03.11.2011, 09:53 Uhr

Wieviel ist Facebook wirklich wert?

Zwischen 66 und 100 Milliarden belaufen sich die Schätzungen des Börsenwertes von Facebook. Dies sei völlig überbewertet, meinen ETH-Forscher nun und rechnen vor, dass das soziale Netzwerk maximal halb so viel wert ist.
Mark Zuckerbergs Firma Facebook wird derzeit massiv überbewertet, meinen Schweizer Forscher
Die beiden ETH-Forscher Peter Cauwels und Didier Sornette haben nämlich ein neues Berechnungsmodell vorgestellt, mit dem sie den Börsenwert des sozialen Netzwerkes neu einschätzen. Facebook ist demzufolge eher zwischen 15 und 33 Milliarden Dollar wert. Die bisherige Schätzung sei eine «deutliche Überbewertung», sagt Cauwels. «Hier droht eine weitere Spekulationsblase.» Das habe es beim Internet schon einmal gegeben. Derzeit kursieren vor allem Gerüchte über den Wert des sozialen Netzwerks. «Um die Diskussion auf eine sachliche Ebene anzuheben, haben wir ein Modell entwickelt, mit dem wir den Wert von sozialen Netzwerken besser einschätzen können», betont er. Die beiden Wissenschaftler berechneten den Wert von Facebook unter anderem anhand der Entwicklung der User-Zahlen, insbesondere dem erwarteten Nutzer-Zuwachs. Das reale Nutzer-Wachstum scheint sich nach steilem, unendlich scheinendem Anstieg abzuflachen und auf einem gewissen Niveau einzupendeln. Derzeit sind rund 750 Millionen Menschen weltweit auf Facebook eingetragen. «Die S-förmige Wachstumskurve ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass Facebook nicht ewig so weiterwächst und nun eine Sättigung eintritt», sagt Cauwels. Zudem berücksichtigten die Wissenschaftler den Reingewinn pro Facebook-User, der zurzeit bei einem US-Dollar liegt. Dazu liegen jedoch keine offiziellen Zahlen vor. Die Wissenschaftler mussten sich deshalb auf Schätzungen abstützen, die in der Wirtschaftspresse wie Reuters und Bloomberg, kursieren. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Der «wahre» Wert von Facebook

Der «wahre» Wert

Berechneten die Forscher den Wert von Facebook mit der gegenwärtigen Entwicklung der Benutzerzahl, die eine Milliarde nicht überschreiten wird, dann ist das soziale Netzwerk 15,3 Milliarden Dollar wert. In einem mittleren Fallbeispiel mit grossem User-Wachstum und einer zukünftigen Nutzerzahl von über einer Milliarde wäre Facebook 20,2 Milliarden Dollar schwer. Im Szenario mit extremem Wachstum, was mit beinahe 2 Milliarden Nutzern gleichzusetzen ist, würde der Wert des Netzwerks 32,9 Milliarden Dollar betragen. Gemäss ihrem Modell müsste Facebook seinen Profit pro Benutzer vor dem Börsengang im Basisszenario um den Faktor drei bis sechs erhöhen, im zweiten Szenario um den Faktor 2,5 bis 5 und im dritten Szenario um 1,5 bis 3, will die Firma die aktuellen, weit verbreiteten hohen Erwartungen erfüllen. Die Bewertung von Cauwels und Sornette basiert auf einem finanzmathematischen Konzept der Abzinsung von Zahlungsströmen (Discounted Cash-Flow). Dies dient der Ermittlung des Kapitalwertes eines Unternehmens. Der ökonomische Wert von sozialen Netzwerken liegt in den Werbeanzeigen und den Benutzerprofilen, die (für Werbezwecke) verkauft werden können. Da Facebook keine anderen Werte als seine User und das damit verknüpfte Werbevolumen aufweist, reicht es, den durchschnittlichen Gewinn pro Nutzer sowie die Userzahlen zur Berechnung des Firmenwertes zu verwenden. Als Discount-Satz verwendeten die Forscher fünf Prozent. Die beiden ETH-Forscher haben für ihr Modell zudem Ansätze aus der Physik verwendet. Die Berechnungen lassen sich auf die Wirtschaft übertragen. Cauwels sagt, er habe überdies die Randbedingungen im Modell so gewählt, dass sie für Facebook vorteilhaft sind. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Neue Dotcom-Blase

Neue Dotcom-Blase

Das Kapital von Facebook wurde im Januar 2011 massiv aufgestockt. Mittlerweile stehen mehr als 500 Investoren hinter dieser Plattform. Das zwingt aber Mark Zuckerbergs Firma dazu, einen Rechenschaftsbericht über die Geschäfte anzufertigen, was Facebook nahe an eine öffentliche Gesellschaft heranrückt. «Weil das Unternehmen diesen Aufwand so oder so betreiben muss, dürfte der Börsengang nicht mehr weit sein», schätzt Cauwels. Den Rechenschaftsbericht muss Facebook im April 2012 vorlegen, danach erwartet der ETH-Forscher den Börsengang des Milliardenimperiums. Dass Facebook zu einer Spekulationsblase werden könnte, ist nicht allein das Problem der Plattform, weiss Bankenspezialist Cauwels. Die Organisationen, die in Facebook investieren, erwarten vom Börsengang satte Gewinne. «Investoren machen sogar Gewinne, indem sie dem Unternehmen zum Börsengang verhelfen», weiss er. Die Discount-Plattform Groupon etwa zahlte den Investmentbanken, die ihr beim Börsengang geholfen haben, Schreibgebühren von über 30 Millionen Dollar.



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