14.03.2014, 08:28 Uhr

So rüsten Sie Ihr Unternehmen mit Wi-Fi für die Zukunft

Der mobile Datenverkehr in den Unternehmen wird in den nächsten Jahren enorm anschwellen. 2017 wird genau so viel Datenverkehr drahtlos übermittelt werden wie drahtgebunden. Wi-Fi-Weiterentwicklungen sollen das Verkehrsaufkommen bewältigen helfen. Ein Überblick über den Stand der Technik.
2017 wird genau so viel Datenverkehr drahtlos übermittelt werden wie drahtgebunden. Wi-Fi-Weiterentwicklungen sollen das Verkehrsaufkommen bewältigen helfen
Laufend gehen mehr Daten in die Luft. Dies suggeriert zumindest eine 2013 veröffentlichte Studie von Cisco Systems. Im Visual Networking Index (VNI) prognostiziert der Netzwerkriese, dass 2017 der Internetverkehr, den drahtlos über WLAN sowie über das Mobilfunkdatennetz verbundene Geräte verursachen, grösser sein wird als der von Rechnern, die über ein drahtgebundenes Netz – sprich Ethernet – am Web hängen. Gesamthaft werden 2017 monatlich über 120 Exabyte an Daten transportiert werden. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 43,6 Exabyte. Damit wächst der Datenverkehr jährlich um durchschnittlich 23 Prozent. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt zu den drahtlosen Übertragungswegen: Vom gesamten Verkehrsaufkommen 2017 werden je 45,4 Prozent über fixe drahtgebundene Netze (Ethernet) und fixe drahtlose Netze (Wi-Fi) abgewickelt. 9,2 Prozent geht auf das Konto von Mobilfunknetzen. Zum Vergleich: 2012 lag das Verhältnis von Ethernet zu Wi-Fi noch bei 59 zu 39 Prozent, während die Mobildaten lediglich 2 Prozent ausmachten (vgl. Grafik auf nächster Seite).

Ein Markt im Umbruch

Christoph Becker, Produktmanager und Senior Consultant bei D-Link, kann diese Zahlen gut nachvollziehen. «Der PC-Markt bricht ein und sogar Laptops werden weniger gut verkauft. Stattdessen finden sich auch in Unternehmen immer mehr Tablets und Smartphones, die sich vor allem durch eins auszeichnen: Sie haben keinen Ethernet-Anschluss mehr. Ihre Besitzer wollen aber dennoch mit dem Firmennetz verbunden werden», umschreibt er die Situation. Zudem werde die Arbeitswelt mobiler. Man wolle nicht mehr nur am Arbeitsplatz Netzwerk­anschluss, sondern fordere dies auch während eines Meetings.
Für dieses Wachstum dürften heutige WLAN-Router und -Access-Points (AP), die auf die Standards IEEE 802.11n und älter hören, wohl nicht mehr ausreichen. Es steht auch schon ein frischgebackener Nachfolger parat: Die unmittelbare Weiterentwicklung IEEE 802.11ac ist gerade erst im November 2013 verabschiedet worden, nachdem die Norm seit 2011 mehrere Überarbeitungen und Verbesserungen erfahren hat. Noch diesen Monat wird der Abschlussbericht zu 802.11ac erwartet. Die Beratungsfirma Fairpoint Group rechnet damit, dass bereits 2015 diejenigen Geräte, die 802.11ac unterstützen, eine kritische Masse erreicht haben werden – und zwar sowohl im Unter­nehmens­umfeld als auch im Endverbrauchermarkt. Bis 2018, so prognostiziert Fairpoint, wird der neue Standard 802.11ac seinen Vorgänger endgültig abgelöst haben. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Argumente für den Umstieg

