Webcontrolling 08.02.2012, 07:34 Uhr

dem Kunden auf der Spur

Nur wer seine Onlinenutzer kennt, kann deren Erwartungen erfüllen. Für die Finanzbranche, die aktuell unter einem hohen Wettbewerbsdruck steht, gilt dieser Grundsatz ganz besonders.
Webmonitoring: Das Dashboard zeigt die wichtigsten Bewegungen im Überblick
Am besten lässt sich der Weg zu einem erfolgreichen Webauftritt anhand eines Beispiels illustrieren: Stellen Sie sich vor, der Betreiber der Website «Web-Bank» plant den Relaunch seines Internet­auftritts. Weil er kein Dummkopf ist, gibt er dazu nicht einfach eine schicke neue Website bei einem Dienstleister in Auftrag und erhöht das Online-Marketing-Budget, sondern setzt auf ein umfassendes Webcontrolling, um erst einmal herauszufinden, was bei der alten Webseite schiefläuft. Die Analyse beruht im Wesentlichen auf vier Säulen: klassische Webanalyse, detailliertes Mouse Tracking, Onsite-Befragungen zur Besucherzufriedenheit und Feedback-Buttons auf einzelnen Seiten. Analyse des Nutzerverhaltens Mithilfe unterschiedlicher Werkzeuge wird zunächst das Besucher­verhalten analysiert. Die klassische Web­analyse liefert quasi den Gesamtüberblick und zeigt in Echtzeit unter anderem, wie viele Besucher auf die Website finden, woher sie kommen, welche technische Umgebung sie haben und wo sie die Site wieder verlassen. Klickpfade lassen erkennen, wie die Besucher navigieren und welche Wege sie auf der Website nehmen. Hinzu kommen Kennzahlen wie Verweildauer, Leads und Konversionsrate. Tracking der Mausbewegungen Eine spezialisierte Mouse-Tracking-Software liefert im zweiten Schritt schon etwas detailliertere Ergebnisse. Sie zeichnet alle Mausbewegungen, das Scroll-Verhalten und sämtliche Klicks der Besucher auf. Mouse-Tracking-Analysen sind deshalb so aussagekräftig, weil sie auf der hohen Korrelation von Augen- und Maus­bewegung basieren, die durch wissenschaft­liche Studien belegt ist. Ohne teure und aufwendige Eye-Tracking-Studien in einem Usability-Labor beauftragen zu müssen, erhält man valide Erkenntnisse, was der Nutzer auf der Internetseite tatsächlich erlebt. Besonders geeignet ist diese Methode für kritische Bereiche, etwa auf Landing Pages oder auf Formularseiten. Auf der nächsten Seite gehts weiter. Einzelne Besucher-Sessions können auch zu aussagekräftigen Overlay Maps aggregiert werden, die auf einen Blick zeigen, welche Seitenabschnitte die Besucher wahrnehmen, bis wohin sie scrollen, für welche Elemente sie sich besonders interessieren und wie lange sie diese betrachten. Auf Formularseiten lässt sich damit beispielsweise nicht nur feststellen, in welcher Reihenfolge die Felder ausgefüllt werden und wie viel Zeit die Be­sucher jeweils dafür benötigen, sondern auch, in welchem konkreten Formularfeld der Prozess abgebrochen wird. Schon mit dem Einsatz dieser beiden Werkzeuge gewinnt der Betreiber der fiktiven Webbank wertvolle Erkenntnisse. Per Webanalyse stellt er fest, dass sich viele seiner Besucher besonders lange auf Seiten der Kategorie Baufinanzierung aufhalten. Die Klickpfade zeigen ihm, dass die recht knapp gehaltenen Unterseiten mit allgemeinen Informationen und FAQs zum Thema Neufinanzierung besonders häufig angeklickt werden. Trotz hoher Klickzahlen in diesem Bereich ist die Konversionsrate jedoch eher gering. Zum Teil wechseln die Besucher von den reinen Informationsseiten zwar zu den Formularen, über die man ein individuelles Angebot zur Neufinanzierung einholen kann. Die Anzahl der Besucher, die tatsächlich ein Angebot anfordern, ist aber gering. Der Betreiber der Webbank analysiert die kritischen Informationsseiten inklusive Anforderungsmaske mithilfe der Mouse-Tracking-Lösung nun genauer. Anhand der aufgezeichneten Mausbewegungen stellt er fest, dass die allgemeinen Informationen zwar auf grosses Interesse stossen. Ergebnislose Klicks auf nicht klickbare Zwischenüberschriften und die Scroll-Verläufe zeigen ihm jedoch, dass die Besucher möglicherweise weitere Informationen und Verlinkungen suchen. Ein genauerer Blick auf die Formularstrecke, mit der sich individuelle Angebote anfordern lassen, ergibt, dass die meisten Abbrüche im Feld «Handy-Nummer» passieren, das als Pflichtfeld gekennzeichnet ist. Zudem erfährt er, dass die Besucher besonders lange im Feld «Berufsgruppe» verweilen. Nutzerbefragung Nachdem nun durch diese passive Beobachtung der Besucher und die Analyse ihres Nutzungsverhaltens die