Fachkräfte 04.10.2021, 06:47 Uhr

UMB will Zahl der Lernenden mehr als verdoppeln

Die IT-Dienstleisterin UMB baut ihr Lehrstellenangebot und damit die ICT-Berufsausbildung massiv aus. Bis 2025 sollen mehr als doppelt so viele ICT-Lernende sowie Praktikantinnen und Praktikanten bei UMB beschäftigt sein als bisher.
UMB will künftig massiv mehr Lehrlinge einstellen. Im Bild: Lernende des Lehrabschlusses 2021
(Quelle: UMB)
Die in Cham beheimatete IT-Dienstleisterin UMB will weiter in die Nachwuchsförderung im Informatikbereich investieren. So wird das Unternehmen ab dem Jahr 2022 anstatt jährlich aktuell 4 bis 5 neue ICT-Lernende deren 8 bis 10 einstellen. Damit steigt die Zahl der Stellen für Lernende inklusive Praktikantinnen und Praktikanten bei UMB von heute 16 bis 18 auf rund 36 bis 40 im Jahr 2025. Das entspricht einem Anteil an der Schweizer Belegschaft des Unternehmens von 8 bis 9 Prozent.
Um die Lernenden nach wie vor umfassend betreuen zu können, erweitert das Unternehmen eigenen Angaben zufolge auch die Kapazität bei den Berufsbildnern. So wird neben dem Team Leader Young Talents Roger Schweingruber und zwei teilzeitlich für Lernende verantwortlichen Kollegen ab dem 1. Januar 2022 neu Pascal Wartenweiler zu 100 Prozent als Berufsbildner tätig sein. Damit wachse das Berufsbildner-Team auf insgesamt 240 Stellenprozente, heisst es in einer Mitteilung.
Bereits kurz nach Beginn der Rekrutierung konnten gemäss UMB im Spätsommer 2021 für 2022 sämtliche offenen Lehrstellen für die vierjährige Berufsausbildung Informatiker/in EFZ besetzt werden.

Dem Fachkräftemangel begegnen

UMB möchte mit der Massnahme dem Fachkräftemangel entgegenwirken. «Wir wollen den Nachwuchs mit dem Ausbau der eigenen Ausbildungskapazität noch besser fördern, um einen Teil unseres Wachstum mit internen Kräften bestreiten zu können», kommentiert Matthias Keller, CEO und Inhaber von UMB, die Pläne. Denn das Unternehmen habe jedes Jahr viele offene Stellen zu besetzen.
«Nach vier Jahren Ausbildung kennen die Lernenden das Unternehmen sehr gut und tragen sofort produktiv einen Mehrwert zum Unternehmenserfolg bei.» Ausserdem seien sie anders als neueintretende Informatiker mit der Firmenkultur bereits vertraut, was ein nicht zu unterschätzender Faktor sei. Es hätten denn auch in den letzten vier Jahren alle, die nach der Lehre beim Unternehmen verbleiben wollten, auch eine Stelle bekommen, so Keller.

Persönlichkeit wichtiger als Schulnoten

Zur UMB-Firmenkultur gehört auch die Überzeugung, dass die Persönlichkeit der Bewerbenden als entscheidend für den Gesamterfolg der Ausbildung angesehen wird. «Wir schauen uns immer alle Bewerbungen gründlich an, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Schulnoten. Genauso wichtig sind für uns bei der Auswahl der Lernenden Soft Skills wie etwa Teamfähigkeit, Lern- und Einsatzwille», meint Roger Schweingruber. Die allermeisten würden sich denn auch während der vier Ausbildungsjahre positiv entwickeln, so der Team Leader Young Talents. Einige würden nach der Lehre die Berufsmatur nachholen oder neben einer Teilzeitstelle bei UMB das Informatik-Studium an der Hochschule aufnehmen. Übergeordnetes Ziel sei, möglichst viele in der Firma zu halten, so Schweingruber. (Vgl. hierzu auch das Interview auf der nächsten Seite).
UMB legt aber nicht nur bei der Rekrutierung grossen Wert auf die Persönlichkeit der Lernenden. Auch die Ausbildungsmethode sei stark auf die individuellen Eigenschaften der Auszubildenden abgestimmt, heisst es. Die Lernenden können demnach ihre Vorlieben für die unterschiedlichen Fachthemen anmelden. Den Wünschen werde dann bestmöglich entsprochen. Die Lernenden arbeiten schliesslich während der letzten beiden Lehrjahre in zwei bis drei unterschiedlichen Technologieteams und dürfen für ihre Spezialisierungsrichtung wie Cloud Computing, Collaboration, Netzwerke, SAP-Betrieb, Security, Service Desk, Workplace etc. dasjenige Team wählen, in dem sie ihre Abschlussarbeit machen möchten.
Für dieses Ausbildungsmodell wurde UMB im letzten Jahr vom Verband ICT-Berufsbildung Schweiz mit dem «ICT Education & Training Award» in der Kategorie «Unternehmen mit mehr als 100 ICT-Mitarbeitenden» ausgezeichnet.