Argumente für den Umstieg

Grundsätzlich bietet 802.11ac mehr Bandbreite, unterstützt mehr Anwender gleichzeitig und lässt sich einfacher in die Gigabit-Ethernet-Infrastruktur eines Unternehmens einbinden. Ausschlaggebend für einen Umstieg von 802.11n auf 802.11ac dürfte auch die höhere Kapazität pro Anwender sein. Ein User kann damit bis zu drei Streams à 450 Megabit pro Sekunde für sich beanspruchen. Das ermöglicht eine maximale Bandbreite von 1,3 Gigabit pro Sekunde, weshalb die Industrie den neuen Standard auch als «Gigabit Wi-Fi» bezeichnet (vgl. Tabelle, Grafik auf vorangegangener Seite). Mit dessen Weiterentwicklung sollen künftig sogar bis zu 6,93 Gigabit pro Sekunde möglich sein.
Allerdings dürfte eine andere Eigenschaft für die Wahl von 802.11ac bei den Unternehmen noch mehr ins Gewicht fallen: Die Möglichkeit, mehr Endgeräte gleichzeitig zu bedienen und dies auch noch bei besserer Qualität. Somit kann 802.11ac dem BYOD-Trend (Bring Your Own Device) besser gerecht werden. Dessen Kennzeichen ist eben gerade, dass Mitarbeiter – übrigens auch Besucher und Gäste – nicht nur ein eigenes Gerät mit ins Geschäft bringen, sondern gleich ihren ganzen Gerätepark: Laptop, Tablet, Smartphone und künftig wohl auch tragbare Kinkerlitzchen wie Computerbrille und Smartwatch. Pascal Tscharner, Manager Enterprise Networks bei Cisco Schweiz, argumentiert ähnlich: «Die Anzahl WLAN-Clients steigt wöchentlich stark an», berichtet er. «Das heisst, dass die Sende- und Empfangszeit per Client knapper wird. 802.11ac ist schneller und schafft so Platz, damit ein weiterer Client seine Daten senden kann.» Dass 802.11ac Daten zügiger überträgt, hat laut Tscharner noch einen ganz anderen, bisher kaum bedachten Vorteil: Die Endgeräte brauchen weniger Energie und müssen weniger oft aufgeladen werden. «802.11ac ermöglicht es, die gleiche Datenmenge viel schneller zu übermitteln. Das heisst für mobile Geräte, dass sie schneller wieder in den Power-Save-Mode gehen können», erklärt Tscharner den Zusammenhang.

Schon in der Hardware verbaut

Generell scheinen 802.11ac-taugliche Clients schon heute zu profitieren. Becker nennt als Beispiel Samsungs Galaxy S4. Dieses verwende zwar nur einen Stream, arbeite aber spürbar schneller. «Das kann nicht nur am Prozessor liegen, sondern ist auch auf die Verwendung von 802.11ac zurückzuführen», meint er. Dass sich Clients via 802.11ac verbinden wollen, ist heute schon Realität, wie Tscharner berichtet. An der Kundenveranstaltung Cisco Live Ende Januar 2014 in Mailand hätten bei über 10000 identifizierten mobilen Geräten immerhin schon 6 bis 7 Prozent der Clients den Wireless-Standard 802.11ac genutzt. «Dies zeigt doch bereits einen klaren Trend», so Tscharner. Auch D-Links Christoph Becker erwartet eine baldige Adaption von 802.11ac. Bislang sei der Standard zwar im Consumer-Markt mehr verbreitet als im Firmenumfeld. Dies, so vermutet er, hänge damit zusammen, dass wohl viele Unternehmen nicht unbedingt Geräte ein­setzen wollen, die auf einem Standard im Entwurfsstadium beruhen. Mit der Ratifizierung von 802.11ac dürfte sich diese Zurückhaltung allerdings legen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Das bringt 802.11ac

Was bringt 802.11ac?

