11.02.2013, 10:47 Uhr

Beratung à la Carte

Die Leistungen in der IT- und Unternehmensberatung sind selten klar strukturiert, was häufig zu Unzufriedenheit mit dem Beratungsanbieter führt. Das ist für den Dienstleister ebenso ärgerlich wie für den Auftrag­geber. Ein katalogbasierter Ansatz könnte diesen Mangel beheben – und zusätzliche Vorteile für Kunde und Berater bringen.
Eine katalogisierbare Beratungslösung hätte für alle Beteiligten Vorteile
Rasmus Frick ist Senior Managing Consultant bei Logica, jetzt Teil von CGI. Ina Reichart ist Consultant im gleichen Unternehmen.
Diese Situation kennt man in der IT nur zu gut: Das Tagesgeschäft wird immer stärker von Projekten beeinflusst, die zeitlich und finanziell begrenzt sind. Fehlendes Know-how der Mitarbeiter, hoher Zeitdruck und Projekte, die ihre Deadline schon lange überschritten haben, sind an der Tagesordnung. Um diese Lücken zu schliessen, wird häufig externe Unterstützung hinzugezogen. Der Einkauf von Beratungsleistungen oder gar das Outsourcing bestimmter Bereiche ist im heutigen unternehmerischen Denken und Handeln allgegenwärtig. Doch auch hier sind Entscheidungen zu treffen, die über den Erfolg oder Misserfolg des Projekts entscheiden können. Welcher Anbieter kann die Anforderungen frist- und anforderungsgerecht umsetzen? Wählt man nun den Ansatz, nach Zeit- und Materialaufwand zu zahlen («Time & Material») oder fällt die Entscheidung doch besser auf ein Festpreismodell? Was verspricht die besten Resultate mit dem kleinsten Risiko? Gerade bei Langzeitprojekten ist das oft schwer abzuschätzen, denn die Unwägbarkeiten steigen mit der Laufzeit. Das Resultat lautet deshalb oft: Das Unternehmen liefert dem Anbieter eine Aufgabenbeschreibung, der Anbieter versucht, die Vorstellungen bestmöglich umzusetzen – und dennoch erhält der Kunde nicht immer das, was wirklich benötigt wird. Es stellt sich die Frage, wie ein Modell aussehen muss, das trotz Komplexität, langer Laufzeit und spezifischen Anforderungen optimale Rahmenbedingungen für eine strukturierte Projektabwicklung bietet. Ein Modell, das grössere Transparenz über Budget und Aufwand eines Projekts zulässt und gleichzeitig eine flexible Planbarkeit und einen kalkulierbaren Kostenrahmen ermöglicht. Diese Methode müsste die Vorteile von «Time & Material»- und Festpreisansätzen vereinen und zugleich Risiken minimieren. Leistungen à la Carte

Leistungen à la Carte

Die Lösung findet sich in einer Methode, die es Unternehmen ermöglicht, Beratungsleistungen nach eigenen Wünschen zu gestalten und definierte Lieferleistungen zu einem bestimmten Preis zu beziehen. Zentraler Bestandteil ist ein detaillierter Leistungskatalog der Beratungs­tätigkeiten. In diesem Katalog sind wie in einer Menükarte die einzelnen Beratungsleistungen aufgelistet, vor allem aber so genau wie möglich beschrieben: Der Umfang der Tätigkeit und was damit erreicht bzw. verbessert werden soll, bis wann dies zu geschehen hat, mit welchem Ergebnis und in welcher Qualität. Wie in der Menükarte eines Restaurants wird jede Leistung, je nach Komplexitätsgrad, mit einem Festpreis versehen. So werden aus komplexen Dienstleistungen übersichtliche, einfache und strukturierte Leistungspakete geschnürt, die Unternehmen schnell und einfach, ohne aufwendigen vorhergehenden Request for Proposal einkaufen können – Consulting as a Service in Idealform. Für ein sehr komplexes und über mehrere Jahre laufendes Projekt muss gegebenenfalls der bestehende Leistungskatalog angepasst oder ergänzt werden. Dazu gilt es, die folgenden drei Fragen zu durchlaufen bzw. zu prüfen: - Welche Unternehmensanforderungen sind in Bezug auf Methoden und Vorgehensweisen etab­liert und zu berücksichtigen? - Welche Anforderungen und Vorgaben an die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und externen Beratern gibt es? - In welchen Bereichen (Change-, Projekt- oder Prozessmanagement) benötigt das Unternehmen Beratungsleistung? Darauf aufbauend wird der Leistungskatalog samt Preisen entsprechend an die Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst und dient anschliessend als dessen Kalkulationsbasis. Zulieferleistungen werden bis ins Detail beschrieben, gewünschte Endergebnisse dokumentiert sowie Ergebnistypen und Abnahmekriterien definiert – quasi die «Service Level Agreements» des Consultings. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Strukturierte Projektzyklen

