Exklusivinterview zu eZürich 25.11.2010, 13:24 Uhr

«Es braucht mehr als Träumer und Spinner»

Im Januar 2011 werden die Top Shots der Schweizer ICT-Branche an einem dreitägigen Workshop über eZürich diskutieren. Vertreten sind alle die Rang und Namen haben. Computerworld hat sich exklusiv mit Daniel Heinzmann, Direktor Organisation und Informatik der Stadt Zürich, unterhalten und kennt daher bereits die Teilnehmerliste dieser Elefantenrunde.
Computerworld: Das Projekt eZürich wirkt ambivalent. Einerseits will man das Silicon Valley Europas werden, andererseits steht der Ausbau von E-Government-Diensten auf der Agenda. Was will man mit dem Projekt konkret erreichen? ###BILD_29246_left###Daniel Heinzmann: Die Frage ist berechtigt. Die Initiative kommt vom Stadtrat. Mit eZürich wollen wir aber mehr als einfach eine E-Government-Strategie aufsetzen. Wir sind der Überzeugung, dass die besten Projekte und Dienstleistungen aus Kooperationen entstehen. Darum wollen wir bei eZürich eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ermöglichen. Die entsprechenden Voraussetzungen sind im wirtschaftlichen Bereich gegeben. Wir haben im Kanton Zürich 3700 Informatik- und Kommunikationsunternehmen mit rund 41'000 Beschäftigten. Auf der anderen Seite gibt es im wissenschaftlichen Bereich die ETH Zürich, die gerade erst wieder ausgezeichnet wurde. Computerworld: Wie sieht es auf der politischen Ebene aus? Heinzmann: Wir haben einen Stadtrat, der bereit ist, neue Wege zu beschreiten – beispielsweise mit dem Ideenwettbewerb, der ein Teilstück des ganzen Projekts ist. Wir glauben an die Möglichkeit einer Kooperation, um den Grossraum Zürich als den europäischen Topstandort im ICT-Bereich zu positionieren. Wichtig ist, dass es nicht um Marketing geht. Hier steckt mehr dahinter. Nämlich dass wir gemeinsam – eben in Kooperation mit verschiedenen Partnern – etwas kreieren wollen, das es so in dieser Form noch nicht gibt. Dafür sind in Zürich gute Voraussetzungen vorhanden. Darum habe ich ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"52884","page":0,"text":"Ihren Kommentar sehr gerne gelesen","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!. Computerworld: Der Begriff Silicon Valley ist unglücklich gewählt. Er führt auf die falsche Fährte. Bei Silicon Valley denkt man an Innovation, Start-ups, Pleiten und Milliardäre, konzentriert auf wenigen Quadratkilometern.Heinzmann: Das kann sein. Ich will den Begriff nicht einmal gross verteidigen. Die Idee dahinter ist aber das Entscheidende und nicht der Begriff. Das «Window of Opportunity» ist höchstens ein Jahr geöffnet. Computerworld: Was meinen Sie damit? Heinzmann: Der dreitägige Workshop im Januar kommt so nicht wieder ( Anm. Computerworld: Die Veranstaltung findet vom 20. bis 22. Januar 2011 statt). Dort werden die führenden Köpfe der ICT-Branche drei Tage lang über eZürich diskutieren. Alle Teilnehmer werden sich intensiv mit der Frage beschäftigen, was sie in den nächsten vier Jahren gemeinsam unternehmen müssen, um Zürich als den europäischen Topstandort für ICT-Dienstleistungen und -Infrastruktur zu positionieren. Man ist sich bewusst, dass dieses Ziel vielleicht nicht in vier Jahren schon voll umgesetzt ist. Aber man kann in diesen vier Jahren schon etwas in diese Richtung unternehmen und einleiten. Wie das Programm des Workshops aussieht und wer aller teilnimmt, lesen Sie auf der nächsten Seite. Computerworld: Wie sieht das Programm des Workshops konkret aus? Heinzmann: Am ersten Tag wird sichergestellt, dass man an den richtigen Themen arbeitet. Am zweiten Tag soll ein künftiger Idealzustand skizziert werden und am dritten Tag geht es dann ausschliesslich um die konkreten Massnahmen. Wir werden zwölf Schwerpunktthemen festlegen, die wir diskutieren. Über diese hinaus wird man dann die konkreten Massnahmen ableiten – das werden erfahrungsgemäss 30 bis 40 sein. Das kann Projekte bedeuten, aber auch weitere Massnahmen – etwa eine Plattform, welche die Umsetzung leitet. Computerworld: Das klingt sehr ambitioniert. Heinzmann: Unser Workshop ist der ICT-Event der letzten zehn Jahre. Wir wollen den Ball aber trotzdem