Social Media Marketing 12.09.2011, 06:00 Uhr

Mehrwert inklusive?

Was bewegt die CRM-Branche, wo liegen die grössten Marktchancen, wo die grössten Herausforderungen? Am Swiss CRM Forum im Zürcher Hallenstadion lag der Schwerpunkt in diesem Jahr auf dem Thema Social CRM.
Gut besucht: das Swiss CRM Forum im Zürcher Hallenstadion / Bild: PD
Die Autorin ist als Fachjournalistin im Bereich Marketing und Kommunikation für das Swiss CRM Forum tätig. Social Media Marketing ist zeitaufwendig und arbeitsintensiv – eröffnet Unternehmen aber auch interessante neue Wege zur Zielgruppe und zu den eigenen Kunden. Die eigentliche Herausforderung, so eines der Ergebnisse aus einer Umfrage unter den Ausstellern und Partnern des diesjährigen Swiss CRM Forums, ist jedoch die Einbindung der virtuellen Aktivitäten in den Marketingmix sowie die Übertragung, Aus­wertung und Nutzung der Informationen aus sozialen Netzwerken im Customer Rela­tionship Management.

Ohne geht es nicht mehr

Ist Social Media zwingend erforderlich in einem modernen Multikanalmix? Die Mehrheit der CRM-Dienstleister, die im Vorfeld des Swiss CRM Forums vom Veranstalter zu ihren Projekterfahrungen in der Beratung befragt wurden, bejahen dies. Doch – so die einhellige Meinung – das Engagement und die Intensität sollten sowohl der Branche als auch der Grösse des Unternehmens angepasst sein. «Es gibt Unternehmen, vor allem aus der Konsumgüter- und Lifestyle-Branche, bei denen Social Media zu einem wichtigen Bestandteil im Marketingmix geworden ist», meint Joachim Schellenberg, Business Development Manager für die Region EMEA bei der ecenta AG. «Je jünger die Zielgruppe, desto populärer sind die sozialen Netze und desto grösser ist deren Bedeutung für die Kundenbindung. Dieser Trend wird sich noch weiter verstärken», davon ist der Branchenkenner überzeugt. In der Investitionsgüterbranche, also im B2B-Bereich, sieht Schellenberg dagegen noch eine klare Dominanz der konventionellen Marketingwerkzeuge. Zwar erhielten mittlerweile auch Plattformen wie Xing und LinkedIn wachsenden Aufmerksamkeit. Schellenberg rät jedoch zur Vorsicht. Er empfiehlt, «sehr selektiv vorzugehen und nicht jedem vermeintlichen Trend zu folgen».

Kein Ersatz für klassische Methoden

Social Media Marketing – da sind sich alle Befragten einig – wird das klassische Marketing niemals ersetzen. Davon ist auch Marcel Kuster, Leader CRM Services Alps bei IBM Global Business Services, überzeugt. Der Berater zieht da­raus folgenden Schluss: «Es liegt an Beratern wie uns zu schauen, wie man Social Media sinnvoll in die bisherige Strategie integriert.» Der gleichen Meinung ist auch Phil Winters, Strategic Advisor bei der Peppers & Rogers Group: «Social Media Marketing kann nicht unabhängig von der Gesamtmarketingstrategie gesehen werden. Vielmehr liefert es, basierend auf dem vorhandenen Kundenwissen, für einige Kundengruppen zusätzliche Informationen, die Unternehmen gezielt nutzen und einsetzen können.» Aber – und auch darin sind sich die Marketingexperten einig – der neue Kanal kann auch nicht ignoriert werden: «Das CRM der Zukunft kommt nicht ohne Social Media aus, wenngleich die Umsetzung sehr stark variieren wird, so wie bei den anderen Kanälen auch», meint etwa Catherine Crowden, Marketing Manager bei BSI.

