Baloise 21.02.2014, 10:46 Uhr

Von der IT-Abteilung zum Service Provider

Die Baloise Group hat europaweit ihre heterogenen IT-Infrastrukturen konsolidiert. Ziel war eine zentrale, vereinheitlichte Steuerung der IT-Prozesse. Das Projekt verlief erfolgreich.
Olaf Romer, CIO der Baloise Gruppe, hat erfolgreich die Konsolidierung der europaweiten IT durchgeführt
* Die Autorin ist Fachjournalistin aus München. Der Beitrag entstand im Auftrag der USU Gruppe. Der Schweizer Finanzdienstleister Baloise Group stand vor der Herausforderung, die in den einzelnen Ländern über die Jahre gewachsenen, heterogenen und komplexen IT-Infrastrukturen mit unterschiedlichen Anwendungen und vielfältigen Datenbeständen zu zentralisieren. Damit will der Konzern den Betrieb von den etwa 10 000 Systemen kostentransparent steuern sowie die Kalkulation und Planung der angebotenen IT-Leistungen und deren verursachergerechte Verrechnung ermöglichen. Ausserdem sollen alle Mitarbeiter einen einheitlichen Client erhalten. «Um diese Vorgaben zu erreichen, mussten wir uns von einer zentralen IT-Abteilung zum konzernweiten Service Provider wandeln, erklärt Olaf Romer, Leiter der konzernweiten IT. Und dafür galt es, optimale Voraussetzungen für die konzernweite Zusammenarbeit zu schaffen.

Formale Prozesse als Basis

Dazu gehörte in erster Linie der Aufbau einer einheitlichen CMDB (Configuration Management Database) als Grundlage jeder Zentralisierung und Konsolidierung komplexer IT-Infrastruktur. Die Konfigurationsdatenbank als einzige Datenquelle soll mit redundanter Datenhaltung aufräumen und die Datenqualität verbessern, eine Berechtigungsstruktur ermöglichen sowie ganzheitliche Auswertungen zulassen. Für den kosteneffizienten Betrieb einer IT ist darüber hinaus Standardisierung unumgänglich. Deshalb musste das Projektteam zudem die Prozesse für die Planung, das Asset Management, Change Management sowie das Financial Management und das Service Request Management anpassen und formalisieren. Entscheidend aber für das Projekt ist letztendlich auch die Unterstützung dieser eng miteinander verzahnten Prozesse durch ein Service-Management-Werkzeug auf der Basis einer CMDB. Nach einer intensiven Evaluierungsphase entschied sich der CIO und seine Truppe Anfang 2010 für das Management-Tool Valuemation von der USU Gruppe. «Der gesamtheitliche Gedanke hinter dem Werkzeug sowie die Prozessorientierung bezüglich der Fachgebiete haben uns überzeugt», betont Olaf Romer. Die Module decken mit ITIL-konformen Prozessen die gesamte Servicekette ab, die der Dienstanbieter offeriert. Trotzdem lassen die Vorgaben genügend Spielraum für Anpassungen an die jeweiligen kundenspezifischen Anforderungen, so der CIO weiter. Für die Baloise mit ihren europaweiten Tochtergesellschaften ist das ein entscheidendes Kriterium, denn die individuellen oder lokalen Gegebenheiten müssen berücksichtigt werden, wenn der Dienstleister im Unternehmen zufriedene Kunden haben will. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Eine Datenquelle für alle

Eine Datenquelle für alle

Bereits Ende 2010 begannen die Baloise Group mit der Umsetzung der Prozesse, die vorher auf Basis des Feinkonzepts fixiert worden waren. Den Anfang machte der für alle Gesellschaften einheitlich aufgesetzte Prozess für das Asset Management, weil zuerst die CMDB mit einheitlichen, qualitativ hochwertigen Daten zu befüllen war. Best Practice ist laut Olaf Romer hierbei der «Mut zur Lücke». Er empfiehlt, genau zu durchdenken, welche Daten in den Prozess einfliessen sollen, denn zu viele Daten führen zu einer komplexen, aufwändigen Verwaltung.  Der wichtigste Schritt für einen kosteneffizienten IT-Betrieb ist laut Romer ein einheitliches Change Management dar, das die Änderungsanforderungen sauber dokumentiert und mit dem Financial Management verknüpft und mit Kosten belegt. Change Management bewirkt Änderungen im laufenden Betrieb an den Assets und somit in der CMDB. Aus Gründen der Revisionssicherheit, aber auch weil der Prozess sehr komplex ist, empfiehlt es sich, diesen Prozess international einheitlich und möglichst nahe am ITIL-Standard zu halten. Deshalb lag es für den CIO und sein Team nahe, den von Valuemation angebotenen Ablauf zu übernehmen.

