LG G3 im Test 08.07.2014, 10:35 Uhr

das schärfste Handy der Welt?

Laser-Autofokus und ein vierfacher HD-Bildschirm – alles nur nette Spielerei oder kann das G3 zurecht mit Schärfe angeben? Computerworld prüft LGs neustes High-End-Smartphone auf Alltagstauglichkeit.
LGs neues G3 fühlt sich, das erste Mal ausgepackt, mit seinem grossen 5,5-Zoll-Bildschirm etwas wuchtig an. Die rückseitige Abdeckung aus Kunststoff mit der metallenen Optik fühlt sich leicht rutschig aber dennoch sehr wertig an. LG setzt hierbei auf eine Kunststoffabdeckung, in der Metallpartikel stecken sollen. Warum LG nicht gleich beim ganzen Gehäuse auf ein metallenes Unybody setzen konnte, mag unter Technikenthusiasten schon fast eine Art Glaubensfrage sein. Erstaunt war ein Gros der Redaktion darüber, wie täuschend echt und hervorragend LG die hintere Hälfte hingekriegt hat. Subjektiv betrachtet, mag jeder Anwender leicht andere Präferenzen bei Materialien haben. Wer weiss, vielleicht schiebt LG für die «Schmuckaffinen» unter uns noch eine Premiumhülle aus Metall nach. Das Gerät dürfte mit einer solchen Rückabdeckung aber wesentlich schwerer sein.

Vierfaches HD

Nach dem erstmaligen Aufsetzen des Betriebssystems, durch das man gut geführt wird (selbst die Bildschirmsperre und der «Knock Screen»-Mechanismus werden gleich erklärt – doch dazu später mehr), fällt gleich die Schärfe der App-Symbole auf. Mit der vierfachen HD-Auflösung und 5,5-Zoll-Bildschirm hat das G3 rechnerisch über 60 Prozent mehr Bildpunkte pro Zoll (pixels per inch) als beispielsweise das iPhone 5s mit seiner 4-Zoll-Diagonalen. Apple zum Beispiel ist der Ansicht, dass das menschliche Auge ab 30 cm Abstand nur eine gewisse Pixeldichte wahrnimmt und z.B. 326 ppi beim iPhone 5S ausreichen. LG sieht das anders. Schon in London an der Vorstellung betonte der koreanische Smartphone-Bauer, dass ein Bild mit mehr Pixeln immer schärfer werde, unabhängig der Bildschirmgrösse. Lesen Sie auf der nächsten Seite: der Bildschirm

Der Bildschirm

Auf 30 cm Distanz im Quervergleich zum HTC One (M8) und iPhone 5S lassen sich puncto Schärfe allgemein kaum Unterschiede ausmachen. Nur beim ganz genauen Hinschauen sieht man kleine Nuancen, meistens beim ruckartigen Vergrössern von Textinhalten. Den Unterschied merkt man aber erst bei sehr hoch aufgelösten Fotos oder zum Beispiel bei 4K-YouTube-Filmchen. Wollte LG mit der neuen Auflösung nur die Aufmerksamkeit auf sein Produkt lenken?

Vorteile des grossen Bildschirms

Die höhere Auflösung hat durchaus ein paar Vorteile. Besonders cool finden wir, die von der LG-Software eingebaute Funktion, zwei Apps gleichzeitig zu öffnen. Hat man durch längeres Drücken der Zurück-Taste die «Zweifach-App-Option» betätigt, hat man z.B. YouTube in der oberen Bildschirmhälfte und Google Maps im unteren Bildschirmbereich offen. Die beiden Apps teilen sich die Quad-HD-Auflösung und wirken so scharf, als wären die einzelnen Apps auf einem Full-HD-Smartphone geöffnet. Wer schon einmal einen 4K-Film auf einem Ultra-HD-Fernseher genossen hat, stellt fest, dass das Bild auf LED-TVs der UHD-Generation meistens viel heller als bei Full-HD-Fernsehern ausgeleuchtet ist. Das liegt aber nur indirekt an den vielen Pixeln. Zum Tragen kommt diese Helligkeit erst, wenn der Hersteller die Farbräume schon im Panel gut justiert hat. Das ist LG offenbar gelungen. Helligkeit und Schwarzwerte sind sehr gut. Die Farben wirken sehr ausbalanciert.

Nachteile des grossen Bildschirms

Nicht ganz gefallen hat die Grösse des Bildschirms. Bei einer Bildschirmdiagonalen von 5,5 Zoll kann selbst nach Tagen der Umgewöhnung von einem 4,7-Zoll-Smartphone noch Daumenmuskelkater aufkommen. Das einhändige Bedienen kann schwer fallen und mag eventuell für Nutzer mit kleinen Händen nicht das Richtige sein. Normalgrosse Hände gewöhnen sich mit der Zeit daran, auch wenn einhändige Bewegungen zur oberen Bildschirmleiste manchmal ein «Chrampf» sind. Hier birgt die schlüpfrige Rückseite in seltenen Situationen immerhin den Vorteil des reflexbedingten Händerutschens, wenn die zweite Hand einmal nicht kann. Am Rande sei noch bemerkt, dass die höhere Auflösung auch für einige Apps ein paar Nachteile mit sich bringt. So mussten wir feststellen, dass nicht alle Apps die hohe Auflösung unterstützen und deswegen die Installation verweigern. Es dürften aber nur ein paar wenige sein. So gehen zum Beispiel Spiele wie «Angry Birds Go!» und unsere E-Paper-App (noch) nicht. Allzu dramatisch ist das nicht, da Entwickler die Apps auf die neue Auflösung anpassen werden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Kamera

