Webcon 09.08.2022, 12:29 Uhr

Eine Low-Code-Application-Plattform auswählen

Die Auswahl an Low-Code-Plattformen ist gross. Software-Anbieter Webcon erklärt, nach welchen Funktionen Anwender ihre Low-Code-Plattform auswählen sollten.
(Quelle: B. Lauer)
Zusammengesetzt versus integriert
Zusammengesetzte Plattformen verknüpfen eine Gruppe unterschiedlicher Ressourcen miteinander. Ein spezielles Formular-Werkzeug kann dann zum Beispiel mit mehreren Datenquellen verbunden sein, ein Workflow kann die APIs einer Vielzahl von in der Cloud gehosteten Webdiensten aufrufen und eine weitere Komponente könnte für die Datenpräsentation und die Metriken zuständig sein. Mit solchen Plattformen können Anwender aus bereits vorhandenen, aber noch unverbundenen Ressourcen neuen Mehrwert schöpfen. Der Nachteil: Die Bereitstellung dieser verknüpften einzelnen Assets aus einer Entwicklungs- in eine Test- oder Produktionsumgebung kann sehr komplex und aufwendig werden.
In integrierten Plattformen hingegen erstellen Anwender Formulare, Workflows, Datenschemata und Berichte ganzheitlich. Auch, wenn die Anwendung mit externen Daten verbunden ist, enthält sie zum Grossteil die eigenen Komponenten. Integrierte Plattformen machen die Versionierung und Bereitstellung von Anwendungen leichter, da diese als kohärentes Ganzes erstellt werden. Zudem bieten sie alle Komponenten einer Low-Code-Plattform unter einem Dach und in einem einzigen Tool. Wichtig: Im Ernstfall müssen Anwender die erstellten Applikationen wiederherstellen können. Eine Low-Code-Plattform sollte entsprechend nahtlose Backups, Migrationen und Aktualisierungen der zugrunde liegenden Technologie zulassen.
Application Lifecycle Management (ALM)
Eine gute Low-Code-Lösung ist in der Lage, Anwendungen in einer einzigen Umgebung zu erstellen, sie in einer anderen zu testen und in einer weiteren Umgebung für die Produktion einzusetzen. Ist das nicht möglich, müssen Anwendungen während der Nutzung bearbeitet werden – was hohe Risiken aufgrund der temporären Instabilität der Applikationen birgt. Auch hier bieten integrierte Lösungen Vorteile: Anwendungen, deren Komponenten als Set erstellt wurden, lassen sich leichter implementieren als solche, die vollständig aus externen Abhängigkeiten bestehen.
Doch auch integrierte Plattformen können externe Abhängigkeiten enthalten; idealerweise kann die Low-Code-Plattform Schnittstellen und Verbindungen also verwalten und automatisch anpassen, sobald eine Anwendung von einer Umgebung in eine andere übernommen wird. So wird beispielsweise während der Entwicklungs- und Testphase einer Anwendung in der Low-Code-Plattform das API zur Testinstanz eines Drittsystems angesprochen oder eine Verbindung zu einer Datenbank mit Testdaten genutzt. Mit Auslieferung der Anwendung in die Produktivumgebung werden diese Verbindungen dann «scharf geschaltet», indem sie automatisch auf die Produktivinstanz beziehungsweise die Datenbank mit Echtdaten wechselt.
Prozess-Engine
Ob diese nun als Skript, Workflow, Automatisierung, Prozess oder Orchestrierung bezeichnet wird – nahezu jede Plattform verfügt über eine Art von Ausführungs-Engine, die Aufgaben automatisieren kann. Die Workflow-Engines von Enterprise-fähigen Low-Code-Plattformen können:
  • Berechtigungen, Zuständigkeiten und Aufgaben zuweisen und bei Bedarf neu vergeben;
  • Auf eine Vielzahl von Ereignissen sowie Aktivitäten reagieren und geeignete Massnahmen ergreifen, Prozesse zulassen, die vorwärts, rückwärts oder seitwärts verlaufen können sowie diese effektiv an die Stakeholder des Unternehmens kommunizieren. Ausserdem lassen sich diese Plattformen durch benutzerdefinierten Code und/oder eine Anbindung an externe Dienste und automatisierte Logiken erweitern.
Change Management
Darüber hinaus sollte eine Low-Code-Plattform die einfache Durchführung von Aktualisierungen und Rollbacks unterstützen. Diese Änderungen sollten nicht nur schnell und sicher durchführbar sein, sondern auch den operativen Betrieb geringstmöglich stören. Es dürfen also keine langen Unterbrechungen durch die aufwendige Wiederherstellung von Daten auftreten oder gar Daten verloren gehen, die zu den in der Anwendung laufenden Geschäftsprozessen gehören. Eine Low-Code-Plattform sollte also nicht nur auf die Produktivität während der Entwicklungsphase ausgelegt sein, sondern während des gesamten Anwendungs-Lebenszyklus.
Cloud, On-Premise – oder beides?
Beim Cloud-first-Ansatz sollten Anwender bedenken, dass aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen und Zertifizierungskriterien oder auch internen Richtlinien manche Daten und Prozesse auch heute nicht in die Cloud verlagert werden können. Im Idealfall lässt eine Low-Code-Plattform das Hosting entsprechend sowohl vor Ort als auch in der Public Cloud zu – steht also als vollständig isolierte Plattform in einem separaten Tenant oder als Software-as-a-Service-Plattform in einer öffentlichen Cloud zur Verfügung. Anwender müssen dann prüfen, ob eine Plattform sowohl von lokalen als auch von Cloud-Umgebungen auf die entsprechenden Ressourcen zugreifen kann, und Berechtigungen sowie Sicherheitsaspekte bei den jeweiligen Lösungen bedenken.

Bernhard Lauer
Autor(in) Bernhard Lauer


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