Firmenfachbeitrag 21.05.2018, 08:40 Uhr

Im Zuge der Digitalisierung

Auch für ein Traditionsunternehmen wie die Rhätische Bahn ist der verstärkte und gezielte Einsatz moderner Technologien zur Sicherung der Zukunft äusserst wichtig. Die RhB hat dafür 2017 eine umfassende Digitalisierungsstrategie erstellt. Bereits davor wurden viele Projekte mit digitalem Charakter umgesetzt und eingeführt. Zum Beispiel ein fortschrittliches Reservierungssystem, welches zusammen mit der Infosystem AG entwickelt wurde.
Der Bernina Express überquert den weltbekannten Landwasserviadukt.
Die Rhätische Bahn gehört zu Graubünden wie das Leckerli zu Basel und die Ovomaltine zur Schweiz. Seit 1889 ist sie im Kanton unterwegs und transportiert Freizeitgäste, Pendler und Güter durch die spektakuläre Landschaft. Zwölf Millionen Personenfahrten werden pro Jahr durchgeführt, die Albula- und die Berninalinie zwischen Thusis, St. Moritz und Tirano sind bahntechnische Meisterwerke und zählen seit zehn Jahren zum Unesco-Welterbe. Zudem verfügt das Unternehmen mit dem Bernina Express und dem Glacier Express über zwei Marken, die weltweit bekannt sind.
Auf diesem Erfolg ruht man sich bei der RhB jedoch nicht aus. Um auch in Zukunft an der eigenen Geschichte schreiben zu können, hat die Unternehmensführung unter dem Stichwort «faszinierend anders unterwegs» einen Strategieplan 2020 entwickelt, in dem Digitalisierung und Innovation wichtige Rollen spielen. Beide Themen werden seit 2016 entsprechend mit hoher Priorität bearbeitet. So wurde im Jahr 2017 eine Digitalisierungstrategie entwickelt und anfangs 2018 vom Verwaltungsrat genehmigt. Im Kern soll mit der digitalen Transformation die Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden. «Wir möchten Technologie aktiv nutzen, um noch näher bei den Kunden zu sein, unsere Servicequalität weiter zu erhöhen, Prozesse zu optimieren und wo sinnvoll auch zu automatisieren sowie die interne Kommunikation und Zusammenarbeit zu stärken», fasst Sandro Pfammatter, Leiter Informatik bei der RhB, zusammen. Mit der Möglichkeit, Daten umfassend zu analysieren, können zudem Entscheidungsgrundlagen für das Management bereitgestellt und neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Massgeschneidertes Reservierungssystem

Zurzeit hat die RhB mehrere Digitalisierungsprojekte in der Pipeline. Vieles wurde bereits umgesetzt. Einige Beispiele: FAIRTIQ, die einfachste Fahrkarte der Schweiz, PassengerTV – der News und Informationskanal in den neuen Zügen der RhB, BEX info(t)rainment, die Information- und Entertainmentplattform im Bernina Express, Qualitas, die Plattform für die Erfassungen von Störungen, Verbesserungen und Innovationen sowie der RhB Liveticker, welcher bei Störungen die internen Stellen in Echtzeit informiert.
Ebenfalls erfolgreich in Betrieb ist ein sehr fortschrittliches Reservierungssystem. Das sogenannte ResSys hat die Infosystem AG in Wil (SG) in enger Zusammenarbeit mit den Spezialisten der RhB entwickelt. «Bei solchen Projekten sind wir auf zuverlässige Partner angewiesen. Mit Infosystem arbeiten wir bereits seit vielen Jahren erfolgreich zusammen», sagt Pfammatter. Eine erste Version vom ResSys wurde 2001 programmiert. 2010 wurde ein komplett neues Konzept ausgearbeitet und das ResSys von Grund auf neu entworfen. Diese Version ist seit 2012 produktiv im Einsatz und wurde seither ständig weiterentwickelt. Infosystem, die 2018 ihr 50-Jahre-Jubiläum feiert, arbeitet nach dem Leitsatz «So viel Standardsoftware wie möglich, so viele Individuallösungen wie nötig». Zu ihren Kunden zählen mehrere Unternehmen aus dem öffentlichen Verkehr, unter anderem die Airline SWISS.
Mit ResSys können Einzel- und Gruppenreservierungen bis auf den Sitzplatz genau gemacht werden. Und zwar sowohl von einem japanischen Reiseleiter, der bei sich in der Stube am Computer sitzt, wie auch vom Personal an den RhB-Bahnhöfen oder einem grossen Tour Operator im Unterland. Das System kann dabei unterschiedliche Kontingente und Platzkategorien (zum Beispiel Gruppen, Einzeln, Blockiert) verwalten. Zudem können diverse Zusatzartikel von Dritten erstellt und verkauft werden – ganze Reisepakete also, inklusive Hotels, Restaurants und Museumsbesuche. Gleichzeitig können auch Zug- und Platzservices (VIP-Plätze oder Essen am Sitzplatz) dazu gebucht werden.

