27.07.2010, 06:00 Uhr
Mobile Kundenbindung
Wie man mit dem Einsatz von mobilen sozialen Netzwerken neue Wege im Customer-Relationship-Management beschreitet. Ein Beispiel aus der Praxis.
Nelli Heinze ist Marketing Managerin bei der match2blue social network solutions GmbH Rabattmarken reichen heute nicht aus: Im Zeitalter von Smartphones und Social Media muss ein Unternehmen neue Wege beschreiten, um unverwechselbare CRM-Programme anzubieten. Das Vielfliegerprogramm Miles & More entschied sich für ein Social Network, um die weltweit über 18 Millionen Mitglieder unter dem Dach der Marke zusammenzubringen. Solche Plattformen gab es allerdings viele, wie also sollten die Endnutzer dafür begeistert werden, eine zusätzliche zu nutzen?
Social Net als Service
Die Lösung: ein Location Based Social Network. «Für uns die beste Option, da wir auf ein verändertes Kundenverhalten, weg vom blossen Konsumenten, hin zu einem partizipativen, anspruchsvollen Prosumenten reagieren wollten», erklärt Dr. Torsten Wingenter von Miles & More. Gemeinsam mit dem auf mobiles CRM und Social-Networking-Applikationen spezialisierten Unternehmen match2blue entstand die Gratis-App «MemberScout«. Der Mehrwert der iPhone-App: Die Community-Mitglieder können sich direkt austauschen, Fragen stellen und beantworten oder auch konkrete Empfehlungen geben, zum Beispiel: «Wo gibt es das beste Steak in New York?» Andere Mitglieder lassen sich nach ähnlichen Interessen filtern und für spontane Kontakt-aufnahmen per Location-Filter ausfindig machen - eine Funktion, die für grosse Knotenpunkte wie Flughäfen ideal erschien. Zu den speziell an die Bedürfnisse von Vielfliegern angepassten Features zählt auch die Option «Post to Facebook», die den aktuellen Aufenthaltsort per Knopfdruck auf der eigenen Facebook Wall postet. Aus Unternehmenssicht steht der Service- und Kundenbindungsaspekt in Kombination mit der proaktiven Informationsübertragung zur aktuellen Position des Nutzers an erster Stelle. Und es besteht ein Kanal zur direkten Kundenansprache, über den relevante Informationen oder Angebote, beispielsweise zu Meilenaktionen, übertragen werden können. Als Nebeneffekt eröffnet der Transfer von ausschliesslich für den jeweiligen Empfänger relevanten Informationen (kontextbasiertes Matching) neue Möglichkeiten für Werbeaktionen mit minimalem Streuverlust. So kann etwa ortsgebundene Werbung von lokalen Partnerunternehmen eingeblendet werden. Durch die Datenübertragung in Echtzeit erhält der Konsument auch kurzfristige Spontanangebote: So lud an einem Aktionstag das Taj-Mahal-Hotel in New York alle MemberScout-Nutzer, die sich in der Stadt befanden, auf einen Drink ein.
Das Problem der vielen Berechnungen
Die technische Umsetzung stellte besondere Anforderungen: Informationen, etwa, welche Nutzer gerade in der direkten Umgebung sind, müssen das Endgerät sofort erreichen. Die Menge der für diese Informationen nötigen Berechnungen stellt auch aktuelle Hardware bei einer grösseren Anzahl an Nutzern vor Probleme. Letzteres hat match2blue durch den Einsatz von Complex Event Processing (CEP) gelöst. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die Interessen der Nutzer sowohl untereinander als auch mit realen Objekten, Restaurants zum Beispiel, in kürzester Zeit abgeglichen werden. Auf diese Weise können auch bei einem Wechsel des Aufenthaltsorts, etwa, wenn man eine Strasse entlang geht, ad hoc relevante Informationen berechnet und übermittelt werden. CEP garantiert, dass die Applikation auch für grössere Nutzerzahlen skaliert. Angenommen, es gibt 1000000 im System registrierte Orte/Nutzer und jede Sekunde führen 1000 Nutzer ein Update ihres Aufenthaltsorts durch, dann werden rund 1 Milliarde Berechnungen pro Sekunde benötigt, um herauszufinden, was sich in der Nähe der Nutzer befindet. Mit CEP kann diese Anzahl der Berechnungen auf ca. 40000 reduziert werden, ein signifikanter Performance-Gewinn.
