalten eine bevorzugte Behandlung, ihre Beschwerden werden ernster genommen und ihre Anfragen schneller beantwortet als Kunden der niedrigeren Prioritätsklassen zwei oder drei.  Angenommen, Kunde A hat einen preiswerten, niedrigvolumigen Telco-Vertrag abgeschlossen, fällt also für Swisscom eher in die Kategorie "unwichtig". Durch Social-Network-Analysen stellt sich jedoch heraus, dass Kunde A Kontakte zu wichtigen High-Potential-Kunden unterhält, die für Swisscom wertvoll sind, und dass er auch regelmässig mit ihnen kommuniziert.

Vorsicht: Kündigungssvirus

Kunde A zu vernachlässigen, wie es zunächst gerechtfertigt erscheint, könnte also für den Telco-Provider fatale Konsequenzen nach sich ziehen. "Kündigt ein Mitglied eines Calling Circle seinen Vertrag, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das andere folgen", sagt Chefanalyst Franks. Die Gefahr, dass der Kündigungsvirus andere Kunden infiziere, sei hoch. Mit Social-Media-Analytics und personalisierten Marketing-Massnahmen lässt sich solchen kleinen Katastrophen vorbeugen (vg. Bill Franks, Taming the Big Data Tidal Wave, S. 79ff).


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