08.08.2012, 11:46 Uhr

Lieferantensteuerung über die Cloud

Der Automobilzulieferer Tedrive Steering Systems hat seine Auftrags- und Versandabwicklung sowie die komplette Kommunikation mit seinen Geschäftspartnern in die Cloud ausgelagert. So bleiben Kosten und Arbeitsaufwand überschaubar.
Tedrive Steering Systems hat seine Auftrags- und Versandabwicklung sowie die komplette Kommunikation mit seinen Geschäftspartnern in die Cloud ausgelagert.
Die Autorin schreibt Fachbeiträge im IT-Umfeld. Der Beitrag entstand im Auftrag der Seeburger AG.
Automobilzulieferer sind auf effiziente Prozesse in der Kommunikation mit ihren Geschäftspartnern und Auftraggebern angewiesen, denn die Konkurrenz ist gross und die Kunden anspruchsvoll. Das ist bei der Tedrive Steering Systems GmbH nicht anders. Der Autozulieferer ist auf die Entwicklung und Fertigung von Lenksystemen spezialisiert und liefert unter anderem das intelligente Lenksystem für den neuen Ford Transit. Schon 2007 hatte Tedrive daher massiv in die Modernisierung seiner IT-Infrastruktur investiert und ein SAP-System eingeführt. Der Datenaustausch zwischen dem eigenen SAP-System und den Fremdsystemen der Geschäftspartner und Lieferanten wurde dabei über SAP NetWeaver Process Integration gelöst. Drei bis vier Jahre gelten in der IT-Branche als langer Systemlebenszyklus. Bereits 2010 entschied sich der Zulieferer deshalb, den Austausch mit den Lieferanten in eine EDI-basierte Cloud-Lösung auszulagern, um die Kommuni­kation mit den Partnern noch effizienter zu gestalten und die IT-Ressourcen in Grenzen zu halten.

Unterbrechungsfreier Umstieg

Reibungslose Warenflüsse sind eine Schlüsselvoraussetzung in der Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und Abnehmer. Daher war es wichtig, die Geschäftspartner schnell und zuverlässig an die neue Form der Geschäftskommunikation anzudocken. Mit der Umsetzung der Lieferantenanbindung über die Cloud beauftragte das Unternehmen die Seeburger AG, weil das auf die Integration von Geschäftsprozessen spezialisierte Unternehmen «schon viele Projekte mit Lieferantenanbindung im Automobilumfeld realisiert hat», wie Tedrive-Geschäftsführer Thomas Brüse erklärt, und damit «über die notwendige Erfahrung verfügt». «Zudem bieten sie Lieferantenintegration als flexible Cloud-Lösung an», so Brüse weiter. In einem Service Level Agreement einigte sich das Unternehmen mit dem Cloud-Provider auf die wesentlichen Leistungsparameter. Ab Mai 2010 wurden innerhalb von sechs Wochen Kunden und Lieferanten an das neue System angebunden. Dazu wurden die IDoc-Daten aus der SAP-Anwendung in die Formate Edifact (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport) und VDA (Format des Verbands der Automobilindustrie) konvertiert, sodass sie mit der WebEDI-Plattform kompatibel sind. Insgesamt konnten so in einem Hauruckverfahren 120 Nachrichten­beziehungen realisiert werden. Die Anzahl dieser Nachrichtenbeziehungen, zum Beispiel Bestellprozess, Lieferavis, Bestellkorrektur, ist von Partner zu Partner unterschiedlich. Die WebEDI-Plattform kommuniziert nun direkt mit dem ERP-System von Tedrive. Die EDI-Lösung beinhaltet alle in der Automobil­industrie üblichen Standardprotokolle wie OFTP, IP, ISDN und AS2. Über diese Netze werden die verschlüsselten Nachrichten verschickt. Ausschlaggebend für Tedrive war insbesondere, dass die Cloud-Lösung auch über OFTP2 verfügt. Weil schwedische Geschäftspartner wie Volvo dieses Protokoll nutzen, spart Tedrive damit kontinuierlich Übermittlungskosten. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Anbindung für alle

