11.06.2013, 11:56 Uhr

NSA-Affäre würde es in der Schweiz kaum geben

Aufgrund des Schnüffelskandals in den USA könnten viele Schweizer Unternehmen zu inländischen Cloud-Anbietern wechseln. Aber ist die Wahrung der Privatsphäre hierzulande gesichert?
US-Behörden schauen genau hin, was auf den Cloud-Servern abgelegt wird. Was macht der Schweizer Staat?
Dank des mutigen Whistleblower Edward Snowden wurde erstmals offiziell bestätigt, dass die US-Regierung in den Cloudservern ihrer Unternehmen herumschnffelt. Das wird nachhaltige Folgen für die IT-Industrie haben, sagt unser Redaktor Marcel Hauri. Nach den bisher öffentlich verfügbaren Informationen sollte klar sein, dass Firmen und Private, die ihre Dienste in der Schweiz von US-Firmen hosten lassen, damit leben müssen, dass ihre Daten auch anderen bekannt sind. Wenn sie das nicht wollen, bleibt die Möglichkeit, auf Schweizerische Dienste zu setzen.

Swisscom setzt auf Swissness

Wie beispielsweise Swisscom, die ihre Cloud fr die Schweiz damit bewirbt, sämtliche Daten, Server und Speicher in der Schweiz zu lassen. Gemäss Swisscom-Sprecher Carsten Roetz funktioniert diese Taktik, weil die Problematik der Cloud immer offensichtlicher wird: «Früher haben Kunden ihre DAten meist lokal gespeichert, was ihnen sicher erschien» sagt Roetz. «Durch die Zunahme der Cloud-Dienste ist es schwieriger geworden, die Privatsphäre aufrecht zu erhalten.» Darum werden, so die Hoffnung der Swisscom, immer mehr Menschen auf den Faktor «Swissness» setzen wollen, was zwar höhere Kosten, dafür aber Sicherheit garantiert. Denn in der Schweiz ist es nicht erlaubt, auf Generalverdacht Leute zu überwachen, sagt Roetz. Dies werde bereits in der Bundesverfassung festgehalten und durch Zusatzartikel beispielsweise in Fernmeldegesetz bekräftigt. Und trotzdem: «technisch ausschliessen kann man  trotz aller Sorgfalt nicht, dass Daten abgesaugt werden,» sagt Roetz. «Aber es würde uns wohl auffallen.»

Wuala verschlüsselt lokal

Dass auch Schweizer Anbieter Ziel von Datenschnüffeleien werden können, sagt auch Gianluca Pirrera von Wuala, einem weiterer Schweizer Cloud-Anbieter: «Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sofern keine lokale Verschlüsselung vorhanden ist, jegliche Daten gelesen werden können. Das bedeutet die Benutzer müssen Ihre Daten verschlüsseln bevor sie die Daten zu einem Cloud-Anbieter hochladen.» Weil dies bei Wuala gemacht wird, könnte «im allerschlimmsten Fall, sollte eine Organisation irgendwie Zugang zu einem unserer Server haben, sie nur ein verschlüsseltes Teilchen einer Datei sehen.» Auch Pirrera hofft, dass durch die NSA-Affäre mehr Kunden auf «Made in Switzerland» setzen werden: «Wir hoffen sehr das die Benutzer auf das Thema Sicherheit sensibilisiert werden und Ihre Anbieter dementsprechend auswählen. Es wird für US-Cloud-Anbieter sicherlich einen Rückgang der Benutzerzahlen bedeuten.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Schweizer Geheimdienst will auch schnüffeln

NDB hält sich Optionen offen

Wer aber versichert den Schweizern, dass ihr eigener Staat nicht das Gleiche tut wie die Amerikaner? Klar, bei uns gibt es keinen Patriot Act. Doch ob alleine dieser das Obama-Regime befähigt zu tun was sie getan haben, muss sich noch herausstellen. Es gibt jedenfalls bereits verschiedene Klagen. Darum könnte sich ja auch die Schweizer Regierung über die Bundesverfassung hinwegsetzen, in erster Linie der Geheimdienst. Dieser vereint auf Anfrage allerdings: «Für seine Tätigkeit hat der NDB aktuell beschränkte Mittel und gesetzliche Möglichkeiten. So kann er im Inland keine Privaträume überwachen, keine Telekommunikationsverbindungen abhören oder auch nicht  in Informatiknetzwerke eindringen,» sagt Felix Endrich, Chef Kommunikation des NDB. Er sagt aber auch, dass sich dies bald ändern könnte: «Diese besonderen Massnahmen zur Informationsbeschaffung sind in sehr engem Rahmen im Entwurf zum neuen Nachrichtendienstgesetz vorgesehen. Sie dürfen zur Terrorismusabwehr, zur Spionageabwehr und zur Verhinderung von Proliferation angewandt werden.» Ein definitives Bekenntnis zur Wahrung der Privatsphäre klingt anders. Immerhin bekräftigt Endrich, dass sie bei ihrer Datensammlung nicht derart rigoros wie die Amerikaner vorgehen würden: «Eine flächendeckende Sammlung von Telefon- und Internetdaten durch den NDB ist in der Schweiz nicht denkbar. Zum einen hat der NDB keine gesetzliche Grundlage für eine solche Aktivität. Zum anderen gehört es zur Grundaufgabe des NDB, zur Sicherheit der Schweiz und ihrer Bewohner massgeblich beizutragen und ihre Freiheit  zu schützen. Eine flächendeckende Sammlung von Telefon- und Internetdaten durch den NDB wäre kontraproduktiv, denn damit würde die Freiheit einzelner Bürger bereits eingeschränkt und der NDB würde seine Glaubwürdigkeit als Instrument der nationalen Sicherheit verlieren.» Wer also wegen der NSA-Affäre auf einen Schweizer Cloud-Dienst setzen will, hat hier seine Daten garantiert besser geschützt. Dass niemand darin herumschnüffelt, ist aber nicht garantiert.



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