15.01.2015, 13:57 Uhr

Was Schweizer CIOs 2015 bewegt

Welches sind für Schweizer CIOs die grossen Themen in diesem Jahr? Welche Vorsätze haben sie sich genommen? Computerworld hat bei 6 IT-Entscheidern nachgefragt.
2015 wird für die CIOs ein Jahr wie jedes andere: sehr herausfordernd. Während die digitale Transformation voranschreitet, müssen aufkommende Security-Probleme im Keim erstickt werden. Natürlich, ohne dabei das Tagesgeschäft oder die Kostenschere aus den Augen zu verlieren. Welche Projekte stehen in den Unternehmen konkret an? Welches sind die grossen IT-Themen des Jahres und wie führen die CIOs ihre Angestellten? Computerworld hat nachgefragt.
Andreas Maier, CIO AXA Winterthur
Wo liegen für AXA Winterthur 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich?
Operativ stösst die IT unsere digitale Geschäftstransformation bei gleichzeitig reduzierten Kosten. In diesem Zusammenhang starten wir bei der AXA Winterthur mit einem neuen Nearshore Sourcing-Modell.
Strategisch geht es darum, die «Agile IT Organisation» zu entwerfen. Hier überlegen wir uns intensiv, wie wir die dafür notwendigen Punkte wie Development, Diversity, SW-Entwicklungsprozesse, Continueous Delivery, Tools, Governance und Kultur entsprechend anpassen können.
Welches ist ihr derzeit grösste IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen? 
Das grösste Projekt ist die Integration der Kunden- und CRM-Datenbanken. Einerseits ein Effizienzprojekt und, viel wichtiger, ein strategischer Enabler für unsere digitale Multi-Channel-Strategie, die den Kunden ins Zentrum stellt.
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen? 
Es werden drei Themen sein: Die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft und damit die IT. Die auch in der IT kontinuierlich zunehmenden regulatorischen Vorschriften sowie das Thema Datensicherheit und der damit verbundene Datenschutz.
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze fürs 2015 vorgenommen?
Die «Agile IT Organisation» der Zukunft steht uns bevor. In solchen Situationen ist vor allem eine klare Kommunikation wichtig, was der Wandel für jeden Einzelnen bedeutet.
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr?
Ich freue mich sehr auf eine gemeinsame längere Reise mit der Familie im Sommer. Und dann möchte ich dieses Jahr wieder mehr Sport treiben.
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Edward Mulder, Head Organization & Information Services, IVF Hartmann AG
Wo liegen für IVF Hartmann 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich? 
Die Rahmenbedingungen sind 2015 spannend. Einerseits steigen die regulatorischen Anforderungen auch gegenüber der IT. Diese Anforderungen reduzieren die Umsetzungsgeschwindigkeit von Veränderungen (Projekten). Andererseits verändern sich die Märkte und das Business schneller (Stichwort «Digitalisierung»). Das Business fordert eine noch höhere Flexibilität. Die Anzahl an Business-Projekten der IT steigt. Dies lösen wir mit einem optimierten Projekt-Portfoliomanagement (PMO); also einer Fokussierung auf die wichtigsten Themen. 
Welches ist ihr derzeit grösste IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen? 
Ich kann / darf über konkrete Projekte keine Informationen herausgeben, da diese strategierelevant sind.
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen? 
Der Ausbau digitaler Geschäftsprozesse und Services (Digitalisierung) bietet enormes Potential. Die Rolle der Digitalisierung hängt vom Reifegrad der Organisation und der Strategie ab. Firmen, welche in der ICT keinen strategischen Wertbeitrag sehen oder Probleme im operativen Geschäft haben, werden das Thema «digital» zunächst verschieben.  
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze fürs 2015 vorgenommen? 
Mein Vorsatz für 2015 lautet: dezentrale Entscheidungen. Die IT berät und lässt das Business weitgehend entscheiden. Denn Entscheidungen, welche das Business fällt, haben eine erhöhte Erfolgswahrscheinlichkeit. Die «IT No-Go's» gibt es in der Praxis weniger. Das technologische Konfliktpotential ist heute geringer.  
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr? 
Drei Themen stehen auf meiner geschäftlichen Agenda:  Erstens die Business IT zu fokussieren und so strategischen Mehrwert zu schaffen.  Zweitens die Digitalisierung voran zu treiben und interne «Zweifler» zu überzeugen (oder meine eigene Meinung revidieren).  Und drittens, die «IT Operations» verbessern und nicht von der Basis (Pflicht) abzuheben.
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Lesen Sie auf der nächsten Seite: die CIOs von TUI und Weidmann
Marc Poledniczek, Director IT Management, TUI Suisse
Wo liegen für TUI Suisse 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich? 
In einer Sparte ändern wir das touristische Produktionsmodell. Diese Anpassung wirkt sich auf die Organisation der IT aus. Teams werden neu aufgestellt, Rollen und Aufgaben ändern sich. Gleichzeitig bieten sich neue, grosse Chancen für den Einzelnen, die zukünftigen Aufgaben aktiv mitzugestalten.
