Firmenfachbeitrag 17.12.2018, 08:20 Uhr

IoT: Gerätehersteller im Wandel der Zeit

Die Digitalisierung setzt in vielen Branchen die etablierten Gerätehersteller unter Druck. Ein Paradigmenwechsel steht an: von statischen Produkten zu dynamischen, vernetzten Systemlösungen.
Durch das Zusammenspiel aller Komponenten entsteht ein IoT-Ökosystem. Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung wird hierbei in Software realisiert.
(Quelle: iStockphoto.com/Maxiphoto)
Etablierte Gerätehersteller stehen zurzeit vor grossen Herausforderungen: Einerseits erwarten Kunden zunehmend vernetzte Produkte, die per herstellereigener Smartphone App gesteuert und einfach mit Lösungen anderer Hersteller integriert werden können. Die Bereitstellung von neuen Funktionen durch Softwareupdates der Geräte gehört ebenso zum erwarteten Repertoire wie die Fernwartung und -steuerung über die Cloud. Und natürlich soll dies alles reibungslos und zuverlässig funktionieren. Im Idealfall ist das Produkt auch noch «smart» und liefert durch sein «schlaues» Verhalten einen relevanten Mehrwert gegenüber traditionellen Produkten. So kann beispielsweise smarte Beleuchtung bei Abwesenheit automatisch eine selbst erlernte Anwesenheitssimulation durchführen.
Andererseits übersteigt das dafür nötige Know-how häufig die angestammte Expertise der Gerätehersteller. Diese sind gewohnt, in Produkten zu denken, und haben wenig Erfahrung, wenn es um die Entwicklung von vernetzten Systemlösungen geht, die über die eigenen Geräte hinausgehen. Skalierbare Cloudlösungen, Smartphone Apps oder moderne Web-Frontends liegen ausserhalb des Kernbereichs der Gerätehersteller, werden aber für die Produktlösung benötigt. Hinzu kommt: Das IoT-Umfeld ist noch immer sehr dynamisch. Hier tummeln sich so viele Plattformen, Standards und Technologien, dass selbst Experten der Überblick schwerfällt. Eine Konsolidierung ist unvermeidlich, wird aber noch eine Weile auf sich warten lassen. Weiterhin kollidieren die erwarteten Produktlebenszeiten von Geräten (je nach Branche 10 bis 20 Jahre) mit den eher kurzlebigen Innovationszyklen der Software- bzw. Elektronikbranche.

Vernetzung als Game Changer

Je nach Branche wissen Hersteller oftmals nicht, wo und wie ihr Gerät letztendlich eingesetzt wird, da es über mehrere Zwischenschritte den Weg zum Endkunden findet. In Zukunft können Hersteller durch die Vernetzung der Geräte mit ihrer IoT-Cloud-Plattform Transparenz über deren gesamte Lebensdauer erlangen: Vom digitalen Geburtsschein bei der Produktion über die Inbetriebsetzung, den Betrieb und ggf. die Entsorgung können alle wesentlichen Daten kontinuierlich gesammelt und ausgewertet werden. Dies ermöglicht neben der Verbesserung und Weiterentwicklung des Produktsortiments auch neue Ansätze wie z.B. die Optimierung der Wartungsintervalle.
Ist ein Gerät kontinuierlich online, kann seine Funktionalität flexibel mit Diensten aus der Cloud ergänzt werden. Dort hat man deutlich mehr Ressourcen als auf dem Gerät und kann eine ganz andere Qualität von Use Cases realisieren. Cloud-Services lassen sich zudem nicht so einfach kopieren wie die Firmware eines Geräts, was die Produktpiraterie erschweren kann. Über die IoT-Cloud-Plattform können auch Drittsysteme flexibel angebunden werden: Interoperabilität ist ein zentraler Aspekt des Internet of Things. Zu guter Letzt ermöglicht die Internetverbindung des Geräts, dessen Firmware aus der Cloud zu aktualisieren.