Die Kamera mit Laser-Distanzmesser

Eine weitere Besonderheit ist die Kamera des G3. Der Sensor mit 13 Megapixeln entspricht dem des Vormodells LG G2. Nachgebessert hat LG beim Bildstabilisator und einem zusätzlichen Dual-LED-Blitz – und mit einem neuartigen Auto-Laserfokus. Der Laser soll beim schnelleren Fokussieren von Bildbereichen helfen und insbesondere im Dunkeln präziseres Fokussieren ermöglichen. Die Bedienung der Kamera ist einsteigerfreundlich gehalten. Hat man sich festgelegt, was man fotografieren will, verdeutlichen nach einem kurzen Moment kleine runde Symbole welche Bildbereiche gut fokussiert werden. Man kann einen Fokuspunkt antippen, um die Aufnahme direkt auszulösen. Videoaufnahmen aber auch Bilder im Dunkeln überraschen mit einer sehr guten Schärfe und relativ wenig Bildrauschen. Das G3 kann überdies Videos in der 4K-Auflösung aufzeichnen. Dass LG es ein bisschen auf Fotoenthusiasten abgesehen hat, wird an den unzähligen Nachbearbeitungswerkzeugen wie Bildrahmen, Drehen, Zuschneiden, Retrolux usw. erkennbar. Kurzum: Die Kamera ist LG sehr gut gelungen.

Lautsprecher überzeugen nicht ganz

Die Lautsprecher überzeugten uns bei der Videowiedergabe nicht ganz. Der Klang ist etwas dumpf und bei zunehmender Lautstärke blechern. Die Sprachqualität beim Telefonieren http://www.pctipp.ch/#ist gut. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Software, Akkulaufzeit und Fazit

Nützliche Software-Funktionen

LG integriert in der Samsung-ähnlichen Software-Oberfläche eine Reihe nützlicher Funktionen. Per Doppeltippen weckt man das Handy aus dem Standby auf, um es zu entsperren, ohne die rückseitige Power-Taste zu drücken. Mit dem «Knock Code» kann man aus einer Kombination verschiedene Tippmuster ohne sichtbare Symbole festlegen. Das Tippmuster wird dann auch bei leicht abweichender Tippposition richtig erkannt. In der Schnellwahlleiste können bis zu sechs Apps, die man häufig verwendet, hinterlegt werden. Sogar eine Universalfernbedienung ist vorinstalliert. Die Tastatur kann nach eigenen Bedürfnissen angepasst werden. So kann etwa die Höhe der Tastatur und die Grösse der Tasten konfiguriert werden. Per Fingerwisch lässt sich die Tastatur in zwei Hälften auseinanderziehen, um im Querformat besser mit beiden Händen tippen zu können.

Leistung und Akku

Von der Gesamtleistung her ist das G3 von unseren bisher getesteten Smartphones der neue Spitzenreiter. Im Passmark-Benchmark überbietet es mit 4984 Punkten die Systemleistung des iPhone 5S (4900 Punkte) und auch die des Galaxy S5 (4116 Punkte); im AnTuTu-Benchmark liegt das Galaxy S5 jedoch mit 34'904 noch leicht vor dem G3: Bei diesem Testprogramm erreichte es «nur» 33'018 Leistungspunkte. Im Browser-Testprogramm Peacekeeper, das über den Chrome-Browser getestet wurde, gesellt sich das G3 mit 851 Punkten zu den bisherigen Spitzenreitern Xperia Z2 und Galaxy S5, die mit 871 bzw. 876 Punkten LGs neuem Flaggschiff nur minim überlegen sind. LG liefert beim G3 denselben Akku des Vorgängers mit, obwohl der Quad-HD-Bildschirm dem Akku viel mehr Saft abverlangen müsste. Unter anderem wurde im Akku das Metall der Kathode durch Graphit ersetzt. Der hält aber trotzdem ausreichend lange durch. Nach einem Tag intensiver Nutzung (wie Messaging, Surfen und Fotoaufnahmen) bei ständig aktiven Datenverbindungen hat das G3 gegen Abend noch etwa 30 Prozent Restakku. Bei moderater Nutzung und einer Bildschirmhelligkeit von ca. 50 Prozent kommt man gut anderthalb Tage durch.

Fazit

Das G3 ist das bislang beste High-End-Smartphone von LG. Verarbeitung, Kamera und Bildschirm überzeugen auf voller Linie. Wer viel und gerne Onlineinhalte von News- und Video-Portalen auf einem mobilen Gerät konsumiert und darüber hinaus noch eine gute Kamera braucht, wird mit dem G3 sehr gut bedient. Allerdings hat High-End wie immer seinen Preis.



Das könnte Sie auch interessieren