Welches ist ihr derzeit grösste IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen? 
Die digitale Transformation ist das zentrale Projekt im TUI Konzern. Wir wollen unsere Gäste in jeder Phase ihrer Ferien - von der Planung bis zur Rückkehr - mit digitalen Lösungen unterstützen. Der multimediale Service wird den Kunden die Reisedurchführung erleichtern, zum Beispiel das Check-in im Hotel, Reiseablauf, die Reservation von Ausflügen. Über das Portal können sich die Gäste zudem schon vor der Reise über die Ausflüge und die Betreuung am Ferienziel informieren. Damit bieten wir einen Mehrwert und ein neues Markenerlebnis. Das steigert schliesslich die Reisefreude. 
Die besonderen Herausforderungen liegen neben der Einführung neuer Technologien und Anwendungen vor allem im internationalen Entwicklungs- und Betriebsmodell. Die Experten aus den einzelnen Ländern arbeiten gemeinsam an gruppenweiten Lösungen. Hierzu braucht es geeignete Werkzeuge, vor allem aber neue Prozesse und Entscheidungsstrukturen. 
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen?
Die Themen bleiben die gleichen. Eher wird es darum gehen, viel diskutierte Themen der letzten Jahre wie z.B. Cloud und Big Data weiter zu vertiefen und die konkreten Lösungen und Einsatzfelder auszubauen. Die Kostenoptimierung spielt immer eine Rolle. Der Druck wird nicht nachlassen – dies vor allem auch wegen der drohenden Euro-Schwäche. 
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze fürs 2015 vorgenommen? 
Wir wollen den Wandel, the digital journey, für die Mitarbeitenden offen und transparent gestalten.  
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr?
Die Position der IT als Business Enabler will ich weiter stärken. Wir leisten einen wesentliche Beitrag zur Wertschöpfung und zum Unternehmenserfolg.
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Florian Büchting, CIO Weidmann Gruppe
Wo liegen für Weidmann 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich? 
Dieses Jahr steht der Carve-out einer Business-Unit an. Längerfristig müssen wir herausfinden, wie die Cloud-services «smart» genutzt und ihre technische Integration sichergestellt werden kann. Im Security-Bereich müssen wir zwischen hohem Risiko und hohen Kosten der Standardisierung weltweiter Basis-IT-Services abwägen. Wir brauchen dazu auch in Low-cost-Countries Agilität, um schnell auf Anforderungen reagieren können. Dies alles versuchen wir mit sehr kleiner internet IT Kapazität und sehr beschränktem IT Budget zu erreichen.
Welches ist ihr derzeit grösstes IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen?
ERP / SAP: neues Template für kleine internationale Produktionsstandorte und Template Roll-out. Dazu steht ein Windows-7-Upgrade inklusive Server und Infrastruktur-Refresh an. Und wie bereits erwähnt der Carve-out der Business Unit.
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen? 
Da sehe ich vor allem drei Themen: Datenschutz, Digitalisierung im Alltag und Sicherheits-Risiken.
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze fürs 2015 vorgenommen? 
Nein, ich behalte meine bisherigen: Selbstdiziplin sowie die klassische Führungsarbeit mit hohem menschlichen Anspruch  
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr?
Die strategische Phase B stabil erreichen und einen klaren strategischen Plan mittelfristig erarbeiten
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Lesen Sie auf der nächsten Seite: die CIOs von BADRUTT's PALACE HOTEL und Siegfried
Stefan Zimmermann, Head of IT, BADRUTT's PALACE HOTEL
Wo liegen für Badrutts Palace 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich?
Dokumente, Daten und Informationen schnell zur Verfügung zu stellen – dies wird immer mehr zu einer Herausforderung, auch für uns im Badrutt’s Palace Hotel. Der Zugriff muss hier auch von einem mobilen Endgerät möglich sein («Computing Everywhere»). Dabei muss klar definiert werden, welche Informationen und Services über den mobilen Kanal angeboten werden.
Ausserdem beobachten wir, dass unsere Gäste ständig mobil erreichbar sein möchten. Also müssen auch wir im Hotel auf diese Entwicklung hin und auf den stetig schnelleren Wandel der mobilen Endgeräte reagieren. Als Beispiel können die Apple-Produkte genannt werden. Was kommt wohl als nächstes?
Welches ist ihr derzeit grösste IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen?
Unser derzeit grösstes IT-Projekt umfasst die Erneuerung der bisherigen EOL Storage-Lösung durch ein neues frei skalierbares Midrange-System. Die Anforderungen an die Hersteller beinhalten die erhöhte Redundanz durch Mirroring der Systeme über beide RZ und die Erhöhung der Performance des Gesamtsystems. Die Herausforderung besteht hier in der möglichst unterbruchfreien Übernahme aller Server, Daten und Anwendungen.