bewusst noch etwas flach halten. Zur Zeit liegt der Fokus auf dem Ideenwettbewerb, und das ist auch gut so. Denn es ist uns wichtig, dass wir den Fokus zu Beginn öffnen und möglichst viele Perspektiven einbeziehen können. Für den Workshop haben wir Prozesssicherheit, aber keine Sicherheit, was die Resultate anbelangt. Im schlimmsten Fall müssen wir nach den drei Tagen sagen, dass es ein netter Versuch war, wir aber den Kooperationsaspekt begraben. eZürich würde dann entsprechend redimensioniert auf unseren Verwaltungsteil, also die 'klassischen' E-Government-Projekte. Computerworld: Der Workshop ist also zugleich Chance und Risiko? Heinzmann: Wenn unser dreitägiger Workshop kein Erfolg wird, werden wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren niemanden finden, der bereit ist, überhaupt einen Tag zusammenzusitzen, um solche Fragestellungen zu erörtern. Darum ist die Chance einmalig. Computerworld: Sie haben bereits die hochkarätigen Teilnehmer der Veranstaltung angesprochen. Können Sie hier Namen nennen? Heinzmann: Aus dem Verbandsbereich hat der ICT-Switzerland-Präsident Ruedi Noser zugesagt. Ausserdem werden Dominique Reber von Economiesuisse und Swico-Vorstand Andreas Knöpfli teilnehmen. Von den grossen Unternehmen kommen Microsoft-Schweiz-Chef Peter Waser, die Country-Managerin Isabel Welton von IBM, Cisco-Schweiz-Chef Eric Waltert, SAP-Schweiz-Geschäftsführer Hakan Yuksel, die Schweizer HP-Country-Managerin Hauke Stars und Samuel Widmann, strategischer Direktor bei Google. Ausserdem sind Schweizer Banken vertreten. Karl Landert von der Credit Suisse ist dabei, ebenso UBS-CIO Stefan Arn und Toni Allemann von der Generaldirektion der Zürcher Kantonalbank. Weiter werden SwissRe-Informatikleiter Markus Schmid und Avaloq-CEO Francisco Fernandez teilnehmen. Auch die Telekommunikation ist mit Andreas Wetter, dem VR-Präsidenten der Orange vertreten. Wir haben gezielt auf deutschsprachige Leute gesetzt. Uns rennen jetzt gewisse Lieferanten die Türen ein, die nicht eingeladen wurden aber auch dabei sein wollen. Wir müssen die Teilnehmer aber auf einige Vertreter der Branche eingrenzen. In einem zweiten Schritt kann man später noch immer definieren, wie es weitergehen soll. Ob auch KMU-Vertreter am Workshop teilnehmen, lesen Sie auf der nächsten Seite. Computerworld: Werden am Workshop auch KMU-Vetreter teilnehmen?###BILD_29247_left###Heinzmann: Bewusst haben wir schon jetzt auch kleine Unternehmen eingeladen. Beispielsweise Marc Bernegger von der Event-Plattform Amiando, Doodle-Gründer Michael Näf, Zattoo-CEO Beat Knecht und Luzius Meisser von Wuala. Auch Marcel Bernet der Präsident der Swiss Open System User Group wird dabei sein. Das ist etwas Einmaliges. Ich war in Luzern beim ICT Summit 2010 dabei – eine gelungene Veranstaltung. Mein Votum war allerdings, wo sind die kleinen Unternehmen? Die haben dort gefehlt. Das ist bei unserem Workshop anders. Wir haben Vertreter von kleinen Firmen bzw. Start-ups dabei. Damit gehen wir dann auch ein wenig in die Richtung eines Silicon Valley. Die Idee ist aber nicht, so etwas in Zürich zu gründen, sondern möglichst viele Stimmen der ansässigen ICT-Unternehmen einzufangen. Wir haben mit Professor Friedemann Mattern auch die ETH dabei und Professor Abraham Bernstein von der Uni Zürich. Und auch die Fachhochschulen ZHAW sind mit Professor Martin Küenzli vertreten. Vonseiten der Politik werden vier Stadträte teilnehmen. Das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Computerworld: Stichwort ICT-Cluster Zürich – wo sehen Sie den grössten Nachholbedarf? Heinzmann: Da könnte ich jetzt eine Antwort geben, ich tue das aber bewusst nicht. Wer sagt denn, was wir wirklich brauchen? Da könnte irgendeine Stimme aus der Verwaltung etwas fordern, aber das hat doch keine Wirkung. Das Ziel ist, dass die Bevölkerung dahinter steht. Darum haben wir das Projekt mit der Onlinepartizipation gestartet. Die Bevölkerung soll selbst mitteilen können, wie sie eine digitale Zukunft in Zürich sieht. Egal wie wir die Vorschläge konkret bewerten, liefern sie Indizien, was gemacht werden kann. Die drei von der Bevölkerung auf der Website am