7 Gründe 22.03.2013, 15:27 Uhr

Daran scheitern IT-Projekte

Jedes sechste IT-Projekt scheitert spektakulär. Dabei lässt sich die Total-Katastrophe mit Fehlinvestitionen in Millionenhöhe vermeiden. Besonders Schweizer Finanzhäuser stehen vor grossen Herausforderungen.
Rick Avis aus London präsentiert das IT-Portfolio-Management der Schweizer Grossbank UBS.
Von geschäftskritischen IT-Projekten scheitert jedes Sechste, hat die jüngste IT-Planning-Studie 2013 ergeben. Ein niederschmetterndes Ergebnis, aber was sind die Gründe? Und wie vermeidet man den Super-Gau, den schlimmsten anzunehmenden IT-Projektunfall? Auch Schweizer Unternehmen decken gerne den gnädigen Mantel des Schweigens über derartige Katastrophen. Nur zu verständlich, denn wer gibt schon gerne zu, dass er mehrere Millionen Franken - als peinliche Fehlinvestition - in den Sand gesetzt hat. Woran scheitern eigentlich geschäftskritische IT-Projekte? CW sprach auf der Planning IT eXchange mit Ulrich Kalex, Vice President Product Line Management bei alfabet. Die Planung, also die Vorbereitungsphase, verschlinge zuviel Zeit, betont Kalex. Grosse Unternehmen benötigen im Durchschnitt 150 Tage, um ihre geschäftskritischen IT-Projekte aufzugleisen. Unter anderem auch deshalb, weil zu viele Beteiligte aus den Fachabteilungen konsultiert werden müssten. Läuft dann etwas aus dem Ruder, schreckt man vor einer aufwendigen Neuplanung zurück, sondern macht einfach weiter, bis nichts mehr geht.

Entscheidungsbasis: veraltete Daten

50 Prozent der Entscheidungen würden, so Kalex, ausserdem auf Grundlage von Informationen getroffen, die im Schnitt etwa 14 Monate alt seien. Steht dann der IT-Projektplan, ist er eigentlich schon veraltet. Ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor sei zudem die schiere Menge an Änderungen, die nach Projektstart über die kommenden 9 bis 12 Monate anfallen. Mit der Ist-Aufnahme kämen die Projektmitarbeiter ja noch zurecht, aber punkto Änderungen verlieren sie schnell den Überblick. Kalex plädiert für mehr Transparenz und Ehrlichkeit. EIn bestimmter Prozentsatz an IT-Projekten kann und wird schiefgehen, das lässt sich kaum vermeiden. Es komme darauf an, rechtzeitig die Reissleine zu ziehen, anstatt sich wegzuducken und einfach weiter zu machen, empfiehlt Kalex. Durch ein solches entschlossenes Vorgehen lassen sich die Fehlinvestitionen begrenzen. Nächste Seite: Herausforderungen der Schweizer Banken

Bankenrisiko: 10 Prozent IT

Besonders der Bankensektor sei anfällig für Projektfehlentwicklungen. Das liegt an der extrem hohen strategischen Bedeutung, die Informationstechnologie für die gesamte Finanzindustrie hat. Zum Vergleich: Beim Automobilhersteller Volkswagen (VW) arbeiten etwa eineinhalb Prozent der Belegschaft in der IT-Abteilung, bei Finanzhäusern seien es im Durchschnitt gut 10 Prozent. Komplexe IT aber ist schwer zu managen. Es verwundert daher nicht, dass zur Kundschaft des Projektberatungshauses alfabet neben Daimler, der Deutschen Bahn und der Deutsche Telekom auch die Schweizer Grossbank UBS gehört. "Die UBS hat ihren Vertrag vor zwei Jahren, also Ende 2010, unterschrieben", sagte Kalex zu CW. Seitdem tut sich was bei der UBS. Vor welchen Herausforderungen stehen die Banken zurzeit? "An der Modernisierung ihrer alten Legacy-Infrastrukturen kommen die Banken nicht vorbei", sagte Daniel Mayo, Practice Leader Financial Services bei Ovum, im Gespräch mit CW. Legacy wird zum Klotz am Bein, der immer schwerer wiegt und das Geschäft behindert. Als Lösung nennt Mayo eine schrittweise, phasenorientierte Migration von Legacy auf modernere Architekturen.

5-Jahres-Plan der Banken

Die britische HSBC hat zu diesem Zweck ein Shadow-Middleware-Layer eingezogen, das Frontends und Backends voneinander trennt. Als typischen Zeitraum für ein derartig anspruchsvolles Migrationsprojekt nennt Mayo etwa 5 Jahre. Grundlage sei ein solides Enterprise Architecture Management (EAM). Die zweite Herausforderung für Banken besteht im Management von Regulatorien wie Basel III, OTC Derivatives Reform, MiFIO II oder FACTA. Etwa 35 bis 40 Prozent des sogenannten Change-Budgets der IT fliesst in die Umsetzung von Compliance (GRC). Als typischen Zeithorizont nennt Ovum-Analyst Mayo etwa 1 Jahr. Mittelfristig müssten die Banken die Migration von alten transaktionsorientierten Systemen hin zu Informationssystemen meistern, die unter anderem Daten automatisch an die Regulatoren übermitteln. Eine vierte Kampfzone tut sich an der Kundenfront auf. Banken sind dazu angehalten, ihr sogenanntes "Customer Experience Management" zu überarbeiten. Schlagworte wie BYOD und mobile Banking benennen hier die neuralgischen Punkte.


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