12.04.2013, 08:20 Uhr

Ein Firmennetz zieht um

Wie zieht man bei laufendem Betrieb mit rund 150 physischen Servern in ein neues Rechenzentrum um? Die Lösung: eine massgeschneiderte, vollredundante Glasfaserverbindung.
Wie zieht man bei laufendem Betrieb mit rund 150 physischen Servern in ein neues Rechenzentrum um?
Der Autor ist Leiter Sales & Marketing des Geschäftsbereichs Telecom des ewz. Die Achillesferse der AdNovum Informatik AG ist ihr Firmennetzwerk. Das Schweizer Unternehmen entwickelt und realisiert massgeschneiderte Software- und Security-Lösungen, insbesondere für Banken, Behörden und Unternehmen mit hochsensiblen Daten. Damit ist klar: Sicherheit und Zuverlässigkeit sind oberstes Gebot bei der ICT-Infrastruktur, Unterbrüche schlicht nicht tolerierbar. Doch durch die Expansion der Firma wurde diese Anforderung immer mehr zur Herausforderung. Bis 2011 verteilte sich der Hauptsitz auf drei Gebäude an der Zürcher Röntgen- und Luisenstrasse. Das firmeneigene Rechenzentrum mit seinen rund 150 physischen Servern war ebenfalls in Zürich untergebracht. Zur Vernetzung der Standorte wurden eigene Glasfaserleitungen verlegt. Um den Bau und den Betrieb des Firmennetzes kümmerten sich dabei interne Spezialisten. Im Zuge der Eröffnung zusätzlicher Räumlichkeiten an der Wengistrasse, ebenfalls in Zürich, entschied sich das Unternehmen, die komplette Serverinfrastruktur in ein externes Rechenzentrum auszulagern – und zwar in Form einer Housing-Lösung. Auf diese Weise behält das IT-Unternehmen die volle Kontrolle über seine ICT-Infrastruktur und kann gleichzeitig die Vorteile nutzen, die Rechenzentren von Drittanbietern bieten: hochmoderne Technologie, Skalierbarkeit, Sicherheit und Verfügbarkeit.

Ein kritisches Projekt

Doch das Vorhaben war heikel: An den verschiedenen Standorten werden Applikations- und Security-Programme entwickelt und über 1500 vir­tuelle Server betrieben. Ohne Verbindung zum Rechenzentrum kann ein Grossteil der 300 Mitarbeiter – davon mehr als zwei Drittel Software-Ingenieure – schlicht nicht mehr arbeiten. Auch die mit den Kundinnen und Kunden vereinbarten Service Levels können dann nicht mehr eingehalten werden. Da die Software-Produktion direkt vom Rechenzentrum abhängig ist, musste die Standortvernetzung höchsten Anforderungen genügen. Für das ambitionierte Umzugsprojekt «MoveRZ» wurden daher zunächst die Rahmenbedingungen festgelegt: - Erstens sollten der bisherige und der neue Standort in Zürich über eine ausfallsichere Verbindung ans Rechenzentrum angebunden sein. - Zweitens sollte die Erschliessung eine Kapazität von mindestens 10 Gbit/s aufweisen, um für die aktuellen und künftigen Lasten gewappnet zu sein. - Drittens sollte die Auslagerung als Housing-Lösung gestaltet werden, um die Server selbst verwalten zu können. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Partnerwahl

Partnerwahl

Diese Rahmenbedingungen bildeten auch die Basis für die Wahl der Partner. Beim Rechenzent­rumsbetreiber fiel die Wahl auf Equinix, einen international aufgestellten und Carrier-neutralen, das heisst von Netzwerk-, Hardware- oder Software-Anbietern unabhängigen, Housing-Partner. «Im Gegensatz zu den Mitbewerbern ist Equinix auf Housing-Lösungen spezialisiert. Zudem bietet das Unternehmen einen profes­sionellen Service in unmittelbarer Nähe und ist ähnlich flexibel wie wir», erklärt Tom Sprenger, CTO von AdNovum, den Entscheid. Anschliessend wurde der Evaluationsprozess für den Connectivity-Provider gestartet. In der ersten Phase prüfte man sowohl Dark-Fiber-Varianten (also die reine Glasfaserleitung ohne jede Infrastruktur) als auch Managed-Service-Angebote. Während der Evaluationssphase konnte AdNovum feststellen, dass die Anbieter in Zürich einen harten Kampf um Marktanteile führen und sehr aggressiv auftreten. Doch die meisten scheiterten entweder an den gestellten Anforderungen oder an den Preisvorstellungen. Viele empfahlen dem IT-Unternehmen vorgefertigte Lösungen und gingen nicht auf dessen spezifische Bedürfnisse ein. Die Shortlist der möglichen Partner schrumpfte daher schnell. Warum sich der Software-Entwickler letztlich für das Angebot des Geschäfts­bereichs Telekom von ewz entschied, begründet AdNovum-CTO Tom Sprenger so: «Das Angebot von ewz in Kombination mit Equinix war sehr kompetitiv. Entscheidend waren zudem die örtliche Nähe, was auch die Konnektivitätskosten senkt, die Flexibilität und der professionelle Service.»

