Werksbesichtigung in Überlingen 16.10.2018, 18:18 Uhr

Lancom setzt auf regionale Produktion

Lancom, einer der führenden Anbieter in Netzwerktechnik, produziert die Hardware für seine Lösungen in Partnerschaft mit Rafi Eltec. Ein deutsches Gespann auf Erfolgskurs.
Blick in die Werkhalle von Rafi Eltec
(Quelle: Lancom)
«Time to Market» ist besonders in der IT-Branche ein bedeutender Erfolgsfaktor für Produkt und Unternehmen. Auch wenn die Distanzen zu den Produktionsstätten im Fernen Osten immer kürzer werden, können in der Verständigung die Zeiten manchmal lang sein.
Für ein deutsches Unternehmen wie Lancom, das sich der Netzwerktechnik- und Sicherheit mit der Marktprämisse DACH verschrieben hat, ist eine örtlich nahe Partnerschaft ein strategischer Vorteil. 

IT Made in Germany

Einer dieser Partner ist der Technologiedienstleister Rafi Eltec, ein weit verzweigtes Unternehmen mit breiten Entwicklungs- und Fertigungskompetenzen. 85 Prozent der Lancom-Produkte für Unternehmenskunden werden vom Rafi Eltec gefertigt, wie Vertreter des Unternehmens an einem Werksrundgang in Überlingen erklärten.
Die Produktpalette von Rafi Eltec umfasst indes noch viele weitere Produkte. Hierzu zählen Modems, Access Points, Router und Funkmodule, Digitalstrom-Applikationen, Sensorik und Messgeräte sowie Beschichtungen von Glas für Touch-Screen-Applikationen.
Die Dienstleistungen des Auftragsfertigers reichen von der Vorproduktion, inklusive Produktionsmittelbeschaffung bis zur Endmontage. Der Maschinenpark für alle Herstellungsvorgänge ist mobil und kann je nach Kundenauftrag individuell nach Bedarf aufgestellt.
Die Rafi-Eltec-Gruppe erwirtschaftete nach eigenen Angaben vergangenes Jahr einen Gesamtumsatz von rund 453 Millionen Euro. Hierzu trug das besuchte Werk 65 Millionen Euro bei. In der 2013 neu errichteten Fertigungshalle in der Nähe des Bodensees arbeiten zirka 300 Mitarbeiter, 40 Prozent von ihnen sind Ingenieure und Techniker.
Das Unternehmen hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Das Werk, 1975 als Stephan Elektronik gegründet, wurde im Jahr  2000 vom finnischen Technologieunternehmen Elcoteq gekauft. Dieser veräusserte seine Anteile 2005 an den Konzern Rafi, wodurch die heutige Rafi Eltec entstand.

Lancoms weitere Strategie

Ein All-IP-Anwendungsszenario in der Übersicht
Quelle: Lancom
Vertreter Lancoms nutzten die Werksbesichtigung und boten neben einer Übersicht in die Produktion ihrer Netzwerkprodukte durch Rafi Eltec auch einen Einblick in die eigene Geschäftsstrategie. Denn im Sommer dieses Jahres hatte Rohde & Schwarz seinen Aktienanteil aufgestockt und die Mehrheit an Lancom übernommen. Damit, so erklärte die Geschäftsleitung, werden Synergiepotentiale in Technologie, Vertrieb und weitere Internationalisierung vorangetrieben.
Der Security-Know-how-Transfer bereichere überdies das ganze Unternehmen und die Aussicht auf neue Märkte vergrössere sich. Lancom soll als eigenständige Tochter weitergeführt werden. Vertriebsmodell, Partnerprogramm und Marke blieben unverändert. In den vergangenen Jahren wuchs der Umsatz Lancoms jährlich um zirka 14 Prozent. Zuletzt erwirtschaftete die Netzwerkspezialistin einen Umsatz von 75 Millionen Euro und beschäftigte 350 Personen.
Lancom will den bisherigen Kurs weiterfahren und mit seinen Lösungen Anwendern einen Gesamtüberblick über zentrale Security- und Compliance-Informationen im gesamten Netzwerk bieten. Ein wichtiges Produkt ist die hauseigene Cloud-Lösung des Sicherheitsanbieters. Über diese werden Zugriffsversuche, Ausfallzeiten, Garantiestatus und vieles mehr aufgezeichnet und verwaltet.
Das Sicherheitskonzept kann nach Herstellerangaben mit dem Kunden nach dessen Wünschen und Bedürfnissen individuell abgestimmt werden. Die Lösungen Lancoms bieten hierfür die marktüblichen Funktionen wie Next-Generation-Firewall mit Antivirus, Antispam, Webfilter, IDS/IPS, Sandboxing, Black- und Whitelisting.

Aussergewöhnliche Anwendungen

Wie so etwas in der Praxis aussehen kann, zeigt das Kundenbeispiel Air Zermatt. Hier wurde ein Cloud-basiertes Software-defined Network auf Basis von Lancoms Hardware und der Management Cloud installiert mit ortsunabhängigem Monitoring, das eine Rasche Implementierung von neuen WLAN-Diensten und Features wie VoIP, VLAN und QoS ermöglicht.
In einer Seilbahn erfolgte die Montage von Outdoor-WLAN-Komponenten in über 30 Kabinen, an den Seilbahnstützen sowie in der Tal- und Bergstation. Dies ermöglicht die zentrale Bedienung und Steuerung von Licht, Gegensprechanlage und Videoüberwachung sowie den WLAN-Internetzugang für die Fahrgäste in der Seilbahn.
Der weitere Nutzen sei eine ausfallsichere und witterungsbeständige Vernetzung auf Basis günstiger Standardkomponenten. Die ganze Steuerung und Wartung der Datenübertragung erfolgt über den IT-Raum in der Bergstation.
Der Kunde profitiert gemäss Hersteller von einem stabilen und ausfallsicheren Netz auch unter extremen Witterungsbedingungen, einer gegenüber dem vorherigen Zustand gesteigerten Reichweite und verbesserten Sendeleistung. Die Lösung für das Netzwerkmanagement könne zudem leicht bedient werden. Die Geräte seien  einheitliche konfiguriert, was eine Erweiterung des Netzwerks in Zukunft erleichtern soll.
Zum Autor
Albert Schellenberg
ist Technologie-Journalist bei Publiscript.



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