PostFinance, NCR, UBS 08.11.2016, 13:51 Uhr

Schweizer Payment-Trends

Neue Technologien wie Apple Pay, Blockchain und Twint bewegen die Schweizer Finanzbranche. Dabei verfolgen NCR, PostFinance und UBS höchst unterschiedliche Ziele.
Die Banken wird je länger, je weniger wichtig für die Finanzgeschäfte der Schweizer Verbraucher. Das beginnen die hiesigen Finanzdienstleister zu realisieren. Mehr als 180 Vertreter aus der Branche suchten am «Swiss Payment Forum» in Zürich Wege aus dem Dilemma. Die dort präsentierten Ansätze dokumentieren jedoch, dass selbst Partner nicht immer am gleichen Strang ziehen.  Dem Ansatz, die Bank in eine Plattform umzuwandeln, hat sich PostFinance verschrieben. Das Unternehmen will Partner in seine Services einbinden und auch Bündelangebote lancieren, wie David Kauer von PostFinance an dem Forum sagte. Der Leiter Produktmanagement Value Added Services sprach damit auch die Payment-Lösung Twint an, die im neuen Jahr auf den Markt kommen soll. Das Gemeinschaftsprodukt von unter anderem Coop, Credit Suisse, Migros, UBS und ZKB werde für den Detailhandel neue Möglichkeiten für Rabatt- und Werbekampagnen bieten. Der Manager schloss aber eine Zusammenarbeit mit Apple Pay nicht aus. Es sei etwa denkbar, das Bezahlsystem als Fremdplattform in PostFinance-Lösungen einzubinden.
Parallel zu Twint will das Unternehmen eine elektronische Version der PostFinance Card lancieren, die ebenfalls fürs Bezahlen mit dem Handy verwendet werden kann, kündigte Kauer an. Auf der Android-Plattform wolle PostFinance dabei auf NFC setzen – im Unterschied zu Twint, wo nur Bluetooth und QR-Codes unterstützt werden. Grund sei, dass Apple den Anbietern von Bezahl-Apps weiterhin den Zugriff auf die NFC-Schnittstelle verweigere. 

Big Data von PostFinance

Zu einer wichtigen Einnahmequelle für PostFinance soll die Analyse und das Management von anonymisierten Kundendaten werden, sagte Kauer. Bei Twint sei er sich sicher, dass die Verbraucher mitmachen – auch wenn sich Coop, Migros und Valora weigern, Information über die Bezahlvorgänge weiterzugeben. Twint wolle den Kunden einen Mehrwert aufzeigen – zum Beispiel personalisierte Rabatte. Wenn die Verbraucher beispielsweise 20 Prozent sparen könnten, würden sie Twint wahrscheinlich erlauben, ihre Bezahlinformationen zu verwenden, sagte der Manager. Die Händlerseite will PostFinance ebenfalls mit Daten beglücken: Im nächsten Jahr sollen neue Dienstleistungsangebote für die Kampagnensteuerung lanciert werden, die auf Prädiktiver Analytik basieren. Dafür greift das Unternehmen auf die anonymisierten Transaktionsdetails seiner drei Millionen Privatkunden und 400'000 Firmenkunden zurück. «Wir wissen, wohin ein Kunde reist, bevor er selbst die Reise bucht», sagte Kauer. Für die geplanten Angebote setzt PostFinance auf unter anderem die Lösung SAS Customer Intelligence, wie bereits Anfang Jahr bekannt geworden war. Nächste Seite: kontaktlose Bankomaten Der Blockchain-Technologie misst PostFinance heute noch keine geschäftsentscheidende Bedeutung zu. Allerdings wolle das Unternehmen mittel- bis langfristig auch Services auf der Technologie aufbauen, kündigte Kauer an. Die Grossbank UBS ist bei dem Thema Blockchain bereits einen Schritt weiter, sagte Martin Rindlisbacher an dem Anlass. Laut dem Senior Business Architect von UBS Switzerland berge Blockchain ein «unglaublich grosses» Potenzial für Finanzdienstleistungen. Zum Beispiel könnten zu befolgende Regeln von Vornherein in Software abgebildet werden, womit die Prüfung im Nachhinein unnötig werde. Durch das Einbeziehen des Regulators in das System könnte er selbst in die Prozesse hineinschauen, womit das aufwändige und teure Reporting entfalle. An konkreten Anwendungen arbeite UBS im Innovationslabor «Level 39» in London. Dort werden nach den Worten Rindlisbachers etwa Proof of Concepts für «Smart Bonds» auf der Grundlage von automatisierbaren Smart Contracts programmiert.

«Technologische Arroganz»

Vor zu viel «technologischer Arroganz» warnte Bernhard Lachenmeier die Teilnehmer des Forums. Der Geschäftsführer des Finanzdienstleistungsunternehmens CCV Schweiz beobachtet, dass in der Industrie heute Millionensummen in Technologie investiert werden. Dann müssten sich die Kunden der Technologie anpassen – und nicht umgekehrt. Laut Lachenmeier bestehe nun die Gefahr, dass die «Payment-Anbieter beim Bezahlen in der Zukunft sind nicht mehr am Lenkrad sitzen». Vielmehr werde der Kunde das Steuer übernehmen. Dann sei die einzige Option für die Anbieter, die Technologie so benutzerfreundlich und einfach wie möglich zu verpacken. 
Für das «Zurich Film Festival» hat CCV beispielsweise eine Gutscheinkarte auf der Basis von QR-Codes entwickelt, die in Kinos, Restaurationen und auch im Web-Shop verwendet werden kann. Die Geschenkkarte sei bis anhin aber noch nicht zum Fliegen gekommen, gestand aber Festival-Direktorin Nadja Schildknecht. Allerdings sei die Karte auch zu spät lanciert worden, begründete sie. 

Kontaktlose Bankomaten

Mehr Benutzerkomfort versprach Andrew Brown für die Zukunft. Er ist Marketing Director Payments bei NCR. Der Finanztechnologie-Anbieter setzt auf das kontaktlose Bezahlen via NFC. Unter anderem Apple Pay ist ein Kooperationspartner, in der Schweiz auch die Cornèr Bank. Wie Brown sagte, steckt die Kontaktlos-Zahlung hierzulande noch in den Kinderschuhen – laut Nationalbank sind erst sieben Prozent aller Zahlungen kontaktlos. Die Technologie sei aber Marktbereiter für Mobile Payment. 
Neu wollen NCR und seine Partner auch den kontaktlosen Bargeldbezug am Bankomaten ermöglichen. Daneben könnten Banken einen Service anbieten, um Wartezeiten an den Maschinen zu verkürzen. Dafür sollen die Verbraucher die Transaktion am Bankomaten via Smartphone vorab autorisieren können.



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