Die praktische Umsetzung

Wie verdient man damit Geld?
Generell stärkt ein Unternehmen zunächst einmal allein durch die Bereitstellung eines solchen Services die Identifikation der Kunden mit der Marke. Der sekundäre Vorteil entsteht durch den direkten Kommunikationskanal zu den eigenen Kunden - und der Chance, über diesen die Customer Intelligence zu steigern, etwa mittels einer Feedback-Option, in der Produkte und Service bewertet werden können. Als dritter Effekt lässt sich die Option der Monetarisierung durch Mobile Advertising ausmachen. Hier ist ein strategischer Marketingansatz mit dem erklärten Ziel, hohe Nutzerzahlen zu generieren, entscheidend. Die Kosten, die auf ein Unternehmen bei einem mobilen Social Network zukommen, können sich laut match2blue vom mittleren fünfstelligen bis in den sechsstelligen Bereich bewegen und hängen vom Umfang der Features, von den angewandten Use Cases für den Endnutzer und der Menge der zu unterstützenden mobilen Plattformen ab. Auch die gewünschte Genauigkeit und Aktualität der Auswertung der Endnutzerdaten spielen bei den zu erwartenden Kosten eine Rolle.
Vorläufige Bilanz
Ein mobiles Social Network als CRM-Tool ist in erster Linie für Unternehmen oder Marken mit einer breiten Kundenbasis sinnvoll und kann damit auch für kleinere und mittlere Unter-nehmen von Interesse sein.
Die Branche spielt laut des Entwicklerunternehmens hierbei keine Rolle, da die Social-Networking-Lösungen sowohl hinsichtlich des Layouts als auch der Funk- tionalitäten individuell angepasst werden können. Auch sind für ein mobiles Social Network zusätzlich zu seiner Funktion als Kundenbindungs-Tool weitere Einsatzbereiche denkbar, etwa als wirksames Kommunikations-Tool nach innen. Auf der gleichen technischen Basis kann zum Beispiel auch eine Intranet-Lösung entwickelt werden, die intern eingesetzt wird, beispielsweise für den Bereich Sales.
Die Branche spielt laut des Entwicklerunternehmens hierbei keine Rolle, da die Social-Networking-Lösungen sowohl hinsichtlich des Layouts als auch der Funk- tionalitäten individuell angepasst werden können. Auch sind für ein mobiles Social Network zusätzlich zu seiner Funktion als Kundenbindungs-Tool weitere Einsatzbereiche denkbar, etwa als wirksames Kommunikations-Tool nach innen. Auf der gleichen technischen Basis kann zum Beispiel auch eine Intranet-Lösung entwickelt werden, die intern eingesetzt wird, beispielsweise für den Bereich Sales.
Ambient Awareness durch Matching
MemberScout verwendet orts- und inhaltsbasiertes Matching in Echtzeit: Einheiten der realen Welt wie Personen, Gebäude, Events u.a. werden zueinander in Bezug gesetzt. Der User erhält die für ihn relevantesten Informationen über andere Nutzer, Örtlichkeiten etc. Im Backend sorgen die beiden Kerntechnologien von match2blue dafür, dass nicht nur «passende» Personen in der unmittelbaren Umgebung sichtbar werden, sondern auch die Interessen eines Nutzers mit real existierenden Objekten und Subjekten wie Konsumgüter, Restaurants usw. verglichen werden können. Da jede Veränderung in Echtzeit an den Client kommuniziert wird, ist keine aktive Suche nötig. Die Ergebnisse hängen rein von Profildaten, Aufenthaltsort und Interessen ab. Das Ziel: aufgrund von orts-, zeit- und kontextsensitiven Informationen permanente Unterstützung (Ambient Awareness) zu bieten.
Nelli Heinze