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen?
Ich sehe zwei grosse Themen: digitale Transformation und Cloud-Technologien. Das Kommunikations- und Informationsverhalten hat sich in den letzten Jahren rasant geändert. Die DT wird an keinem Unternehmen vorbeigehen. Die Zusammenarbeit zwischen Marketing und IT wird noch intensiver. Dies ist nicht allein Aufgabe der IT. Hierzu müssen neue Stellen (Chief Digital Officer) geschaffen werden.
Zudem scheuen viele Unternehmen noch die Cloud. Diese Zurückhaltung wird durch die Schlagzeilen in der Presse, wie beispielsweise Cyber Angriffe oder den NSA Skandal, verstärkt. Die grössten Bedenken liegen immer noch beim Thema Sicherheit. Unternehmen werden aber an der Cloud nicht vorbeikommen. Heute werden schon Business Anwendungen überwiegend als SaaS in der Cloud angeboten. Die Unternehmen werden sich zwischen Public-, Privat- oder Hybrid Cloud entscheiden müssen.
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze für 2015 vorgenommen?
Visionen entwickeln. Entscheidend ist hier das Wort «gemeinsam». Visionen und Ziele dürfen nicht nur vorgegeben werden. Ich möchte, dass unsere Mitarbeiter die Visionen mit Leben füllen und die Ziele verfolgen. Darum müssen Sie beteiligt werden. Z.B.: Wie kann die IT das Business noch mehr unterstützen und dabei nicht den Fokus verlieren auf «Keep it simple»? Mit welchen Methoden kann man den Wertbeitrag messen?
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr?
Weniger Zeit am iPad zu verbringen und mehr für die Gesundheit tun.
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Jean-Claude Flury, Vice President IT, Siegfried
Wo liegen für Siegfried 2015 die grossen Herausforderungen im IT-Bereich?
Siegfried hat im November 2014 eine Firma mit 500 Mitarbeitern im Norden Deutschlands gekauft. Wir bereiten gerade die Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen in der IT aber auch der gesamten Organisation vor. Am 1. dieses Jahres sind wir mit dem zentralen ERP in unserem Werk für Sterilabfüllung, das in Kalifornien liegt, live gegangen. Auch das wird uns noch einige Zeit beschäftigen. In China bauen wir ein Chemiewerk mit mehreren hundert Mitarbeitern, das noch in diesem Jahr die kommerzielle Produktion starten wird.
Welches ist ihr derzeit grösste IT-Projekt? Was sind dabei die Herausforderungen?
Die Menge aller Projekte (wir haben auch noch Neubauten am Hauptsitz Zofingen, welche unsere Aufmerksamkeit erfordern) ist für IT Siegfried eine unglaublich spannende, wenn auch grosse Herausforderung. Die Integration des Werks in China ist als Einzelprojekt das Grösste, da wir dort alles von Grund aufbauen. Die kulturellen Differenzen kosten viel Zeit und auch Geld. Dem Gegenüber zuhören und sich auf lokale Gegebenheiten einstellen ist zentral. Erst wenn man eine persönliche Beziehung zu den chinesischen Kollegen aufgebaut hat, beginnt die wirkliche Zusammenarbeit. 
Welches Thema wird Ihrer Meinung nach die Schweizer ICT-Branche 2015 am meisten beschäftigen?
Das ist eine Vielzahl von Themen. Aber was die ICT Anbieter zu beschäftigen scheint, ist nicht immer deckungsgleich mit den Bedürfnissen der Industrieunternehmen. Hiesige Unternehmen müssen viel Geld in die digitale Transformation (nicht zu verwechseln mit reiner Digitalisierung) ihrer Prozesse und Produkte investieren, um die nächsten Jahre konkurrenzfähig zu bleiben. Aus Sicht IT Betrieb ist die Mobilität und komplette Vernetzung sicherheitstechnisch ein Alptraum – da nicht mitzumischen gefährdet aber auch interessante Geschäftsmodelle. 
Haben Sie sich bestimmte Führungsvorsätze fürs 2015 vorgenommen?
Keine neuen, ausser mir genügend Zeit für meine Mitarbeiter zu nehmen. In diesen hektischen Zeiten ist das nicht immer einfach. Ich schenke viel Vertrauen und bin lieber Coach als militärischer Offizier. Dazu setze ich meine Mitarbeiter gerne in den «Driver Seat» und unterstütze sie dann gezielt.  
Was sind ihre persönlichen Ziele für dieses Jahr?
Noch ausreichend Zeit für Familie und Freunde zu haben und bei all den Herausforderungen trotzdem gelassen bleiben. Alles andere ergibt sich von selbst.
Jean Claude Flury arbeitet seit knapp 10 Jahren beim Pharmaunternehmen Siegfried, seit 2009 als Vice President IT, Global Head Business Applications. Die Siegfried Holding AG beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter und machte 2013 knapp 400 Millionen Franken Umsatz.



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