Foxconn-Reportage 24.02.2012, 12:00 Uhr

Alles inszeniert?

Am Dienstag erhielt der amerikanische TV-Sender ABC zusammen mit Inspektoren der Fair Labor Association (FLA) Zutritt zur Foxconn-Schmiede. Die Medien- und Arbeitnehmervertreter wurden aber scheinbar an der Nase herumgeführt.
Wer gehofft hatte, dass die Realität nicht so schlimm ist wie das Bild der Öffentlichkeit, wurde nicht enttäuscht. Die Arbeiter müssen zwar lange ? 6 Tage in der Woche, 12 Stunden am Tag ? und für wenig Geld (umgerechnet 2 Dollar die Stunde) arbeiten, doch das ist laut ABC-Bericht besser, wie in anderen chinesischen Unternehmen. Die Reporter und Kontrolleure hatten überallhin Zugang, so konnte man auch «Selbstmordnetze» sehen, die verhindern sollen, dass sich weitere Personen von den Dächern des Komplexes stürzen. Insgesamt ein stimmiges Bild, das die Reputation Foxconns verbessert ? sofern man Verständnis dafür hat, dass in Asien und Europa halt andere wirtschaftliche Voraussetzungen herrschen ? und damit Apple aus der Schusslinie nimmt. Doch scheinbar war alles ganz anders, als gezeigt.

Versteckte Minderjährige?

Debby Sze Wan Chan, Mitarbeiterin der NGO Students and Scholars Against Corporate Misbehavior (SACOM) in Hong Kong, sagt, dass Foxconn sich auf die Inspektion vorbereitet hat. «Alle minderjährigen Arbeiter mussten keine Überzeitarbeit leisten und einige wurden sogar in andere Departemente geschickt», erklärt sie AppleInsider.com. Zudem sollten die Arbeiter während des Drehtages auch mehr Pausen wie üblich bekommen haben, da Apple in seinen Verhaltenskodex fr Lieferanten die Arbeit von 16 bis 18-jährigen nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Indirekte Zwangsarbeit? Gegenüber The Register.com sagt Chan, dass viele Studenten dort arbeiten, die ein Praktikum machen. «Allerdings beschreiben wir diese Praktika eher als unfreiwillige Arbeit, denn wenn sie nicht in die Fabrik gehen, können sie möglicherweise nicht das Studium beenden oder müssen Kurse fallen lassen.»  Allerdings kommt auch Apple bei Wan Chan nicht gut weg. «Tim Cook (CEO von Apple, Anm. der Red.), hat den Angestellten kürzlich einen Brief geschrieben, dass sich Apple um jeden Mitarbeiter seiner Versorgungskette kümmert. Aber das ist nicht wahr. Denn die Apple-Leute sind ja in den Fabriken präsent und kennen die Probleme bei Foxconn, aber es kümmert sie einfach nicht.» Apple wollte laut AppleInsider zu den neuen Vorwürfen keine Stellung nehmen. 

Selbstmorde und Sklavenarbeit

Mit der Zulassung des TV-Teams und der Inspektoren (Computerworld.ch berichtete) Association wollte Foxconn dem Öffentlichkeitsdruck entgegenwirken, der sich ber Jahre aufgebaut hatte. Denn die Firma, die unter anderem für Apple, Microsoft und HP Produkte herstellt, geriet aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen immer wieder in die Kritik. Von Kinderarbeit und sogar Sklaverei war die Rede, insgesamt begingen im Verlauf der letzten Jahre 18 Mitarbeiter Selbstmord. Das färbte auch auf die Reputation der Kunden ab, es gab Demonstrationen gegen Apple + Co, so dass sich die Unternehmen gezwungen sahen, zu handeln. Microsoft führte eigene Untersuchungen durch, Apple trat der FLA bei und auch Foxconn kndigte an, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und letzten Dienstag sollte nun also die Welt sehen, ob Foxconn seinen Worten Taten folgen liess, oder nach wie vor Bedingungen wie zur Zeiten der Industrialisierung diktiert.



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