Studie von NTT Security 28.06.2019, 14:33 Uhr

Lasche Compliance bei Schweizer Firmen

Schweizer Unternehmen nehmen die Compliance nicht sonderlich ernst. Sie gehen eher auf Lösegeldforderungen ein statt Strafen für die Nichteinhaltung zu zahlen. So das erschreckende Ergebnis des aktuellen Risk-Value-Report von NTT Security.
(Quelle: foto: fotolia / cacaroot)
Im Vergleich zum Vorjahr würden mehr Schweizer Unternehmen im Falle eines Sicherheitsvorfalls Lösegeld an die Hacker zahlen als stärker in die Informationssicherheit zu investieren, da sie ein solches Vorgehen für kostengünstiger halten. Zu diesem brisanten Fund kommt der aktuelle und jährlich durchgeführte Risk-Value-Report, der vom Marktforschungsunternehmen Jigsaw Research im Auftrag von NTT Security durchgeführt wird.
Demnach gaben im vergangenen Jahr 23 Prozent der befragten Entscheidungsträger an, bei einer Ransomware-Attacke lieber auf die Forderungen der Angreifer einzugehen, in diesem Jahr sind es sogar 40 Prozent. Das korreliert mit der Aussage, dass 44 Prozent der Schweizer Unternehmen eher Lösegeld als eine Strafe dafür zahlen würden, dass sie nicht die geltenden Gesetze und Richtlinien eingehalten haben. «Dieses Ergebnis ist mehr als erschreckend, gerade auch angesichts der nicht abebbenden Gefahr von Ransomware-Angriffen», erklärt Kai Grunwitz, Senior Vice President EMEA bei NTT Security. «Wenn sich Unternehmen nun von der Bezahlung von Lösegeld Kostenvorteile versprechen, ist das in unseren Augen mehr als trügerisch. Und das böse Erwachen wird früher oder später für viele kommen.»
Kai Grunwitz von NTT Security warnt eindringlich davor, bei Ransomware-Angriffen Lösegeld zu zahlen
Quelle: PD
Dabei sind sich die Unternehmen der drohenden Gefahr durchaus bewusst: Laut den befragten Entscheidungsträgern stellen Cloud (24 Prozent), BYOD (20 Prozent), Ransomware (18 Prozent) und IoT (12 Prozent) in den nächsten 12 Monaten eine mögliche Bedrohung dar. Fast zwei Drittel fürchtet jedoch, dass die Sicherheitslücke innerhalb des Unternehmens liegt: Böswillige Insider-Bedrohungen wie Datendiebstahl (30 Prozent), versehentliche oder fahrlässige Sicherheitslücken (28 Prozent), aber auch eine Schatten-IT (16 Prozent) und Phishing (36%) stufen die Befragten als potentielles Sicherheitsrisiko ein.

Incident-Response nach wie vor Fehlanzeige

Verfügbarkeit von Incident-Response-Plänen in Schweizer Unternehmen 2019
Quelle: NTT-Security
Wenig überraschend ist, dass lediglich 42 Prozent der Unternehmen bereits über einen Incident-Response-Plan verfügen; immerhin 38 Prozent stecken laut Studie im Implementierungsprozess und weitere 10 Prozent planen die Umsetzung entsprechender Massnahmen in naher Zukunft. «In den vergangenen Jahren hat sich in den Unternehmen bezüglich des Incidet-Response-Plans trotz zahlreicher bekannt gewordener Sicherheitsvorfälle und ständig zunehmendem Schadenspotential nicht viel geändert. Obwohl nur mit dedizierten Ablauf- und Notfallplänen angemessen und schnell auf IT-Sicherheitsvorfälle reagiert werden kann, verfügt noch immer nicht mal die Hälfte der befragten Unternehmen über einen Incident-Response-Plan», fasst Grunwitz zusammen. «Auch die erfreulich hohe Zahl laufender Implementationen und Projekten in Planung ist bei genauer Betrachtung ernüchternd: die vergangenen Studien machen deutlich, dass sie oft nur Compliance getrieben sind und reine Absichtserklärungen bleiben, die nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Incident-Response-Readiness der Unternehmen im Folgejahr führen – nur wenige dieser Incident-Response-Projekte werden erfolgreich umgesetzt», ergänzt er.
Entwicklung der Incident Response Readiness der DACH-Unternehmen von 2017–2019
Quelle: NTT Security
Auch bezüglich der Sicherheitsrichtlinien sieht es nicht besser aus. Erst rund die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) haben vollständige Sicherheitsrichtlinien eingeführt. 21 Prozent haben ihre Mitarbeiter allerdings nicht aktiv über die Richtlinien informiert. «Es ist unerlässlich, die Mitarbeiter ausreichend über die Gefahren und den richtigen Umgang mit ihnen zu schulen – vor allem da Social-Engineering-Angriffe immer beliebter werden. Jeder Mitarbeiter wird schnell zur Sicherheitslücke, wenn er keine sehr gute Security-Awareness besitzt. Unternehmensspezifische Awareness-Trainings können für die Thematik sensibilisieren und ihnen Sicherheit im Umgang mit entsprechenden Vorfällen bieten», betont Grunwitz.
Der Austausch innerhalb des Unternehmens zum Thema Sicherheit muss überhaupt deutlich steigen: Nur 66 Prozent der befragten Entscheidungsträger gaben an, auf dem aktuellen Stand bezüglich Attacken, potentiellen Attacken und der Compliance in ihrem Unternehmen zu sein. Das korreliert mit der Aussage, dass nur in 68 Prozent der Unternehmen Sicherheit ein regulärer Punkt bei der Vorstandssitzung ist. Dass zudem 46 Prozent schon von einem Sicherheitsvorfall betroffen waren, dennoch 42 Prozent der Befragten davon ausgehen, nie in diese Situation zu kommen, unterstreicht, dass sie sich der Gefahr noch bewusster werden müssen.
Über die gravierenden negativen Auswirkungen, die ein Sicherheitsvorfall mit Datendiebstahl hat, sind sich die befragten Unternehmen schliesslich durchaus bewusst: Genannt wurden Verlust des Kundenvertrauens (42 Prozent) Beeinträchtigung der Reputation (38 Prozent) und finanzielle Einbussen (36 Prozent).



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