Monitoring schafft neue Einsichten

Dass Social Media im Vergleich zu den anderen Marketingkanälen neue, erweiterte Zugänge zu Informationen und über Kunden liefert, ist Fakt. Markus Brupbacher, Geschäftsführer Schweiz der update software Switzerland GmbH, ist sicher: «Social Media beeinflusst das Image und die Wertschätzung für Unternehmen und ihre Produkte.» Deshalb sei es künftig unumgänglich, die Social-Media-Kanäle und Communitys systematisch zu beobachten. BSIs Marketingmanagerin Crowden ist zudem davon überzeugt, dass dadurch ein echter Mehrwert entsteht: «Das Monitoring von Gesprächen und Meinungen in den sozialen Netzwerken führt zu einem besseren, proaktiveren Beschwerdemanagement im Service. Im Marketing und Verkauf wird beispielsweise Twitter schon bald zum Standardkommunikations­kanal für die Verbreitung von Botschaften des Unternehmens werden.» Aber auch für die Generierung neuer Ideen werde das Social Web zum Standard-Tool. Dem CRM komme dabei eine zentrale Rolle zu, meint die Marketing­expertin: «Es sammelt und bündelt all diese Kommunikationsströme und sorgt dafür, dass alle Anliegen schnell, einwandfrei und von der richtigen Person bearbeitet werden.» Es ist allerdings nicht alles Gold, was glänzt: «Durch Social Media Marketing werden der Service und die Kundenbeziehungen nicht automatisch besser», warnt zum Beispiel ecenta-Manager Schellenberg. Denn, so führt er aus, «die Plattformen dienen zumindest gegenwärtig lediglich dem Austausch von Informationen. Die Markenversprechen müssen die Unternehmen dennoch durch den realen Service und die Produkte einlösen.» Dass das alles nicht so schnell gehen wird, wie manche Social-Media-Enthusiasten glauben machen wollen, hebt Patrick Meister, Group Marketing Manager Microsoft Dynamics, hervor: «Social Media Marketing wird das CRM beeinflussen – jedoch nicht auf allen Ebenen. Dies hat damit zu tun, dass die Entscheiderebene heute noch weitgehend mit Menschen besetzt ist, die nicht durch Facebook, Xing und Internet sozialisiert wurden.»

Kommunikation ausser Kontrolle?

Wenngleich die positive, aufgeschlossene Grundhaltung zu Social Media bei den Unternehmen überwiegt, beobachten die CRM-Dienstleister und IT-Berater doch ein diffuses Gefühl der Besorgnis. Mattias Langner, Manager bei der Elca Informatik AG, zieht aus seinen Erfahrungen in der Kundenberatung folgenden Schluss: «Einerseits verlieren Unternehmen die Kontrolle über die Inhalte, Kommentare und Reaktionen der Nutzer auf den Social-Media-Plattformen. Andererseits müssen sich die Unternehmen darüber im Klaren sein, wie sie mit der teils grossen Menge an Daten aus dem
Social Media umgehen wollen.»

Fazit: viel zu tun

Durch Social Media Marketing öffnen sich neue Kommunikationswege zu den Kunden, sie werden transparenter und durchlässiger. Der Informations-austausch zwischen Unternehmen und Kunden, aber auch zwischen den Kunden untereinander erreicht dadurch bisher unbekannte Dimensionen. Daraus resultierten aber auch ganz erhebliche Herausforderungen für kommende CRM-Lösungen und Strategien, meint Joachim Schellenberg: «In Zukunft muss wesentlich mehr Input verarbeitet und geordnet werden, die Kunden erwarten schnellere und vollständige Informationen, praktisch permanente Dialogbereitschaft und geradezu ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen der Unternehmen.» Es gibt also viel zu tun im Social Media Marketing – doch wie anfangen? «Ich rate dazu, zunächst nichts zu überstürzen», meint Schellenberg. Unternehmen müssten sich klar überlegen, welche Zielgruppe sie tatsächlich über Social Media erreichen können und wollen. Ausserdem stelle sich auch die Frage nach den Ressourcen: «Wer sozusagen den Kanal öffnet und damit das Kommunikationsvolumen drastisch erhöht, muss auch die entsprechenden Prozesse und Ressourcen vorhalten», warnt er. Hier könne man sich schnell verkalkulieren. Ein schrittweiser Einstieg, bei dem alle beteiligten Abteilungen an das Thema herangeführt werden, sei auf jeden Fall die empfehlenswerte Variante. Insgesamt gesehen, prognostiziert die Branche dem Social Media Marketing eine gros­se Zukunft. Erik Neumann, ab 1. Juli 2011 neuer Managing Partner des Swiss CRM Forum, bringt es auf den Punkt: «Bei Social Media denken die meisten Menschen sofort an Communitys wie Facebook und Twitter. Doch es gibt viele intelligente Wege, den Dialog mit den Kunden zu führen.»


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