One Fits All gibt es nicht

Als nächstes ging es dann um die Umsetzung eines formalisierten Service Request Managements, das A und O eines IT-Dienstleisters. Service Request bzw. das Antragsverfahren, bei der Baloise Group als iShop bezeichnet, ist auch die Grundlage für den internationalen Rollout des Standard-Clients. Zum Einsatz kommt mit Orchestra auch ein Schnittstellengenerator, der die Anbindung an Fremdsysteme wie z.B. SAP und damit die Datenübernahme von Kostenstellen, Planungsinformationen oder Organisationsdaten ermöglicht. Die Abläufe für das Antragsverfahren liessen sich nicht für alle Tochtergesellschaften in den verschiedenen Ländern gleich aufsetzen, denn die Niederlassungen sind unterschiedlich gross, es gelten jeweils andere SLAs (Service Level Agreements), und auch die lokalen Gepflogenheiten müssen berücksichtigt werden. Als Lösung wählte der Baloise IT-Dienstleister einen so genannten Cluster-Ansatz: Die drei grossen Niederlassungen mit der Schweiz, Deutschland und Belgien bilden das eine Cluster, während die kleineren in einem zweiten Cluster zusammengefasst sind. Nur Luxemburg bildet eine eigene Einheit, weil für das Land eigene Finanzgesetze gelten, die eine Konsolidierung der IT in die Schweiz untersagen. Die Grundstruktur der Prozesse ist überall gleich gestaltet, aber gewisse Abläufe sind Cluster-spezifisch aufgesetzt und berücksichtigen in gewissem Masse die lokalen Anforderungen. Beispielsweise ist für kleinere Tochterunternehmungen der Antragsablauf vereinfacht worden. «Die Umsetzung dieses komplexen Cluster-Ansatzes war nur dank der Flexibilität und der einfachen Möglichkeiten der Anpassung von Valuemation realisierbar», erklärt der CIO. Doch neben den technischen Herausforderungen galt es auch taktische zu meistern, gerade wenn es um Änderungen an Arbeitsabläufen geht: «Alle Betroffenen müssen sich an einen Tisch setzen und gemeinsam die Anforderungen festlegen. Denn wer versteht und mitdenkt, kann auch Kompromisse akzeptieren», hat Romer festgestellt. Schliesslich implementierte Baloise noch den Prozess für Financial Management, der mit den anderen Prozessen verknüpft ist, sodass die Kundenanfragen mit Kosten oder weiteren Vorschlägen belegt werden können. Der Standardprozess umfasst auch die IT-Budgets für die Kunden, und die IT-Zentrale kann daraus die Rechnungen für die in Anspruch genommenen Leistungen erstellen. «Mithilfe des Servicemanagement-Tools sind wir nun in der Lage, für unsere europäischen Niederlassungen auf Knopfdruck ganzheitliche Auswertungen zu den durchgeführten Änderungen zu machen und zuverlässige Aussagen zu treffen, etwa zur kundenorientierten Servicekalkulation und -planung», erläutert Romer. Die Budgetplanung für 2013 wurde bereits komplett mit Valuemation gemacht und über einen automatisierten Prozess direkt ins SAP-System eingespielt. Zudem kann der IT Service Provider revisionssicheres Reporting für Kunden und für das obere Management gewährleisten. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Fazit und Projektbeschrieb

Fazit

Der Aufwand für die Zentralisierung der IT-Infrastruktur und die Standardisierung der Service-Abläufe hat sich gelohnt: «Wir können nun mit einer Infrastruktur die gleiche Funktionalität für alle anbieten und trotzdem zwischen den unterschiedlichen Kundengruppen der verschiedenen Länder unterscheiden», so das Fazit der Projektbeteiligten. Zudem erleichtert die klare Struktur einer vereinheitlichten CMDB und der damit verknüpften vorgegebenen Prozesse die Arbeit und fördert Synergieeffekte – für die Baloise Group sehr wichtig, weil die IT-Teams trotz der zusätzlichen Kunden nicht mehr Ressourcen haben als vorher.
Das Projekt 
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Die Bâloise Holding AG ist ein Schweizer Versicherungskonzern mit Sitz in Basel. Der Konzern tritt als Baloise Group auf. Er beschäftigt ungefähr 8800 Mitarbeiter in ganz Europa und ist der drittgrösste Schweizer Allbranchen-Versicherungsdienstleister für Private und Unternehmen. Zu der Baloise Group gehören die Basler Versicherungen Schweiz, die Fondsgesellschaft Baloise Fund Invest (Lux), diverse Immobilien sowie die Baloise Bank SoBa mit Hauptsitz in Solothurn.


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