Folgende Techniken zeichnen die 802.11ac-Norm im Wesentlichen aus:
MU-MIMO:
Die in Bezug auf die Abfertigung vieler Endgeräte wichtigste Neuerung von 802.11ac – und womöglich ihre «Killer-App» – ist die Einführung von «Multi-User Multiple-Input and Multiple-Output» (MU-MIMO). Bislang wurden alle Signale an einen einzigen Empfänger geschickt. Waren mehrere Geräte im Empfangsbereich, so mussten die einzelnen Anwender jeweils warten, bis sie wieder in den Genuss des Wi-Fi-Kanals kamen. Mit 802.11ac ist es dagegen möglich, mehrere Geräte gleichzeitig zu bedienen, indem die Bandbreite geteilt wird. Ein Access Point (AP) mit drei Streams könnte also drei verschiedene Geräte getrennt ansprechen. Beamforming: Eine weitere Errungenschaft ist das sogenannte «Beamforming», eine Technik, mit der Funkübertragungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden können. Das Strahlungsprofil der Antenne erhält also eine bestimmte geometrische Form. Dies lässt sich zwar bislang schon mit Richtantennen sehr gut bewerkstelligen, setzt allerdings voraus, dass Sender und Empfänger stationär bleiben. WLAN-Empfangsgeräte, respektive ihre An­wender, haben dagegen die Angewohnheit, sich mit ihrem Smartphone oder Tablet frei im Raum zu bewegen. Deswegen sind in APs auch Rundstrahlantennen verbaut. Beamforming ver­einigt nun beide Vorteile. Mithilfe von Software wird der Standort des Empfangsgeräts ermittelt. Danach werden die Sender der WLAN-Router so gesteuert, dass sie eine Art Richtstrahl zum Empfänger aufbauen. Dadurch können die Reichweite und die Verlässlichkeit der Verbindung vergrössert werden und damit auch deren Bandbreite. 256-QAM: Umstrittener ist eine weitere neue Technik, die «Quadraturamplitudenmodulation» 256-QAM. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Phasen- und Amplitudenmodu­lation mit 256 Punkten im Konstellations­diagramm. Der Vorteil dieses digitalen Modula­tionsverfahrens ist, dass 8 Bit pro Takteinheit einer Übertragung verschickt werden können. Mithilfe des Beamforming ist dies auch über längere Strecken möglich, da Richtstrahl­systeme eingerichtet werden können. Nach­teilig ist allerdings die hohe Komplexität dieses Funksignals. Ein solches ist per se störanfälliger als ein einfacheres Signal. Die Folge: Es kann während des Sendevorgangs gestört und korrumpiert werden. Dadurch muss es nochmals versandt werden, was nicht gerade zur Effizienz der Übertragung beiträgt. Mehr Frequenzspektren: Zu guter Letzt bringt 802.11ac auch noch mehr Durchsatz, indem weitere Frequenzspektren freigegeben werden, so im Bereich von 80 MHz und 160 MHz. Zum Vergleich: Bei 802.11n war bei 40 MHz Schluss. Allerdings wird den zusätzlichen Spektren von den Regulatoren kaum mehr Über­tragungsleistung zugestanden werden, das heisst, die Reichweite wird sich so vermindern. Mit der Installation zusätzlicher APs lässt sich diese Beschränkung aber wieder umgehen.
802.11ad: der schnelle Sonderling
Neben dem WLAN-Standard IEEE 802.11ac gibt es auch noch eine weitere Norm, die für schnelle Drahtlos­ver­bindungen sorgen soll: den Standard 802.11ad. Wie Pascal Tscharner von Cisco Schweiz und Christoph Becker von D-Link ausführen, handelt es sich bei 802.11ad nicht um den Nachfolger von 802.11ac, sondern um eine spezielle Norm für die drahtlose Übertragung von sehr hohen Datenvolumen auf kleinstem Raum. Laut Becker verwendet zum Beispiel Dell diese Technik für eine Funk-Docking-Station, um einen Laptop ohne Kabelsalat ans Netz an­zuschliessen. Die Vorteile Grundsätzlich verwendet 11ad eine weitere Frequenz im 60-GHz-Band. Kombiniert mit 802.11n und -11ac sind Tri-Brand-Geräte möglich, damit wird «WiGig» zur Realität: Der Standard erlaubt Übertragungs­geschwindigkeiten von 7 Gigabit pro Sekunde, also sieben Mal mehr als 802.11ac. Laut Mark Grodzinsky, dem Marketing-Chef des Wi-Fi-Chip-Herstellers Wilocity, sind sogar Geschwindigkeiten von 100 Gigabit pro Sekunde möglich – sofern einige Optimierungstechniken wie schon in anderen Standards angewendet werden. 802.11ad unterstützt Geräte mit 16 bis 32 Antennen. Dies ermöglicht im Zusammenhang mit der Beam­forming-Technik eine sehr direkte und genaue Adressierung einzelner User im Wi-Fi-Sendegebiet. Daneben soll 802.11ad seine Durchsatzraten mit weniger Energieverbrauch erreichen. Zudem sind die Verzögerungen (Latency) mit 10 Mikrosekunden minimal und liegen im Bereich von kabelgebundenen Verbindungen. Die Nachteile 802.11ad bringt aber auch eine Reihe von Nachteilen mit sich. Einer ist sicherlich die bereits erwähnte geringe Reichweite. «Mit maximal zehn Metern ist diese extrem kurz», sagt Becker. Entsprechend hoch müsste die Dichte der Access Points (AP) ausfallen. Becker rechnet beim der­-zeit verbreiteten Standard 802.11n mit 2 bis 3 APs auf einer Fläche von maximal 100 Quadratmetern. Bei 802.11ac benötige man nur einen Access Point pro Büro, weil hier schon die höhere Frequenz von 5 GHz zum Tragen komme, und bei 802.11ad sei ein AP pro User notwendig. «802.11ad ist definitiv nicht für die Flächenabdeckung gedacht», urteilt Becker. Ein weiterer Nachteil ist die hohe Dämpfung und Störanfälligkeit des Signals bei besagter Frequenz, wie beide Experten bekunden. «Diverse Gegenstände im Raum können das Signal stark behindern», sagt Tscharner. So könnte beispielsweise schon ein Flipchart in einem Sitzungszimmer das Signal komplett blockieren.


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