Digitale Gerätepflege

Auf Herstellerseite ist gerade der Kernbereich der Geräteentwicklung starken Umwälzungen unterworfen. Die in den Geräten eingebettete Software wird nach dem Verkauf bislang nur in Ausnahmefällen, wie z.B. einem Qualitätsproblem, aktualisiert. Durch die Vernetzung der Geräte ist es aus Sicherheitsgründen unbedingt erforderlich, dass Updates im Feld und ggf. auch automatisch eingespielt werden können. Über den gleichen Mechanismus können auch neue Features hinzugefügt werden. Dies ermöglicht Produkte, die auch nach Auslieferung kontinuierlich verbessert werden können. Der amerikanische Elektroauto-Pionier Tesla nutzt dies seit vielen Jahren erfolgreich, um seine Kunden bei der Stange und den Wertverlust seiner Fahrzeuge so niedrig wie möglich zu halten. Dazu gehören sogar Features wie eine stärkere Beschleunigung, die «Over-the-Air» als Update zur Verfügung gestellt wurde. Konsequent ausgeführt, resultiert dies in software-definierten Produkten. Das bedeutet, ein Grossteil der Gerätefunktionalität wird mit Software realisiert und kann während der gesamten Lebenszeit flexibel angepasst werden.

Das Smartphone als digitales Sackmesser

Zukünftig werden sich Smartphones auch im Servicebereich der Gerätehersteller durchsetzen. Dort setzt man für die Inbetriebsetzung der Geräte oder die Wartung im Servicefall bislang oftmals proprietäre Servicegeräte ein, die über eine lokale Schnittstelle mit dem Gerät kommunizieren. Der Ersatz dieser Servicegeräte durch eine Smartphone App bietet viele Vorteile: Das Smartphone hat der Servicetechniker sowieso immer dabei, die Service App kann eine deutlich bessere Usability als ein dediziertes Servicegerät bieten, und zusätzliche Funktionalität ist nur ein App-Update entfernt. Durch den Wegfall der dedizierten Hardware können zudem Kosten gespart werden. Da das Smartphone sowieso online ist, können damit Geräte, die nicht online sind, temporär mit dem Internet verbunden werden. Das Smartphone amtet dabei als Vermittler zwischen dem Gerät und der IoT-Plattform des Herstellers.

IoT-Plattform in der Cloud

Üblicherweise nutzt ein Hersteller eine IoT-Plattform, mit der sich alle seine Geräte verbinden. Dort existiert für jedes physische Gerät ein digitaler Zwilling, über den sich sein Pendant überwachen und ansteuern lässt. Weiterhin gehören die Geräteverwaltung inkl. dem Ausrollen von Firmware-Updates sowie die Archivierung der von den Geräten gesendeten Daten zum typischen Nutzungsumfang. Die IoT-Plattform ist der Dreh- und Angelpunkt für jedwede Interaktion mit den Geräten des Herstellers. Anstatt
diese Plattform selbst zu entwickeln und zu betreiben, bietet es sich an, eine bereits existierende IoT-Plattform in der Cloud zu nutzen – so kann sich der Hersteller auf sein Kerngeschäft konzentrieren.
Von Produkten zu vernetzten Systemlandschaften.

IoT-Ökosysteme: Mehr als die Summe der Einzelteile

Um nachhaltigen Mehrwert schaffen zu können, sollten sich die Hersteller nicht zu sehr auf die Vernetzung einzelner Produktlösungen fokussieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass hier viele Produkte entstehen, die zwar vernetzt sind, aber unter der Haube nicht von Synergien profitieren können, und somit innerhalb des Produktportfolios nur teuer und zeitaufwändig zu integrieren sind. Im schlimmsten Fall hätte man zwar viel investiert, aber eben auch viel technische Schuld angehäuft.
Stattdessen muss das grosse Ganze im Auge behalten werden: Soweit sinnvoll sollten alle Geräte, Apps und Cloud-Dienste eines Herstellers nahtlos ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen. Zusammen mit weiteren Bereichen, z.B. der Geräteproduktion, entsteht so auf Herstellerseite ein IoT-Ökosystem, dessen Mehrwert sich im Zusammenspiel aller Komponenten ergibt. Auf technischer und organisatorischer Ebene kann dabei von starken Synergieeffekten profitiert werden.
Zum Autor
Benedikt Ostermaier
Benedikt Ostermaier: ist Head of IoT bei Ergon. Seit über 5 Jahren unterstützt er Gerätehersteller beim Aufbau von IoT-Ökosystemen.
Zum Unternehmen: Die 1984 gegründete Ergon Informatik AG ist führend in der Konzeption und Herstellung von individuellen Software-Lösungen und Software-Produkten. 280 hoch qualifizierte IT-Spezialisten antizipieren dank herausragendem Know-how neue Technologietrends und stellen mit innovativen Lösungen Wettbewerbsvorteile sicher.
Mehr Informationen: ergon.ch
Dieser Beitrag wurde von der Ergon Informatik AG zur Verfügung gestellt und stellt die Sicht des Unternehmens dar. Computerworld übernimmt für dessen Inhalt keine Verantwortung.

Das könnte Sie auch interessieren