22.08.2011, 06:00 Uhr

Planung mit Intelligenz

Auf Basis der bestehenden SAP-Systemlandschaft hat der Schweizer Energiekonzern Repower ein webbasiertes Budgetplanungs-Tool integriert – mit etwas Hilfe von aussen.
Bild: REPOWER
Der Autor ist SAP Solution Consultant bei der Process Partner AG. Winston Churchill hat einmal gesagt: «Planung bedeutet, den Zufall durch Irrtum zu ersetzen.» Dass dieser kluge Satz im Geschäfts­leben nicht zwingend zutreffen muss, zeigt dieser Beitrag am konkreten Beispiel des Schweizer Energiekonzerns Repower. Das international tätige Unternehmen mit Sitz in Poschiavo, Graubünden, ist im Bereich Stromproduktion und -vertrieb sowie in Italien auch im Gasgeschäft aktiv. Als ERP-System hat das Unternehmen seit vielen Jahren SAP im Einsatz. Jedes Jahr wird im Controlling das Budget der gesamten Gruppe für das Folgejahr geplant. Die Budgetierung erfolgt auf der Ebene der Kostenstellen- und Kostenartengruppen, dies ist allerdings so nicht direkt im ERP erfassbar. Bislang wurden deshalb in aufwendiger manueller Fleissarbeit Excel-Arbeitsmappen erstellt und an die Planer verschickt. Diese erfassten die Planwerte und schickten die Excel-Dateien wieder zurück an das Controlling. Dort wurden sie geprüft und dann in das SAP Business Warehouse (BW) hochgeladen. Sehr viel Arbeit verursachte im Anschluss daran die Abstimmung von Erträgen und Aufwänden, die mit anderen Planungseinheiten innerhalb des Konzerns (Intercompany-Bewegungen) entstanden und zum Teil auch in unterschiedlichen Währungen erfasst wurden. Die Planwerte mussten infolgedessen mehrmals angepasst und die Excel-Dateien erneut hochgeladen werden. Diese langwierigen manuellen Prozesse sollten in eine komplett systemunterstützte Lösung überführt werden.

Der Lösungsansatz

Bereits 2009 hat die Process Partner AG aus St. Gallen in Kooperation mit der Baarer Firma Winnovation bei Repower eine Business-Intelligence-Lösung auf Basis von «SAP BI Integrierte Planung» (BI IP) eingeführt. Diese ist vollständig in das SAP Business Warehouse (BW) integriert und stellt eine komfortable Infrastruktur zur Entwicklung von Planungsanwendungen zur Verfügung. BI IP ist bei jeder BW-Installation ab Release 7.0 verfügbar. Da Repower schon seit Längerem für die Konsolidierung SAP BCS nutzt, das auf SAP BW 7.0 basiert, war die benötigte Systemlandschaft also bereits vollständig vorhanden.
Auf dieser Basis sollte eine Webanwendung entstehen, die über das SAP-NetWeaver-Portal zur Verfügung steht. Das Ziel: Die für die Budgetplanung zuständigen Mitarbeiter können auf dieser einen Plattform ihre Planwerte erfassen, Reporting betreiben und den Status des Planungsfortschritts verfolgen.

Das Projekt

Für das gesamte Projekt – von der Konzeption bis zur Produktivsetzung – standen ganze drei Monate zur Verfügung. Als Erstes galt es, in Workshops die Anforderungen aus den Abteilungen zu eruieren. Da der Zeitrahmen extrem eng gesteckt war, wurde dazu zunächst nur das zentrale Gruppencontrolling hinzugezogen. Die dezentralen Planungseinheiten stiessen erst später zum Projekt – im Rahmen der Schulungen, die parallel zur Testphase liefen. Dies hatte zwar den Vorteil, dass die Diskussion bei der Anforderungsanalyse nur kurz und sehr zielorientiert ablief. Allerdings wurden so auch erst kurz vor Produktivsetzung einige zusätzliche Anforderungen als wichtig identifiziert, deren Umsetzung nochmals zu einigem Aufwand kurz vor der Produktivsetzung führte. Die Erfahrungen aus der ersten Planungsrunde sind – nach erfolgreichem Abschluss – in ein weiteres Projekt eingeflossen, das sich dann vor allem um die Optimierung von Oberfläche und Performance gekümmert hat. Inhaltlich wurde die Anwendung ausserdem um eine Mehrjahresplanung auf Bereichsebene erweitert.