Anbindung für alle

Da der Lenksystemspezialist auch kleinere Unternehmen zu seinen Lieferanten zählt, musste die neue Lösung auch für diese ausgelegt sein. Gerade kleine Lieferanten verfügen aber häufig nicht über die notwendige Software, um EDI-fähig zu sein. Der Geschäftsbeleg­austausch mit diesen Lieferanten über klassische Wege wie E-Mail und Fax war bisher nur mit grossem manuellem Aufwand möglich. Daher sollte in einem zweiten Schritt ab September 2010 mit den nicht EDI-fähigen Lieferanten über eine WebEDI-Automotive-Lösung kommuniziert werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die Prozesse und der Nachrichtenaustausch einschlägigen Standards folgen. Wo dies nicht zutraf, wurden die Abweichungen vom Standard in einem Kundenprofil abgebildet.
Der Automobilzulieferer entschied sich für die Nutzung der Logistic Solution Professional (LSP). Diese Cloud-Lösung ist auf die Bestell- und Lieferprozesse der Automobilbranche zugeschnitten. Unternehmen und Lieferanten haben über ein Onlineportal Zugriff. Hierzu meldet sich der Lieferant im Internet über das Portal an und gibt seine Daten ein. So lassen sich Bestellungen und Lieferavis auch mit kleinen Partnern über das Internet abwickeln. Standardgeschäftsprozesse laufen dabei vollelektronisch ohne manuellen Aufwand ab. Dazu schickt Tedrive beispielsweise einen Lieferabruf an einen kleinen Lieferanten. Dieser erstellt online einen Lieferschein und kann nun das Dokument elektronisch an Tedrive zurückschicken. Dies vereinfacht die Logistikprozesse des Automobilzulieferers ungemein. Die Tedrive-Mitarbeiter mussten sich nicht umgewöhnen, da die Daten automatisch im SAP-System landen. Für die Lieferanten wurden ab September 2010 Schulungs-Webcasts angeboten. Da die WebEDI-Plattform intuitiv bedienbar ist, fielen auch keine zusätzlichen Schulungszeiten an. «Unser Ziel bestand darin, Lösungen zu installieren, die zuverlässig skalierbar und innovativ sind und uns dabei unterstützen, unsere Geschäftstätigkeit zukünftig auszubauen», fasst Thomas Brüse zusammen. Einer der grossen Vorteile der neuen Lösung in den Augen des Tedrive-Geschäftsführers: «Auch zukünftig lassen sich Neukunden und Lieferanten rasch an die IT-Infrastruktur von Tedrive anbinden.»
Das Projekt
Anforderung - Integration aller relevanten EDI-Partner - OFTP2-Kommunikation zu allen Geschäftspartnern - Bestell- und Lieferprozesse nach VDA-Standard integrieren und automatisieren

Lösung - Managed EDI Services – individuelle B2B-Integration - Logistic Solution Profes­sional als WebEDI-Plattform (Auftrags-/Versandsteuerung für Automobilzulieferer, Systemlieferanten und Logistikpartner)

Umfang - Lieferplan- und Versandabwicklung aller OEMs - Druck- und EDI-Handling aller erforderlichen Dokumente - Unterstützung verschiedener Prozesse wie PickUp-Prozesse (z.B. VW NLK), JIS-Prozesse (z.B. AUDI Perlenkette, PSA-V2, Renault CINDI) - Belieferung über EDL/LLZ - GTL-Label-Druck - Unterstützung aller VDA-/Odette-/EDIFACT- und anderer Kundenformate - Schnittstellen zu allen gängigen ERP-Systemen auf Basis vorhandener Konnektoren - Finanzprozesse (Rechnung, Gutschrift) - Stammdatenverwaltung (Kunden, Spediteure, Firmenwerke, Artikel, Behälter) - Mehrsprachigkeit, Unicode-fähig aufgrund des weltweiten Einsatzes der Plattform
Standardformate für die Partnerkommunikation
Ob für den Austausch von Konstruktionsdaten oder das Logistikmanagement, wichtig ist, dass die Anwendung des Partners und die des Unternehmens dieselbe Sprache sprechen. Hier spielen Standardformate eine grosse Rolle. Für den Transfer werden die Daten in standardisierten Formaten wie VDA, EDIFACT, ODETTE, ANSI X.12 oder XML konvertiert. Zu den am weitesten verbreiteten Protokollen in der europäischen Automobilbranche gehört OFTP2 (Odette File Transfer Protocol Version 2). So können bei der Kommunikation mit Partnern, die dieses Protokoll ebenfalls unterstützen, dauerhaft Übermittlungskosten gespart werden. Hierfür tauscht das Unternehmen mit seinen Partnern die Odette-IDs des Verbands der Automobilindustrie aus. Die Daten können anschlies­send in beiden Richtungen – verschlüsselt oder unverschlüsselt – ausgetauscht werden. Der Datentransfer ist passwortgeschützt. Empfangsbestätigungen lassen den Sender wissen, ob seine Daten sicher angekommen sind.


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