Streaming-Dienste 04.04.2018, 06:43 Uhr

Spotify legt bei unüblichem Börsengang kräftig zu

Der Börsengang von Spotify an der New Yorker Börse war in vielfacher Hinsicht ungewöhnlich: Die Aktie wurde direkt platziert, also ohne vorgängigen Preisbildungsprozess. Zudem mutierte Spotify, zumindest was die Beflaggung am Nyse anbelangt, kurzfristig zum Schweizer Unternehmen.
(Quelle: pd/jst)
Für Spotify hat sich sein ungewöhnlicher Börsengang ausgezahlt. Der schwedische Musikstreaming-Anbieter schaffte am Dienstag an der New York Stock Exchange (Nyse) die wertvollste jemals erreichte Direktplatzierung.
Der Aktienwert stieg um bis zu 28 Prozent auf 169 Dollar. Die Orientierungsmarke der Nyse hatte bei 132 Dollar gelegen. Damit war das Unternehmen, dessen 35-jähriger Chef Daniel Ek auf Understatement setzte und auch auf Rituale wie das Läuten der Glocke zur Börseneröffnung verzichtete, mit einem Schlag fast 30 Milliarden Dollar wert. Zum Handelsschluss lagen die Papiere mit 149,01 Dollar noch knapp 13 Prozent im Plus.
Vorab spielte Ek die Relevanz des Tages herunter und betonte, das Debüt am Aktienmarkt hebe das Unternehmen zwar auf die grosse Bühne, aber «es ändert nicht, wer wir sind, um was es uns geht und wie wir vorgehen».
Spotify, das weiterhin rote Zahlen schreibt, ist bereits weit gekommen. Das seit zehn Jahren am Markt befindliche Unternehmen aus Stockholm hält die grossen Technologiekonzerne wie Apple, Google und Amazon mit ihren Konkurrenzangeboten in Schach. Zudem ist es Spotify gelungen, den Wandel in der Musikbranche mitzugestalten.
Lange litt die Industrie darunter, dass immer weniger Menschen CDs kauften. Inzwischen kommen Marktschätzungen zufolge 60 Prozent aller Musikumsätze von Streamingdiensten, bei denen Nutzer Abonnements abschliessen, um Zugriff auf riesige Musikbibliotheken zu haben.

Trendsetter?

Für die Nyse war es die erste Direktplatzierung überhaupt. Experten vermutet, dass Spotify einen Trend lostreten und nun andere noch nicht börsennotierte Technologieunternehmen wie die Mitfahrdienste Uber und Lyft in die Fussstapfen treten könnten.
Dies würde vor allem Banken die Geschäfte erschweren, die für den von ihnen bei einem herkömmlichen Börsengang organisierten Preisbildungsprozess Gebühren verlangen.
Daniel Ek, CEO von Spotify
Quelle: pd
Im Vergleich zu einem typischen IPO sind bei Spotifys Börsengang deutlich mehr Aktien als üblich handelbar: fast 91 Prozent der insgesamt 178 Millionen Papiere. Spotify hatte die Direktplatzierung so gestaltet, dass Altinvestoren ihre Anteile auf den Markt werfen konnten, während keine neuen Aktien ausgegeben wurden.  Einige Marktteilnehmer warnten davor, den ersten Handelstag überzubewerten. Das Spotify-Debüt erfolgte inmitten einer vom Facebook-Datenskandal und Trumps Amazon-Kritik ausgelösten Verlustserie bei US-Technologiewerten.
Allzu hohe Erwartungen wollte auch Ek nicht wecken. «Ich habe keine Zweifel daran, dass es Aufs und Abs geben wird», schrieb er im Unternehmensblog. «Manchmal sind wir erfolgreich, manchmal straucheln wir.» Volatilität gab es dann auch gleich am ersten Tag. Fünf Stunden nach Handelsbeginn lag die Aktie nur noch bei 150 Dollar.

Kein normales Unternehmen

Spotify sei kein gewöhnliches Unternehmen, begründete der 35-jährige Mitgründer Ek den speziellen Weg an die Börse, den an der Nyse bisher noch keiner gegangen ist. Es gab weder eine Werbetour bei Investoren, um die Aktien anzupreisen, noch eine Zeichnungsfrist oder einen Ausgabepreis. Das spart Zeit und Geld, ist aber auch riskant.
Spotify stremt Musik auf diverse Plattformen
Quelle: pd
Hinzu kam die Unsicherheit durch das zuletzt schwache Marktumfeld. Technologiewerte gehören seit dem Datenskandal bei Facebook und der Kritik von US-Präsident Donald Trump an Amazon zu den grossen Verlierern. Allerdings deutete am Dienstag alles auf eine Erholung hin. Zum Handelsstart legte der Dow Jones 0,5 Prozent zu.
Spotify gehört nach Snap, Facebook und Alibaba zu den grössten Börsendebüts von Techkonzernen an der Wall Street der letzten Jahre. Das Debüt des weltgrössten Internet-Netzwerkes 2012 verlief - auch wegen technischen Problemen - mehr als holprig. Trotzdem hat der Konzern von Mark Zuckerberg seither seinen Börsenwert mehr als vervierfacht. Spotify hat beim Emissionserlös zunächst den Betrag von bis zu einer Milliarde Dollar als Platzhalter angegeben. Zum Vergleich: Facebook sammelte am Ende 16 Milliarden Dollar ein.

Schweizer Flagge für die Schweden

Schliesslich kam es zu einer kleinen Verwechslung beim Börsengang des weltgrössten Musikstreaming-Anbieters Spotify an der Wall Street: Vor dem Gebäude hatte der Börsenbetreiber Nyse zur Begrüssung des Neulings eine Flagge aus der Schweiz aufgehängt. Spotify kommt aber aus Schweden.
Binnen Minuten hatte die Nyse den Fauxpas aber erkannt und die schwedische Fahne aufgezogen - gemeinsam mit zwei US-Flaggen und einem Spotify-Banner. Anschliessend twitterte die Börse dann mit Verweis auf die Schweiz als neutrales Land: «Wir hoffen, jeder hat unseren kurzen Lobgesang auf unsere neutrale Rolle bei der Preisgestaltung an diesem Morgen genossen.»



Das könnte Sie auch interessieren