Die Features

Die Mitarbeiter erfassen ihre Budgetwerte heute auf Kostenstellen- und Kostenartengruppen in der Währung der jeweiligen Kostenstellengruppe. Zur Vereinfachung können sie Jahreswerte eingeben, die das System automatisch auf die Monate verteilt. Diese Monatswerte sind bei Bedarf noch änderbar. Bei Aufwänden und Erträgen, die mit anderen Planungseinheiten innerhalb der Repower-Gruppe entstehen, werden die entsprechenden Gegenbuchungen automatisch beim Speichern erzeugt. Es plant also nur der «Sender», der «Empfänger» kann jedoch diese Werte einsehen. Falls die beiden Planungseinheiten unterschiedliche Planungswährungen haben, wird automatisch umgerechnet. Durch die automatischen Gegenbuchungen entfällt die bisher nötige, nachträgliche manuelle Abstimmung komplett. Zu den einzelnen Beträgen können Kommentare erfasst und auch Dateien (z.B. Excel-Arbeitsmappen) zur näheren Erläuterung hochgeladen werden. Sobald eine Planungseinheit mit der Eingabe fertig ist, setzt sie einen entsprechenden Status. Die Daten sind dann nicht mehr veränderbar. Damit lässt sich auch der Planungsfortschritt verfolgen. Die übergeordneten Planungseinheiten, die jederzeit online auf die erfassten Werte zugreifen können, sehen so sehr schnell, ab wann sich eine Kontrolle lohnt. Über diese Mechanismen wurde ein mehrstufiger Genehmigungsprozess entwickelt und implementiert. Damit das Budget auch im ERP für den Plan-Ist-Vergleich zur Verfügung steht, werden die auf den Gruppen erfassten Beträge zum Ende einer Planungsrunde auf Kostenstellen und Kostenarten verteilt und in das ERP zurückgeschrieben (Retraktion). Dort sind dann noch die Planumlagen auf Basis der erfassten Werte zu ermitteln, die anschliessend wieder in das BW geladen werden. So haben die User die kompletten Daten in der Planungsanwendung auch für das Reporting im Zugriff. Die Stammdaten der Kostenstellen- und Kostenartengruppen werden im BW automatisch auf Basis der korrespondierenden Gruppen im ERP generiert – diese sind durch die Keyuser auch ohne BW-Kenntnisse einfach pflegbar. Die Berechtigungen können mittels eines einfachen Excel-Uploads selbst gepflegt werden. Sämt­liche BW-administrativen Funktionen (z.B. die Vorbereitungsarbeiten bei einer neuen Planungsrunde, die Verteilung und Retraktion ins ERP etc.) wurden in Prozessketten automatisiert, die den Anwender sicher und in der richtigen Reihenfolge durch die notwendigen Prozessschritte führen. Selbstverständlich werden alle Schritte und Steps detailliert protokolliert.

Lessons learned

SAP BI IP bietet mächtige Werkzeuge für die Erstellung von Planungsanwendungen, ihre eigentliche Stärke liegt aber im leistungsfähigen Background. Frontends können entweder mit dem Excel-basierten Business Explorer Analyzer oder fürs Internet mit dem Web App-lication Designer (WAD) erstellt werden. Für wirklich grosse Webanwendungen hat sich der WAD zum Teil als recht umständliches und auch langsames Entwicklungs-Tool erwiesen, mit dem man aber im Endeffekt dennoch immer ans Ziel kommt und sehr intuitive Oberflächen gestalten kann. Als zentraler und wesentlicher Punkt im Projekt hat sich eine von Anfang an saubere Bestandesaufnahme und -analyse aller relevanten Anforderungen herauskristallisiert, da nur so ein optimaler Aufbau des Datenmodells möglich ist. Erfahrungsgemäss bringen selbst kleinere Änderungen in einer späten Phase des Projekts grossen Aufwand und entsprechende Auswirkungen auf die Performance mit sich. Mit dem Kauf von BusinessObjects hat SAP zwar auch andere Planungs-Tools im Portfolio, BI IP wird jedoch weiterentwickelt und hat mit dem gerade erschienenen BW 7.30 einen weiteren Entwicklungsschub erfahren. Es spricht also viel dafür, dass diese Lösung auch in Zukunft die richtige Wahl für die Erstellung von Planungsanwendungen ist.

BI-integrierte Planung

- Volle Integration ins SAP BW

- Zugriff auf alle Stamm- und Bewegungsdaten im BW

- Auch sehr komplexe Anforderungen sind umsetzbar

- Erfassung von Planwerten auf Planungsobjekten, die vom ERP abweichen können

- Umfangreiche Bibliothek vordefinierter Planungsfunktionen für komplexe Planungsszenarien

- Mittels ABAP-Coding kann an vielen Stellen eingegriffen und so auf individuelle Wünsche eingegangen werden


Das könnte Sie auch interessieren