Interview mit Roger Schweingruber

Roger Schweingruber, Team Leader Young Talents bei UMB

Quelle: UMB
UMB will mit dem Ausbau der ICT-Berufsbildung dem Fachkräftemangel begegnen. Im Interview mit Computerworld gibt Roger Schweingruber, der als Team Leader Young Talents für das Lehrlingsprogramm von UMB zuständig ist, weiter Auskunft darüber, wie die IT-Dienstleisterin den Anstieg an ICT-Lernenden konkret bewerkstelligen will.
Computerworld: UMB geht eigenen Angaben zufolge gezielte auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden ein. Können Sie hier ein paar Beispiele aus der bisherigen Lehrpraxis nennen?
 
Roger Schweingruber: Hier haben wir viele verschiedene Beispiele. Ein Lernender im ersten Lehrjahr hat etwa eine grosse Affinität für Software-Entwicklung entwickelt. Wir haben ihm nun ein «Praktikum» in unserer Software-Entwicklung ermöglicht, auch wenn dies nicht Teil der Ausbildung zum Systemtechniker bzw. Informatiker Plattformentwicklung ist. Natürlich überwachen wir genau, dass er im eigentlichen Ausbildungsfeld den Anschluss nicht verliert.
Ein anderer Lernender liebt den direkten Kundenkontakt und hat Freude daran, anderen zu helfen. In der Folge  durfte er früher als üblich im ServiceDesk mitarbeiten. Ein dritter Lernender war schliesslich in einer schwierigen Lebenssituation, sodass ein «sicherer Hafen» nötig war. Hier haben wir es ermöglicht, dass er viel länger als üblich im gleichen Team bleiben konnte. Wichtig ist bei allen Beispielen, dass wir die Lernenden eng begleiten und ihre Vorlieben aber auch Herausforderungen erkennen.
CW: Was unterscheidet Sie konkret von anderen Lehrbetrieben im ICT-Bereich und aus welchem Grund?
Schweingruber: Zum einen legen wir natürlich grossen Wert auf die Grundausbildung. Hier haben wir eine «Lern-Werkstatt» in der die Lernenden die Möglichkeit haben, Aufträge selbstständig und im eigenen Tempo durchzuführen. Vermutlich das letzte Mal in ihrem Leben, wo sie etwas ohne Zeitdruck erarbeiten und erlernen können.
Durch die Grösse von UMB – mit vielen technischen Themen von Microsoft, Cloud, Linux, Netzwerk, Cyber Security und vielem mehr – haben wir zum anderen die Möglichkeit, Lernende nach Vorliebe, aber auch nach einem Defizit zu platzieren.
Schliesslich ist uns auch wichtig, dass unsere Lernenden schnell erste produktive Arbeiten erledigen können. Die Befriedigung, wenn man z.B. für ein Team oder einen Kunden einen Mehrwert erbringt, ist wesentlich höher, als wenn man einfach vier Jahre lang theoretisch im Labor arbeitet und lernt. Deshalb sind unsere Lernenden bereits gegen Ende des ersten Lehrjahres das erste Mal im Einsatz für Kunden.
CW: Wie stellen Sie bei einer Verdoppelung der Lehrstellen sicher, dass der Anspruch, auf die individuellen Wünsche der Lernenden einzugehen, aufrecht erhalten werden kann? Wird es bei einem höheren Anteil an Lernenden nicht schwieriger, alle Wünsche zu erfüllen und gleichzeitig auch bei weniger gefragten Spezialisierungen die offenen Stellen im Betrieb zu besetzen?
Schweingruber: Wir verdoppeln ja nicht nur die Lehrstellen, wir haben auch unsere Ausbildungskapazität verdoppelt. Gerade im ersten Lehrjahr ist viel Begleitung nötig, um sicherzustellen, dass die Grundlagen vermittelt und verstanden werden. Hier kristallisieren sich in der Regel auch erste Vorlieben heraus.
Natürlich wird es mit mehr Lernenden auch schwieriger, alle Wünsche zu erfüllen. Während ihrer Lehre haben die Lernenden aber die Chance, in mindestens vier Teams mitzuarbeiten. Natürlich sind boomende Themen in der Regel bei den Lernenden auch höher im Kurs. Typischerweise sind die Teams, welche diese Themen abdecken aber auch im Wachstum begriffen. Wir überprüfen die Platzierungsmöglichkeiten deshalb jährlich.
Nach der Lehre ist klar, dass viele Lernenden am liebsten in einem boomenden Thema weiterarbeiten. Hier ist dann nicht immer eine Stelle frei, und wir platzieren die Lernenden in Teams mit Bedarf, wo sie weitere Arbeitserfahrungen machen können. Sie sind dann aber dafür in der «Pole-Position» für ihr Thema.
CW: Sie betonen, dass Sie besonders Soft Skills bei der Auswahl berücksichtigen. Wie eruieren Sie diese konkret?
Schweingruber: Als UMB schauen wir vor allem, ob der Mensch zu uns passt und ob er die nötige Neugier und Motivation für den Beruf Informatiker Plattformentwickler mitbringt. Die heutigen Zeugnisse geben nebst den Noten auch Informationen über das Arbeits-, Lern- und Sozialverhalten. Hier schauen wir genau hin. Selbstverständlich haben wir einen umfangreichen Fragenkatalog, an dem wir uns beim Interview orientieren.
Natürlich sind gute Schulnoten von Vorteil. Die Berufsschule ist herausfordernd, vor allem in Kombination mit der Berufsmittelschule. Darum ist, auch bei UMB, für den Informatiker Plattformentwickler die Niveaustufe A nötig.
CW: Sie wollen mit Ihrem Programm erreichen, dass viele Lernende später bei Ihnen im Unternehmen bleiben. Wie hoch ist derzeit die Rate an Lernenden, die bei UMB weiterbeschäftigt werden?
 
