10.11.2010, 06:00 Uhr

Auf alles vorbereitet

Die ERP-Entwicklung befindet sich in einem radikalen technologischen Umbruch. Wer die aktuellen Entwicklungen nicht mitvollzieht, wird nicht überleben.
CEO der eNVenta ERP Schweiz AG Derzeit arbeiten nur etwa 15 Prozent der Software-Schmieden auf der Basis modernster objektorientierter Methoden mit .NET oder Java EE. Ihnen wird jedoch die Zukunft gehören, weil nur sie die folgenden Schlüsselkriterien erfüllen, die von den Anwendern zunehmend gefordert werden.

Benutzerfreundlichkeit

Eine einheitliche und übersichtliche Oberfläche mit klarer Bedienstruktur kann es nur geben, wenn zuvor alle geschäftlichen Funktionen sauber, hierarchisch und standardisiert beschrieben wurden. Daraus ergibt sich eine funktionale Vorkonfiguration von Feldern und Eingabemöglichkeiten. Deren Anordnung unterliegt bestimmten Regeln der Usability. Benutzerfreundliche Systeme erlauben den Usern, viele Funktionalitäten ohne umständliches Programmieren selbst zu verändern und anzupassen. Es motiviert und steigert die Effizienz, wenn jeder nur das sieht, was er sehen will: seine Farbe, seine Felder, seine Funktionen. Benutzerfreundlichkeit, die tief im System verankert ist, lässt sich am besten mit einem durchgängigen Entwicklungssystem realisieren. Denn neben einer kontextsensitiven Onlinehilfe und Tool-Tipps auf Feldebene gehören dazu auch eine rollenbasierte Benutzerführung sowie die wirksame Unterstützung der Benutzer in Abhängigkeit definierter Prozesse.

Prozessunterstützung

Das Abteilungsdenken ist ein Auslaufmodell. Die heute oft komplexen Unternehmensaufgaben können treffender als zusammenhängende Prozesse dargestellt werden. Zukunftsfähige ERP-Lösungen müssen demzufolge in der Lage sein, vorgegebene firmenspezifische Prozesse abzubilden und zu unterstützen. Nur dann helfen sie den Anwendern aktiv bei der Erledigung ihrer Aufgaben und stossen die Tür zu Leistungs-optimierung und Produktivitätssteigerung auf: Anstatt Routinearbeiten aufwendig manuell zu erledigen, laufen die Prozesse automatisiert ab. Moderne Technologien bilden Prozesse nach dem SOA-Konzept ab. SOA verwendet funktionale Einheiten als Dienste, etwa als Webservices. Werden diese lose gekoppelt, können die Anwender Prozesse verändern, ohne programmieren zu müssen. Prozessunterstützende ERP-Lösungen trocknen so Fehlerquellen aus und lassen Unternehmensgewinne sprudeln.

Funktionalität

Schlank und doch umfassend: Um diese Quadratur des Kreises auflösen zu können, müssen ERP-Lösungen drei Merkmale aufweisen: - Erstens sorgt ein modularer Aufbau dafür, dass nur die Software-Module angeschafft werden müssen, die tatsächlich gebraucht werden. Dadurch reduzieren sich Investitionskosten, Hardware-Ressourcen, Einführungsaufwand und unnötiger IT-Ballast. - Zweitens stellen schlanke und doch umfassende ERP-Systeme Branchenausprägungen bereit. Mit diesen spezifischen Funktionen können Unternehmen direkt mit der Anwendung beginnen und sparen sich zeit- wie kostenintensive Individualprogrammierungen. Auch diese Branchenlösungen sollten flexibel ergänzbar sein. Ein Handelsbetrieb für Fahrzeugteile braucht kein Produktionsplanungssystem. Der Stahlhandel wiederum ist auf ein Anarbeitungsmodul angewiesen. - Drittens integrieren zukunftsfähige ERP-Lösungen Office, Outlook und andere Bereiche, die oft separat angeboten werden wie CRM, E-Commerce, Controlling, Business Intelligence, Lagerverwaltung oder Dokumentenmanagement. Damit vermeiden Unternehmen Medienbrüche, Schnittstellenprobleme und Datenwirrwarr, da alle Software-Bereiche stets auf ein- und denselben Datenbestand zurückgreifen.