Volle Kontrolle

Eben weil Autonomie und Flexibilität eine so zentrale Rolle spielen, favorisierte man schliesslich eine vollredundante Dark-Fiber-Lösung mit dedizierten Glasfaserleitungen. Dabei werden die Leitungen Weg- und Anschluss-redundant in drei Gebäude geführt und so gespleisst, dass die Glasfasern auf der gesamten Strecke exklusiv zur Verfügung stehen. AdNovum wollte den Datenverkehr zudem bereits ab Layer 2 kontrollieren. Da das IT-Unternehmen über ein eigenes System-Engineering verfügt, kann es selbst ein optisches Netzwerk betreiben und den Transport-Service frei gestalten. Um eine maximale Verfügbarkeit zu erreichen, müssen die Redundanzkonzepte zudem bereits auf der Stufe Basisinfrastruktur, also Layer 1, umgesetzt werden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Unter Zeitdruck

Unter Zeitdruck

Bei der Umsetzung stand AdNovum unter erheblichem Zeitdruck. Es galt, die zusätzlichen Arbeitsplätze am neuen Standort Wengistrasse möglichst schnell nutzbar zu machen. Die Konnektivität zum Rechenzentrum musste ab dem ersten Tag nach Fertigstellung gewährleistet und die Lösung für den produktiven Betrieb abgenommen sein. Um dies zu ermöglichen, mussten die baulichen Massnahmen, also das Verlegen von Leitungen und die Beschaffung des Layer-2-Netzwerk-Equipments, perfekt aufeinander abgestimmt sowie die Lösungskomponenten koordiniert in Betrieb genommen werden. Dies erforderte das entsprechende Know-how und eine reife technische Infrastruktur beim Umsetzungspartner sowie Flexibilität und transparente Kommunikation bei allen
Beteiligten. Die Bauphase verlief entsprechend problemlos, die Glasfaseranschlüsse wurden eingezogen, die Network Terminal Points (NTP) installiert. Mit den Service Access Points (SAP) konnte die Glasfaserverbindung nach 18 Arbeitstagen an AdNovum übergeben und das Projekt termingerecht abgeschlossen werden.

Garantierte Verfügbarkeit

Dank der redundanten Auslegung der Glas­faserverbindungen mit komplett separierter Trassenführung pro Verbindung, Hausinstallationen und Netzwerkausrüstungen garantiert ewz eine Serviceverfügbarkeit von 99,999 Prozent für die Konnektivität zum Rechenzentrum. Seit Inbetriebnahme lief die Verbindung zu 100 Prozent stabil. So kann der Software-Entwickler auf eine zuverlässige Infrastruktur vertrauen und den Qualitätsanspruch auch gegenüber seinen Kundinnen und Kunden erfüllen. Dank der vollredundanten Glasfaserverbindung ist die Achillesferse heute ausreichend geschützt. Das Hardware-Outsourcing sorgt zudem dafür, dass die wachstumsbedingte Mehrarbeit mit gleicher Belegschaft bewerkstelligt werden kann.
Das Projekt
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- Konzept, Planung und Realisierung: System-Engineering-Team der AdNovum
- Netzwerkkomponenten: Cisco
- Überwachung der Konnektivität und Performance: Nagios
Zeitrahmen
- Baubeginn: 19. Juli 2011
- Fertigstellung: 4. August 2011
Interview mit Peter Messmann, Leiter Telekom ewz  Webcode: 62432


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