neuralgischen Punkte klar sind, möchte der Betreiber von den Besuchern selbst wissen, wie zufrieden sie mit dem Internet­auftritt sind. Da Zufriedenheit eine subjektive Wahrnehmung ist, die sich durch Beobachtung nicht messen lässt, empfiehlt sich eine aktive Onsite-Befragung mit einer Software, die bestimmte Merkmale abfragt – z.B. Usability oder Inhalt – und automatisch zeigt, durch welche Optimierungsmassnahmen sich die Besucherzufriedenheit am ehesten steigern lässt. Unsere Webbank erfährt so, dass die Besucher mit dem Layout der Website sehr zufrieden sind. Weniger zufrieden sind sie jedoch mit dem geringen Angebot an weiterführenden Informationen sowie mit den Interaktionsmöglichkeiten. Die Nutzer wünschen sich zum Beispiel Checklisten zu wichtigen Aspekten einer Finanzierung wie Eigen- und Fremdkapital, Eigenleistungen oder Kaufnebenkosten. Darüber hinaus fänden sie es sehr hilfreich, wenn zu bestimmten Zeiten ein Baufinanzierungsexperte im Live-Chat zur Verfügung stehen würde. Nächste Seite: Feeback per Button einholen Da die Befragungs-Software mit einem Klick auch eine übersichtliche Alterspyramide und eine Segmentierung auf Rohdatenbasis liefert, kann der Betreiber seine Besucher noch differenzierter betrachten. Er stellt fest, dass überdurchschnittlich viele Besucher zwischen 25 und 35 Jahre alt sind, hauptsächlich in Deutschland wohnen und mehrheitlich Männer sind. Letztere suchen vor allem nach weiterführenden Informationen zum Thema Neufinanzierung und dabei insbesondere zu Konditionen, Tilgung und Rückzahlung. Die priorisierten Handlungsempfehlungen, die seine Software ihm automatisch zur Verfügung stellt, zeigen, dass er durch umfangreichere Inhalte in diesem Bereich die Zufriedenheit seiner Besucher wesentlich steigern kann. Feedback per Button einholen Für ein noch detaillierteres Besucher-Feedback aktiviert der Betreiber nun zusätzlich einen Feedback-Button auf seiner Webpräsenz. Über diesen können seine Besucher direkt Lob, Fehlermeldungen und konkrete Verbesserungs­vorschläge zu jeder einzelnen Seite senden. Erkenntnisse verknüpfen Für ein wirklich effizientes Webcontrolling ist es letztendlich entscheidend, die gewonnenen Erkenntnisse intelligent miteinander zu verknüpfen. Dazu bedarf es einer Web-Controlling-Lösung, die diese verschiedenen Werkzeuge in einer Gesamtlösung integriert und auch Cross-Segmentierungen erlaubt. Das heisst, um spezifische Fragen zu beantworten, können werkzeugübergreifende Segmente gebildet werden, etwa: Welche Browser benutzen 40- bis 49-jährige weibliche Besucher mit der Absicht, Finanzierungsangebote einzuholen? Über welche Kampagnen kommen Männer auf die Website, die sich für Baufinanzierungskredite interessieren? Wie zufrieden sind die Besucher, die über eine bezahlte Suchmaschinenanzeige auf die Präsenz kommen, verglichen mit den Nutzern des natürlichen Index’? Nächste Seite: Erst analysieren, dann handeln Nur wer derartige Fragen beantworten kann, ist in der Lage, eine nutzerzentrische Websiteoptimierung zu realisieren. Anhand der so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich dann auch die Online-Marketing-Massnahmen zielgrup­pen­­orientiert ausrichten. Der Besucher ist nicht mehr das unbekannte Wesen, über dessen Motive, Wünsche und Bedürfnisse sich lediglich Vermutungen anstellen lassen. Die 360-Grad- Perspektive, die eine integrierte Web-Controlling-Lösung bietet, erlaubt es, wirklich erfolgreiche Kampagnen zu entwickeln, die bei der Zielgruppe ankommen und sich mit deren Erwartungen decken. Fazit: Erst analysieren, dann handeln Mit dieser Herangehensweise – erst die Website analysieren und die Besucher kennenlernen, dann den Onlineauftritt nutzerzentrisch optimieren – gewinnt der Betreiber gleich in mehrfacher Hinsicht: Ganz ohne teuer eingekaufte externe Beratungsleistungen oder Tests in einem Usability-Labor lernt er seine Besucher nicht nur genau kennen, sondern weiss auch, was sie von seiner Website erwarten und wie sie sich dort verhalten. Er erkennt kritische Punkte auf seinen Seiten sehr schnell, kann umgehend reagieren und den Wünschen seiner Besucher entsprechend optimieren. Das alles führt dazu, dass seine Besucher zufriedener und loyaler sind, die Konversionsraten steigen – und damit letztlich auch die Umsätze. Zum Autor: Christian Bennefeld ist Geschäftsführer der Hamburger etracker GmbHHarald Schodl


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