Eine App für Zugbegleiter

Zentral können mit Hilfe von ResSys Wagenaffichen an den Dispositionsbahnhöfen erstellt und automatisch gedruckt werden. Bei der Einführung und Weiterentwicklung wurden viele Prozesse automatisiert: der Versand von Reservierungsbestätigungen, das Abarbeiten von Wartelisten, die Verarbeitung von Reservierungsanfragen (wenn noch kein Fahrplan vorhanden ist), die Platzzuteilung sowie eine SMS-Info für Gruppenreisende und vieles mehr. Dank einem integrierten Pendenzen-Management für alle Beteiligten, also dem Rail Control Center, Railservice, Zugbegleitpersonal und der Bahnhöfe, wird die Zusammenarbeit vereinfacht. Eine weitere wichtige Funktionalität des Systems sind die diversen Auswertungsmöglichkeiten für Produktmanager und das Management.
Bis heute wurden bereits mehrere Vertriebskanäle integriert:
  • Internationale Anbindung durch die UICSchnittstelle (International Union of Railways)
  • Standardisierte OTA-Schnittstelle (Open Travel Alliance) zur Anbindung von Webshops und anderen Partnern
  • PLABE-Schnittstelle zur vollautomatisierten Verarbeitung von SBB Gruppenreservationen
  • B2B Webportal für Reiseveranstalter
  • Eine Version mit reduziertem Funktionsumfang für die Bahnhöfe
  • Smartphone-App für das Zugbegleitpersonal
Mit der App für Zugbegleiter haben diese die Möglichkeit, die Anzahl Reisenden einer Gruppe elektronisch zurückzumelden, um allfällige Storno- und Annullierungsgebühren automatisch auszulösen, bestehende Reservierungen einzusehen oder Buchungen von Spontanreisenden vor Ort elektronisch zu erfassen. Damit das Zugpersonal bei schlechtem Signal trotzdem gut arbeiten kann, funktioniert die App auch im Offline-Modus.

Weniger Aufwand, bessere Auslastung

Die Einführung der App war ein grosser Schritt für die RhB. Da dadurch das Ausdrucken von unzähligen Reservierungslisten entfällt und das Zugpersonal sich laufend über gebuchte Gruppen und verfügbare Plätze - auch in anderen Zügen - informieren kann, wurde der Nutzen rasch erkannt. Die Verantwortlichen bei der RhB sind sehr erfreut über die Weiterentwicklung des Reservierungssystems, wie Michael Kistler, Leiter Marketing-Kommunikation & EBusiness der RhB sagt: «Die komfortablen Funktionen führen zu einer höheren Mitarbeiter-und Kundenzufriedenheit. Die Kunden profitieren vor allem von kürzeren Durchlaufzeiten und besserer Verfügbarkeit.» Auch die unkomplizierte Fahrplansuche mit Umsteigeverbindungen sowie die SMS über die Platzzuteilung, die bei Gruppenbuchungen automatisch verschickt wird, kommen bei den Kunden gut an.
Dank den elektronischen Gruppentickets, der automatisierten Fakturierung und der damit einhergehenden Zentralisierung der Arbeit konnte der Aufwand für Gruppenreisen auf den Bahnhöfen um rund 80 Prozent reduziert werden. «Durch das Reservierungssystem konnten wir mit einer eindrücklichen Reduktion des Aufwandes eine höhere Auslastung der Züge herbeiführen. Das ist ein grosser Erfolg», zieht Michael Kistler Bilanz. Selbst die Skepsis, welche die Digitalisierung in Unternehmen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oft auslöst, verflog rasch, sagt der Leiter Marketing-Kommunikation & E-Business: «Das System hat von Anfang an zuverlässig funktioniert, so haben die Mitarbeitenden rasch Vertrauen gewonnen.»
Zum Autor
Tobias Schnelli
Tobias Schnelli, Geschäftsleitungsmitglied der Infosystem AG.
Zum Unternehmen: Die Infosystem AG wurde 1968 gegründet und verbindet Erfahrung mit modernster Technologie. Seit seinen Anfängen legt das Unternehmen grossen Wert auf die Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeitenden. Infosystem ist darauf spezialisiert, bestmögliche Standardlösungen zu entwickeln, die wo nötig in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden individualisiert werden. Aufgrund der Release-Fähigkeit ist auch die auf den Kunden massgeschneiderte Software langlebig und über Jahre erweiterbar. Durch ein hohes Mass an persönlicher Betreuung entwickeln sich oft langjährige Partnerschaften.
Mehr Informationen: www.infosystem.ch
Dieser Beitrag wurde von der Infosystem AG zur Verfügung gestellt und stellt die Sicht des Unternehmens dar. Computerworld übernimmt für dessen Inhalt keine Verantwortung.

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