08.11.2010, 11:55 Uhr

Microsoft PDC 2010 - die Konferenz im Browser

Ende Oktober fand die Microsoft Professional Developers Conference 2010 (PDC 10) statt. Anders als in den Jahren zuvor wurde dieses Mal das Microsoft-Hauptquartier in Redmond als Veranstaltungsort gewählt. Die drei wichtigsten Themen der Konferenz waren Windows Azure, Windows Phone 7 und die neue Rolle von Silverlight. Zum ersten Mal wurde die komplette Konferenz live gestreamt.
Eine Microsoft Professional Developer Conference (PDC) hatte in der Vergangenheit in erster Linie die Aufgabe, die Entwickler im Microsoft-Umfeld auf die Zukunft der Microsoft-Plattform einzustimmen und Technologien vorzustellen, die möglicherweise erst in einigen Jahren offiziell werden. So war es z.B. im Jahr 2000 mit der Vorstellung des .NET Frameworks, 2005 mit der Vorstellung von "WinFx", aus dem später WPF, WCF und WF in Gestalt von .NET 3.0 wurden, und natürlich 2008 als Microsoft die Cloud-Plattform Azure enthüllteIm Vergleich zu ihren Vorgängerinnen war die diesjährige PDC 2010 in einigen Aspekten etwas ungewöhnlich. Anders als in den Jahren seit 2001 fand sie dieses Mal nicht im geräumigen Los Angeles Convention Center, sondern im eher kleinen und gemütlichen Conference Center auf dem Microsoft-Campus in Redmond und dauerte nur 2 und nicht wie üblich 4 Tage. Das hatte unter anderem zur Folge, dass lediglich knapp 1.000 Teilnehmer direkt vor Ort sein und lediglich knapp über 30 Vorträge angeboten werden konnten. Besonders untypisch war, dass die Agenda mit den Vortragstiteln erst knapp eine Woche vor Konferenzbeginn bekanntgegeben wurde. Ein echtes Novum war der Umstand, dass die komplette Konferenz live in HD-Qualität gestreamt wurde. Man konnte die Konferenz daher am Arbeitsplatz, an einem der zahlreichen "Public Viewing"-Orte oder ganz bequem zu Hause, z.B. auf dem Sofa bei einem Café Latte oder einem kühlen Bier, auf dem Fernseher verfolgen, sofern dieser einen Media Server angeschlossen war (diese Variante bot zu dem die Möglichkeit, die Übertragung jederzeit anhalten und "zurückspulen" zu können). Unter [1] stehen alle Vorträge zur Verfügung, so dass sich das eben beschriebene "Viewing-Erlebnis" jederzeit wiederholen lässt.Ein wenig ungewöhnlich war vielleicht auch, dass die PDC 2010 von Microsoft-CEO Steve Ballmer eröffnet wurde, der unter dem Motto "A new Era of Opportunity" den PC als das Nr. 1 Smart-Device des Planenten anpries, die beeindruckende Zahl von 240 Millionen verkaufter Windows 7-Lizenzen in den letzten 12 Monaten hervorhob und beinahe eindringlich auf die kommende Rolle von HTML 5 und den Internet Explorer 9 hinwies. Der zweite Schwerpunkt seiner Rede drehte sich um das neue Windows Phone 7 und die Möglichkeiten, die sich für Developers ergeben. Microsoft Chef-Entwickler Scott Guthrie wies darauf hin, dass es bereits über 1.000 Anwendungen für das neue Phone gibt, darunter z.B. Amazons Kindle, bevor er eindrucksvoll demonstrierte wie sich in Visual Studio Express for Windows Phone in wenigen Minuten eine vollständige Windows Phone 7-App erstellen lässt. Den zweiten Teil der Eröffnungskeynote bestritt Microsoft-President der Server and Tools-Division Bob Muglia, bei dem es mit den Neuerungen für die Azure-Thema nur ein Thema gab. Abb. 1: Während der live übertragenen Channel 9-Interview konnten Fragen per Twitter gestellt werden Azure lockt Entwickler und Administratoren mit mehr KomfortDie Cloud-Computing Plattform Azure wurde im November 2008 offiziell vorgestellt und im Februar 2010 offiziell in Betrieb genommen. Sie befindet sich daher nach wie vor in der Startphase. Die zahlreichen