Adecco-Studie 29.11.2022, 07:54 Uhr

Schweizer Fachkräftemangel auf Rekordniveau

Nach einer coronabedingten Entspannungsphase in den vergangenen zwei Jahren (2020 und 2021), spitzt sich der Fachkräftemangel in der Schweiz nun drastisch zu. Aktuell erreicht der Fachkräftemangel-Index der Adecco Gruppe Schweiz einen historischen Rekordwert.
Der Fachkräftemangel-Index von Adecco ist in der Schweiz auf Rekordniveau
(Quelle: Gert Altmann/Pixabay)
Die Corona-Pandemie hat den Schweizer Arbeitsmarkt in den letzten zwei Jahren merklich aufgewirbelt. Der Ausbruch der Pandemie und die damit einhergehenden Massnahmen bremsten weite Teile des Wirtschaftslebens in den Jahren 2020 und 2021 stark aus. Trotz der Einführung von breitflächigen, wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen, sowie der Ausweitung und Vereinfachung von Kurzarbeitsentschädigungen, waren die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt deutlich spürbar. Die Arbeitslosenzahlen schossen in die Höhe. Gleichzeitig suchten Unternehmen merklich weniger Personal, was an der Abnahme des Job-Index der Adecco Gruppe Schweiz zu erkennen ist. Diese zwei gegenläufigen Effekte führten dazu, dass der Fachkräftebedarf im Jahr 2021 einen Tiefstand erreichte, wie Adecco in einer Mitteilung schreibt.
Erst mit dem Zugang zur Impfung und der schrittweisen Abschaffung der Massnahmen erhöhte sich das Konsumbedürfnis national wie auch international sprunghaft. Der kräftige wirtschaftliche Aufschwung trieb die Anzahl Stellenausschreibungen im Eiltempo auf neue Rekordhöhen. Unternehmen aller Branchen benötigten auf einen Schlag deutlich mehr Personal, um die gestiegene Nachfrage bedienen zu können.
Der erhöhte Personalbedarf wiederum liess die Arbeitslosenzahlen drastisch sinken. Während das Seco im September 2021 noch 120'294 Arbeitslose zählte, sank diese Zahl im September 2022 auf 89'526. Selbst Arbeitslosengruppen, welche üblicherweise eine längere Vermittlungsdauer aufweisen, wie die 50-64-Jährigen (-25,6 Prozent) und Langzeitarbeitslose (-47 Prozent), profitierten vom Personaldurst der Unternehmen.

Kräftiger Anstieg des Fachkräftemangels

Trotz dieser Erkenntnisse erstaune die kräftige Zunahme des Fachkräftemangels, schreibt Adecco weiter. Der Fachkräftemangel-Index erreicht dieses Jahr einen Rekordwert von 155 Punkten; einen Wert, der bisher noch nie registriert wurde. Verglichen mit dem Jahr 2021 liegt der aktuelle Index ganze 68 Prozent höher. Zudem übersteigt er den Wert des Vorkrisenjahres 2019 um 21 Prozent.
Quelle: Adecco


Ein Blick auf die Sprachregionen zeigt, dass sowohl die Deutschschweiz als auch die lateinische Schweiz Rekordwerte erreichen, wobei der Fachkräftebedarf in der Deutschschweiz (+77 Prozent) deutlich stärker zugenommen hat als in der lateinischen Schweiz (+48 Prozent). Der Wachstumsunterschied zwischen den Sprachregionen ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Deutschschweiz zu Beginn der Pandemie einen deutlich stärkeren Einbruch im Fachkräftebedarf erlitten hatte als die lateinische Schweiz. Somit besass der Deutschschweizer Arbeitsmarkt ein deutlich grösseres Aufholpotenzial, welches sich nun in einem stärkeren Aufschwung bemerkbar macht.

Zweitgrösster Personalmangel bei IT-Fachleuten

Während den ersten Platz des Fachkräftemangel-Rankings die Spezialistinnen und Spezialisten in Gesundheitsberufen belegen, kommen Berufsleute aus der IT bereits auf Platz zwei. Adecco spricht speziell von Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Analytikerinnen und Analytikern von Software und IT-Anwendungen. Beispielhaft erwähnt werden Informatikingenieurinnen und -ingenieure, Softwareentwicklerinnen und -entwickler oder Systemanalytikerinnen und -analytiker. Ähnlich wie bei den Fachkräften in Gesundheitsberufen, herrsche in dieser Berufsgruppe schon seit mehreren Jahren ein deutlicher Mangel, der sich dieses Jahr erneut stark zuspitzt und einen Höchstwert erreicht habe, heisst es bei Adecco.
«Vor allem Softwareentwicklerinnen und -entwickler mit Erfahrung in objektorientierten Programmiersprachen wie, Java oder C# und Front-End-Softwareentwicklerinnen und -entwickler mit Kenntnissen von Angular oder React Frameworks werden zurzeit händeringend gesucht», stellt James Peck, Vice President von LHH Recruitment Solutions Schweiz fest.
Etwas erstaunlich ist, dass die Berufsgruppe der Informations- und Kommunikationstechnikerinnen (bspw. Web Content Manager, Telematikerinnen oder E-Commerce Spezialisten) dieses Jahr elf Rangplätze verlieren. Dies, nachdem der Fachkräftebedarf dieser Berufsgruppe im Jahr 2021 schlagartig angestiegen war.
«Die Informations- und Kommunikationstechnikerinnen scheinen von dem coronabedingten gestiegenen Bedarf nach E-Commerce-Lösungen profitiert zu haben. Der E-Commerce-Boom scheint sich nun jedoch wieder zu normalisieren, wie von der Swiss Retail Federation festgestellt wird. Dies lässt auch die Nachfrage nach diesen Fachkräften stagnieren», erklärt Yanik Kipfer vom Stellenmarkt-Monitor der Universität Zürich.



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