29.10.2012, 15:50 Uhr

Mit der SBB in die mobile Zukunft - oder doch nicht?

Die Schweizerischen Bundesbahnen haben entschieden, ihr mobiles Surf-Angebot der in- und ausländischen Konkurrenz anzupassen. Die Pläne lassen aber viele Fragezeichen offen.
Das nervige langsame Surfen mit dem Handy soll der Vergangenheit angehören: Die SBB möchte die Datenmenge in den Zügen verfünffachen, sagt Personenverkehrschefin Jeannine Pilloud der Zeitung «Der Sonntag». Bisher kann man laut Pilloud von fünf bis acht Megabit ausgehen, künftig sollen es vierzig bis fünfzig sein. Diese Aussage ist aber merkwürdig, denn die Antennen sind nicht schuld, dass sich viele Passagiere über langsame Downloadgeschwindigkeiten beklagen. Olaf Schulze, Mediensprecher von Swisscom, sagt: «Die meisten Antennen sind bereits mit der heute maximalen Kapazität ausgestattet. Bis 2014 wird im gesamten 3G Netz HSPA mit 84 MBit/s aufgeschaltet sein. Ballungszentren und Bahnstrecken werden entsprechend prioritär mit der neuen Technologie ausgerüstet.» Stattdessen sind es die Passagiere selbst, die für das teilweise schleppende Surfen verantwortlich sind. Je nach Anzahl User pro Zelle teilt sich die Bandbreite nämlich auf. Bedeutet, dass gemäss Pillouds Zahlen in Zukunft bis zu fünfmal weniger Passagiere in einem IC sitzen sollen.

Missverständliche Aussagen

Laut Pilloud soll die neue Bandbreite auf der Ost-West-Achse in zwei bis drei Jahren, auf der Nord-Süd-Achse in drei bis vier verfügbar sein. Dass es nicht schneller geht, liege an den Telekommunikationsanbietern: «Das beste WLAN im Zug nützt nichts, wenn die Antenne versagt». Darum würde es entlang der Bahnlinien mehr Antennen brauchen. Doch auch diese Aussage ist merkwürdig: Mehr Antennen könnten zwar die Netzabdeckung verbessern. Das Signal in den Zügen selbst kann jedoch nur mit dem Einsatz von Repeatern verstärkt werden. «Gerade die Ost-West-Achse ist sehr gut erschlossen. Wichtig ist, das Signal über Repeater in die Bahnwagen zu holen», sagt Schulze. Deswegen bauen SBB und die Telcos seit gut eineinhalb Jahren die Repeater aus. Die Hauptkosten tragen Orange, Sunrise und Swisscom. Von einem gemeinsamen Antennenausbau mit der SBB weiss Schulze übrigens nichts. Für einen grossflächigen Ausbau müsste zuerst ohnehin die NISV (Verordnung ber den Schutz vor nichtionisierender Strahlung) angepasst werden. Gesetzlich ist festgelegt, wie viele Antennen gebaut und wie stark diese strahlen dürfen. Das heutige Netz ist schon stark am Limit, Neubauten nahezu unmöglich. Die SBB hat sich zu den geäusserten Vorwürfen folgendermassen geäussert: «Wir sind nicht mit der Swisscom in Verhandlungen, ob neue Antennen gebaut werden. Das ist Sache der Telekommunikationsanbieter. Die Aussage von Frau Jeannine Pilloud bezog sich auf die Erhöhung der Bandbreite der Antennen durch die Aufrüstung auf den Standard 4G/LTE. Dafür braucht es auch die neuen Repeater in den SBB-Zügen, welche die neue Technologie entsprechend verstärken können. Dieser Umbau läuft auch Hochtouren, ist aber gerade bei doppelstöckigen Intercitywagen aufwendig. Die Flotte von über 1000 Wagen wird bis Ende 2014 vollständig mit neuen Repeatern ausgerüstet sein.»  Lesen Sie auf der nächsten Seite: Gratis? Nicht hier

Gratis? Nicht hier 

Auch ansonsten verwöhnt die SBB ihre Kunden bezüglich mobilen Netzzugriffs nicht wirklich. Während beispielsweise dank Postautos oder Trams und teilweise in der Deutschen Bahn (DB-Lounge-Kunden) und den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gratis gesurft werden kann, fährt die SBB wohl weiterhin die kostenpflichtige Schiene. Denn im Juli sagte SBB-Mediensprecher Reto Kormann, dass kostenloses WLAN in Zügen zurzeit «kein Thema»  sei. Bislang sind 75 SBB-Züge mit WLAN ausgestattet, allerdings nur in der ersten Klasse und gegen Bezahlung. Das Angebot wird vermutlich erst im Jahr 2014 ausgeweitet, wenn 59 neue Bombardierzüge ins Sortiment genommen werden, die sowohl in der ersten wie auch zweiten Klasse über WLAN verfügen sollen.   Immerhin wird über eine kostenlose Lösung an den Bahnhöfen diskutiert, sagt Pilloud. Von diesen sind bislang rund 30 von mit WLAN ausgerüstet, künftig «könnten es 60 bis 100 sein.» Ein klares Bekenntnis zur Angebotserweiterung klingt allerdings anders. 



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