Ankündigungen auf der PDC 2010 rund um Azure drehten sich um Anreicherungen der aktuellen Versionen von Windows Azure, SQL Azure und Windows Azure App Fabric, die Entwicklern und Administratoren deutlich mehr Komfort versprechen (Tabelle 1 fasst die wichtigsten Neuerungen zusammen). Der gemeinsame Nenner aller Neuerungen ist, dass Microsoft sowohl das Entwicklungs- als auch das Deployment-Modell einer Cloud-Anwendung möglichst nahe an das einer "On Premises"-Anwendung angleichen will. Dazu gehören unter anderem ein Remote Desktop-Zugriff (RDP) auf Azure-Rollen, das Einspielen von Hyper V basierenden virtuellen Maschinen-Images, die sich aus verschiedenen Vhd-Volumes zusammensetzen können, in die Azure-Cloud und der Möglichkeit, diese Maschinen per RDP ansprechen zu können .An Entwickler richten sich die SQL Azure Reporting Services, die flexible IIS-Konfigurierbarkeit und die Extra Small Instance-Rolle, die einen sehr preiswerten Betrieb einer Azure-Anwendung erlaubt. Beeindruckend war eine unter Azure laufende Version des Team Foundation Server, die als Prototyp gezeigt wurde.Richtungswechsel bei SilverlightEin bemerkenswerter Richtungswechsel bahnt sich bei Silverlight an. Das bereits mit viel Vorschusslorbeeren bedachte HTML 5 wirft seine Schatten voraus. Nachdem der scheidende Microsoft Chief Software Architekt Ray Ozzie Silverlight zur PDC 2009 noch auf allen drei für die Consumer-Strategie wichtigen "Screens" (Mobiltelefon, Desktop-PC und damit Web und TV mit einer Media Center-Hardware) verortet hatte, soll Silverlight in Zukunft in erster Linie auf Windows Phone 7-Geräten eine Rolle spielen. Die Rolle des "Flash-Replacement" soll in Zukunft das sich noch im Entstehen befindende HTML 5 übernehmen, das dank direkter Unterstützung der Grafikkartenkarten-Hardware beeindruckende Leistungsdaten in Aussicht stellt und sich aktuell herstellerübergreifender Unterstützung von Apple bis Google erfreut. Silverlight soll im Web künftig in erster Linie für Line Of Business-Apps verwendet werden. Diese Abkehr von der bisherigen Strategie eines "Silverlight everywhere" hat verständlicherweise für einige Irritationen bei Silverlight-Entwicklern gesorgt. Die Ankündigung auf der PDC bedeutet aber nicht, dass Microsoft die Silverlight-Entwicklung auf ein Abstellgleis schiebt (im Frühjahr nächsten Jahres soll ein Nachfolger von Silverlight 4 vorgestellt werden), sondern lediglich eine Refokusierung auf jene Bereiche, für die Silverlight ursprünglich geplant war. Ausblick auf C# 5.0 und VB 11Auch die klassischen Developerthemen waren auf der PDC 2010 vertreten. Microsoft-Chef-Entwickler Anders Hejlsberg gab persönlich einen Ausblick auf C# 5.0 und VB 11, bei der es Vereinfachungen bei der asynchronen Programmierung geben wird und Entwickler die Funktionalitäten des Compilers durch über Services nutzen können. VB 11 wird die bereits mit C# 2.0 eingeführten Iteratoren erhalten. Unter [2] steht mit Visual Studio Async CTP eine erste Vorabversion zur Verfügung, die sich aber leider nur unter einem englischen VS 2010 installieren lässt. Ein Vortrag mit dem Titel "WPF Futures" (der allerdings aufgezeichnet zur Verfügung stand) soll mögliche Bedenken bezüglich der Zukunft von WPF zerstreuen.Ja zur CloudAuch wenn es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein haben könnte, die PCD 2010 sei eher eine Art "Behelfs-PDC" gewesen weil publikumswirksame Themen wie Windows, SharePoint, SQL Server und Office gefehlt haben und zu Azure bereits 2009 "alles gesagt" wurde, dieser Eindruck täuscht. Beindruckend war das klare Bekenntnis zum Cloud-Computing und den Komfort, den die