Flexibilität

Auch die ausgeklügeltste Standard-Software und die detailfreudigste Branchenlösung muss für jedes Unternehmen individuell angepasst werden. Dies ist mit einem vertretbaren Kosten- und Zeitaufwand nur zu leisten, wenn die ERP-Lösung technologisch darauf ausgerichtet ist, und zwar über ihren gesamten Life Cycle hinweg - Stichwort Objektorientierung, SOA und Vererbungsmechanismen. Flexibilität bezieht sich auch auf die Datenhaltung. Ein modernes ERP-System muss in der Lage sein, beliebige Datenbanken zu unterstützen, ohne dass Anpassungen in der Programmlogik vorgenommen werden müssen. Auch deswegen ist eine 3-Schichten-Architektur notwendig, die Datenhaltung, Business-Logik und Visualisierung auf drei Ebenen unabhängig voneinander bereitstellt (vgl. Grafik oben).

Integration

Viele Unternehmen nutzen spezialisierte Software. Über offene Standards können externe Daten oder Systeme in eine ERP-Lösung integriert werden. Typische Beispiele sind Outlook, Word und Excel, rechtlich anerkannte Dokumentenarchive, Telefon- und Wirtschaftsauskunftsdienste, Systeme für Hochregallager, Tourenplanung, Speditionen und Zollabwicklungen. Java EE und .NET verfügen über umfangreiche standardisierte Schnittstellen (API), die Software-Komponenten unterschiedlicher Hersteller verbinden können. Ein Schlüssel ist dabei die Internettechnologie mit ihren herstellerunabhängigen Standards XML, Webservices oder SOAP. Für Datenbanken hat sich SQL als Standard etabliert. Per SOA binden ERP-Systeme weltweit verfügbare Webservices per Mausklick ein und stellen eigene Funktionen anderen Applikationen als Webservices zur Verfügung. Intern sorgt SOA für die reibungslose Kommunikation zwischen der ERP-Lösung und dem Print oder Document Service.

Webfähigkeit

Eine zukunftsfähige ERP-Lösung kann verschiedene Visualisierungsgeräte mit allen möglichen Betriebssystemen bedienen, vom Laptop über das Smartphone bis zum Tablet. Dazu muss das ERP-System nicht nur webfähig sein, sondern vollständig webbasiert. Nur so können beliebige Clients ohne vorher installierte Business-Logik betrieben werden.

Releasefähigkeit

Unternehmen erleben bei ERP-Upgrades oft unangenehme Überraschungen. Wenn die Standard-Software nicht die technologischen Voraussetzungen für Releasefähigkeit mitbringt, kann das Einspielen einer neuen Version entweder ganz scheitern oder sehr teuer werden. Zukunftssichere ERP-Systeme setzen deswegen auf Objektorientierung, SOA und Vererbungsmethodik, um die Releasefähigkeit auch von hoch individualisierten Lösungen garantieren zu können.

Skalierbarkeit

Ohne Skalierbarkeit, kein Unternehmenswachstum! Dies gilt nicht nur für die Hardware. Mitwachsende Software sorgt auch dafür, dass die Ressourcen Mensch, Maschine und Kapital passgenau für jede Firmengrösse eingesetzt werden können. Mit einer sauberen Trennung von Visualisierung, Programmlogik und Datenhaltung lassen sich moderne Anwendungen auf allen drei Ebenen beliebig skalieren.

Fazit: Eine Entwicklungsplattform

Die genannten Schlüsselkriterien kann nur eine Software bieten, die auf einem durchgängigen Entwicklungs-system aufgebaut ist. Diese koordiniert die Programmierung mehrerer Entwickler, sorgt für Versionskontrollen und bietet grafische Werkzeuge, mit denen Masken und Formulare, aber auch Reports, Workflows und Programmlogik erweitert oder erstellt werden können. Programmgeneratoren unterstützten die Code-Erzeugung, wobei sie bestehende Objekte verwenden. Entwickler müssen daher nur in Ausnahmefällen Code selbst programmieren. Durch zahlreiche vordefinierte Komponenten, Objekte und Methoden wird der gesamte Entwicklungsvorgang beschleunigt und die Qualität der Software erheblich gesteigert. Damit erhält die Software quasi automatisch eine einheitliche und konsistente Benutzerführung. Die Usability ist sozusagen schon eingebaut. Zukunftssichere Entwicklungssysteme nutzen neue Technologien, um spätere Zusatz- oder Weiterentwicklungen zu kapseln. Diese gekapselten Software-Bereiche können dann mit Vererbungsmethodik problemlos auf neue Versionen der Standard-Software portiert werden und sorgen damit für Releasefähigkeit. ERP-Lösungen, die auf der Basis durchgängiger, technologisch modernster Entwicklungssysteme entstehen, bieten daher besten Investitionsschutz für die Anwenderunternehmen: Diese Systeme veralten nicht mehr, sie werden bleiben.
François Berger


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