besten bewerteten Vorschläge, können am Workshop dem hochkarätigen Gremium vorgestellt werden. Computerworld: Zürich ist doch bereits im internationalen Vergleich sehr weit vorne, was den ICT-Standort betrifft. Wer ist denn das Vorbild? Heinzmann: Ich habe nicht gesagt, dass Zürich nicht sehr weit vorne ist. Wir haben die besten Voraussetzungen europäisch der Top-ICT-Standort zu werden. Auf der nächsten Seite lesen Sie, wie hoch das Budget für das gesamte eZürich-Projekt ist. Computerworld: Aber wer ist denn in Europa Ihrer Ansicht nach führend und was unterscheidet diese Standorte von Zürich? Heinzmann: Zürich nimmt eine Topposition ein. Es gibt in Europa meiner Meinung nach keinen besseren ICT-Standort. Das genügt aber nicht. Zürich könnte ein Ort mit Ausstrahlungskraft sein. So wie in Amerika das MIT in Boston oder eben das Silicon Valley bzw. Shenzhen in China. Was es dazu in Europa braucht, müssen wir gemeinsam definieren, auf eine Plattform bringen und konkret umsetzen und initiieren. Computerworld: Was heisst das für die Zukunft? Heinzmann: Wenn wir in fünf Jahren zurückschauen, werden wir uns vielleicht fragen, was es alles für den Erfolg der eZürich Initiative gebraucht hat. In zehn Jahren sind wir dann schon einen grossen Schritt weiter und Zürich hat bereits diese europäische Ausstrahlungskraft. In 15 Jahren oder 20 Jahren haben wir dann eventuell nicht nur den führenden Finanz- sondern auch einen führenden ICT-Platz, der eine internationale Ausstrahlungskraft besitzt. Beides schaukelt sich dann gegenseitig hoch. Und um das zu erreichen, braucht es mehr als ein paar Träumer und Spinner die mit Schlagwörtern wie Silicon Valley jonglieren. Das reicht nicht. ###BILD_26074_left###Computerworld: Wie hoch ist das Budget für das gesamte eZürich-Projekt? Heinzmann: Basierend auf den Workshop-Ergebnissen werden wir ein Programm mit konkreten Projekten erstellen müssen. Da wird dann sehr viel Geld notwendig sein. Das kann neben anderen Finanzierungsmöglichkeiten auch zu Volksabstimmungen führen. Computerworld: Das könnte brisant werden. Die hiesige IT-Branche macht einen sehr unpolitischen Eindruck. Es wird spannend, wie sich die grossen IT-Unternehmen verhalten, wenn es darum geht, sich für diese Anliegen stark zu machen. Sind Sie diesbezüglich optimistisch? Heinzmann: Es wird Fahnenträger brauchen, die eine markante Position einnehmen, weil sie an das Thema glauben. Wir merken eine starke Unterstützung von gewissen Grossbanken. Die grossen IT-Unternehmen müssen sich hier auch engagieren. Es braucht mehr als die schlichte Teillnahme am Projekt. Die komplette Teilnehmerliste des eZürich-Workshop finden Sie auf der nächsten Seite. Die Teilnehmerliste des eZürich-Workshop KMUMichael Näf (Doodle)Marc Bernegger (Amiando)Luzius Meisser (Wuala)Beat Knecht (Zattoo)Ruedi Wipf (Adnovum)Patrick Burkhalter (Ergon)Michael Kägi (Bitforge)Grosse IT-UnternehmenPeter Waser (Microsoft)Isabelle Welton (IBM)Hauke Stars (Hewlett-Packard)Samuel Widmann (Google)Eric Waltert (Cisco)Hakan Yuksel (SAP)Telekom-AnbieterAndreas Wetter (Orange)Banken-/VersicherungsbrancheKarl Landert (Credit Suisse)Stefan Arn (UBS)Toni Allemann (Zürcher Kantonalbank)Francisco Fernandez (Avaloq)Markus Schmid (SwissRe)Verbände (und dergleichen)Ruedi Noser (ICT Switzerland) Andreas Knöpfli (Swico)Dominique Reber (Economiesuisse - digitale Agende Schweiz)Thomas Von Waldkirch (Technopark)Hans Noser (WIN LINK)Marcel Bernet (Swiss Open System User Group)Paul Kleiner (Hasler Stiftung)WissenschaftProf. Friedemann Mattern (ETH)Prof. Abraham Bernstein (Uni Zürich)Prof. Gerd Schwabe (Uni Zürich)Prof. Martin Künzli (ZHAW)BeraterbrancheThomas Meyer (Accenture) Prof. Bernhard Katzy (CETIM)Oliver Vaterlaus (awk group)Politik und VerwaltungStadtrat Martin Vollenwyder Stadtrat Martin WaserStadträtin Claudia Nielsen Stadtrat Daniel LeupiPeter Fischer (Delegierter Informatikstrategie Bund)Daniel Heinzmann (Direktor Organisation und Informatik Stadt Zürich)Last but not least ist die Bevölkerung mit den drei Topthemen aus dem Ideenwettbewerb eZrich vertreten.Harald Schodl



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