Azure-Plattform künftig für Entwickler und IT-Verantwortliche bieten wird. Die nächste PDC wird 2011 mit Sicherheit wieder in dem gewohnten Rahmen stattfinden, denn dann stehen voraussichtlich mit den Nachfolgern von Windows 7, Office 2010, Visual Studio 2010 und dem .NET Framework 4.0 wieder die üblichen Themen auf dem Programm.Links[1] http://player.microsoftpdc.com/session[2] http://msdn.microsoft.com/en-us/vstudio/async.aspx Tabelle 1: Die wichtigsten Neuerungen rund um Azure>VM-Rolle als neue Azure-Rolle. Die VM-Rolle erlaubt es, einen eigenen, mit Anwendungen vorkonfektionierten Windows Server 2008 R2 als Vhd-Image in die Cloud zu laden, um den Server dort auszuführen. Die öffentliche Beta soll Ende 2010 starten, die damit einhergehenden Server-Lizenzen sollen bis Mai 2011 gültig und nicht auf Produktionssysteme übertragbar sein. Über eine weitere Erweiterung, die in der zweiten Hälfte von 2011 zur Verfügung stehen soll, lassen sich VM Role-Images direkt in Azure zusammenstellen.>Remote Desktop-Zugriff (RDP) auf Azure-Rollen. >Über Server Application Virtualization lassen sich Anwendungen in Gestalt "virtueller Container" in eine Worker-Rolle laden. Damit sollen sich vorhandene Anwendungen leichter in die Cloud übertragen lassen, ohne sie zuvor in eine eigene VM integrieren zu müssen. Grundlage soll eine kommende Version von System Center Virtual Machine Manager sein.>Erweiterter IIS-Support (es lassen sich mehrere IIS-Sites unter eine Web-Rolle einrichten und IIS-Module konfigurieren).>Zugriff auf das Administratorkonto einer Azure-Rolle mit unterschiedlichen Windows Live-IDs, so dass unterschiedliche Benutzer darauf zugreifen können.>VPN-Verbindungen zwischen verschiedenen Azure-Rollen-Instanzen und der On Premises-Infrastruktur (Projekt "Sidney")>Windows Azure AppFabric wird um AppFabric Caching (Performance-Verbesserungen, Projektname "Velocity") erweitert.>Es gibt eine neue Version des AppFabric Service Bus mit drei Verbesserungen: Load Balancing, ein expliziter Management Service und eine Verbesserung der Verlässlichkeit über einen "Haltbare Message buffer" for asynchrones Messaging auf der Grundlage einer Queue.>SQL Azure Reporting soll das Einbetten von Datenbankreports in unter Azure laufende Anwendungen und der Export der angezeigten Daten nach Word, Excel oder PDF auf ähnlicher Weise für SQL Azure-Datenbanken möglich machen wie es bei den SQL Server Reporting Services der Fall ist. Eine CTP soll Ende 2010 verfügbar sein.>Windows Azure App Fabric Composition Model, mit dem sich u.a. Azure-Rollen, SQL Azure-Datenbanken, gehostete Workflows und Azure Access Control Services in einem Deployment-Paket zusammenstellen lassen. >Auch für Windows Azure wird es in Zukunft einen Marketplace geben, in dem Entwickler verschiedene Dienstleistungen rund um die Azure-Plattform anbieten und einkaufen können. Eine Abteilung des Marketplace ist der DataMarket (Projektname "Dallas"), auf dem Datenprovider ihre Daten anbieten können.>TFS für Windows Azure. Dies ist ein echtes Highlight über Entwickler - ein Team Foundation Server, der unter Azure läuft. Eine erste CTP wird es aber erst 2011 geben.>Java soll ein "First class citizen" unter Azure werden. Das bedeutet u.a. Performance-Verbesserungen, Tooling-Unterstützung für Eclipse und Azure Client-Libraries. Kunden sollen zwischen verschiedenen Java-Versionen wählen können.>Preiswertes Azure-Hosting-Angebot mit dem Namen "Extra Small Instance", dass es Entwicklern und Hobbyisten erlaubt, ihre Anwendung für 0.05 U$S pro Stunde Rechenleistung zu hosten.Peter Monadiemi


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