Schweingruber: Dieses Jahr sind alle Lehrabgänger bei UMB geblieben. Ein Teil verfolgt ein Studium weiter und ist im Teilzeitpensum angestellt.
Im letzten Jahr haben sich zwei Lernende für ein Vollzeitstudium entschlossen, wobei einer in seinen Studienferien bei uns aushilft. Die letzten zwei Jahre sind exemplarisch für die Verbleibe-Rate. Natürlich ist der Lehrvertrag keine Garantie dafür, dass der Lernende nach vier Jahren eine fixe Anstellung hat bei UMB, aber das Ziel ist es auf jeden Fall.
CW: Wollen Sie diese Rate noch erhöhen? Und wenn ja wie?
Schweingruber: Wir haben bereits eine sehr hohe Verbleibe-Rate. Wir verfolgen eine Erhöhung nicht aktiv. Eigentlich haben wir zwei Ziele: Wir möchten die Lernenden so gut ausbilden, dass wir sie weiterbeschäftigen möchten. Und wir möchten den Lernenden ein Umfeld und Perspektiven bieten, sodass sie bei uns bleiben wollen. Die Verbleibe-Rate ergibt sich aus diesen beiden Zielen.
CW: UMB hat jedes Jahr viele Stellen zu besetzen. Welche anderen Massnahmen ergreift UMB neben der Erhöhung der Lernendenkapazität, um dem Fachkräftemangel zu begegnen?
Schweingruber: Indem wir uns als exzellente Arbeitgeberin positionieren. Wir wurden schon vier Mal von Great Place to Work zur besten Arbeitgeberin der Schweiz gewählt. Zudem investieren wir überdurchschnittlich in unsere Teams, zum Beispiel mit sehr grosszügigen Weiterbildungsbudgets. Daneben schulen wir regelmässig unsere Führungskräfte, weil diese das vielleicht wichtigste Element bei der Arbeitszufriedenheit sind. Darüber hinaus pflegen wir eine einmalige Firmenkultur der Offenheit, des Vertrauens und der Kollegialität. Und nicht zuletzt sprechen wir auch über unseren Great Place to Work und das gute Gefühl, bei UMB zu arbeiten – zum Beispiel in unserer neusten Employer Branding Kampagne.




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