Strukturierte Projektzyklen

Der operative Einsatz des Leistungskatalogs ist mit einem Kreislaufsystem vergleichbar, zu dessen Beginn die Projektidee steht. Das potenzielle Projekt wird anhand spezifischer Kriterien einem Komplexitätsgrad – wie leicht, mittel oder schwer – zugeordnet und anhand dieser Kategorie werden anschliessend die nötigen Leistungen aus dem Katalog ausgewählt und in Auftrag gegeben. Verhandlungen mit dem Einkauf sind in diesem Schritt nicht mehr notwendig, da bereits bei Katalogerstellung Preise und Umfang der Leistungen festgelegt wurden. Der Anbieter kann anhand der detaillierten Beschreibungen exakt auf die Anforderungen des Unternehmens reagieren und die benötigten Leistungen erbringen. Diese werden von dem Unternehmen abgenommen und verifiziert, um letztlich einen erfolgreichen Projektabschluss zu gewährleisten.

Präzise Vorgaben und Ergebnisse

Ähnlich wie bei einem Warenkorb kann sich die Firma die Bausteine des Beratungs­pakets so zusammenstellen, wie sie benötigt werden. Das bedeutet ebenfalls, dass eine freie Planungs­möglichkeit der Ressourcen besteht. Stellt man fest, dass für eine bestimmte Projektphase die Inhouse-Ressourcen nicht ausreichen, können diese über den Leistungskatalog für einen bestimmten Zeitraum «hinzugebucht» werden – ohne Gefahr zu laufen, juristischen Problemen von Langzeitprojekteinsätzen ausgesetzt zu sein. Das Unternehmen kann das Projekt also nach eigenen Vorstellungen und Rahmenbedingungen abwickeln, während der Beratungsdienstleister eine spezifische Vorgabe hat, welche Services er in welchem Umfang erbringen soll. Lesen Sie auf der nächsten Seite: das Beste aus zwei Welten

Fazit: Das Beste aus zwei Welten

Diese Vorgehensweise schafft Transparenz über die laufenden Prozesse und gewährleistet ein hohes Mass an Flexibilität, Gestaltungsfreiheit im Projektablauf sowie juristische Sicherheit. Zudem wird durch die Ergebnisorientierung eine volle Kostenkontrolle gewährleistet. Der katalogbasierte Bestellprozess von Lieferleistungen schafft deutliche Zeiteinsparungen, da Preisverhandlungen für Einzelprojekte entfallen. Dies sorgt für einen verhältnismässig schnellen Projektstart und gewährleistet Kos­tentransparenz über alle Projektphasen hinweg. Durch die Vereinheitlichung der Prozesse und die Etablierung einer globalen Vorgehensweise werden Risiken minimiert und eine verbesserte Planbarkeit geschaffen. Letztlich führt dies zu einer höheren Projekterfolgsquote und dadurch zu einem optimierten Projektportfolio, das es ermöglicht, die Vergleichbarkeit von Projekten zu steigern und gleichzeitig Projektarbeit in einem transparenten und planbaren Rahmen abzuwickeln. Unternehmen haben so die Möglichkeit, den aktuell wirklich benötigten Leistungsumfang entsprechend einzukaufen und behalten damit über die gesamte Laufzeit eines Beratungsprojekts Zugriff auf die Projekt­planung. Trotzdem müssen sie nicht auf die Vorzüge von Festpreisprojekten verzichten.


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